Nach dem Gastspiel in Russland ist die DTM wieder zurück in der Heimat. Am Nürburgring steht das drittletzte Rennwochenende der Saison auf dem Programm. Das Bild in der Meisterschaft hat sich nach den beiden Rennen in Russland etwas entzerrt, Marco Wittmann führt mit zwölf Zählern Vorsprung auf Robert Wickens. Jamie Green als bestem Audi-Piloten fehlen bereits 26 Punkte auf Wittmann. Entschieden ist jedoch noch nix, doch in der Eifel könnte bereits eine kleine Vorentscheidung fallen. Zumal Wehrlein mit guten Erinnerungen anreist.

Mercedes vor dem siebten Rennwochenende am Nürburgring

Insgesamt 35 Punkte holte Robert Wickens in Moskau, so viele wie kein anderer Fahrer. Es wären sogar mehr möglich gewesen, doch nach seinem Sieg am Samstag lief es am Sonntag nicht mehr rund. Ein in Runde zwölf erlittener Schaden an der Servolenkung machte es für den Kanadier unmöglich, in den Kampf um das Podium einzugreifen. Vielmehr musste er auf Schützenhilfe von Markenkollege Daniel Juncadella hoffen, der als Abschirmdienst die Verfolger in Schach hielt. In der letzten Runde wäre dieses Unternehmen beinahe noch schief gegangen, Wickens rettete Rang fünf aber gerade so ins Ziel.

Robert Wickens feierte im Regen von Moskau den Sieg - am Sonntag aber lief es weniger gut, Foto: DTM
Robert Wickens feierte im Regen von Moskau den Sieg - am Sonntag aber lief es weniger gut, Foto: DTM

Danach gab es jedoch noch anderweitig Ärger. Wickens unterstellte Martin Tomczyk, dieser habe ihn absichtlich ausgebremst. "Er bremste absichtlich auf der Geraden und an Stellen, an denen man nicht bremsen sollte, um mich aufzuhalten", polterte Wickens. BMW sah die Unsportlichkeit eher bei Mercedes. "Schade, dass die Konkurrenz einige unfaire Manöver gezeigt hat. Das muss in der DTM nicht sein", befand Jens Marquardt.

Nun geht es an den Nürburgring, und im Kampf um den Titel zeichnet sich allmählich eine Richtung ab. Robert Wickens ist wohl die klare Nummer eins bei Mercedes, Paul Di Resta büßte seine letzten Chancen durch seine zwei Strafen und die damit verpassten Punkte im zweiten Rennen in Moskau ein. Oder doch nicht? Der Schotte selbst hat trotz 38 Punkten Rückstand noch nicht aufgegeben. Gefragt, ob er noch ein Titelkandidat sei, antwortete Di Resta: "Absolut." In der Eifel gewinnen konnte Di Resta jedoch noch nie - im Gegensatz zu Robert Wickens, der 2013 seinen Premierensieg dort feierte.

"Die Wetterbedingungen waren damals verrückt. Typisch Nürburgring eben", erinnert sich Wickens. "Zwischenzeitlich wusste ich gar nicht mehr, auf welcher Position ich lag. Solche Rennen kann es in der Eifel immer geben. Wenn das Ergebnis das gleiche wie damals ist, hätte ich auch dieses Wochenende nichts dagegen", hofft er auf eine Wiederholung. Wickens' Sieg 2013 war bislang auch der letzte Mercedes-Erfolg auf der Traditionsstrecke. Aus dem aktuellen Mercedes-Kader konnte nur noch Gary Paffett dort triumphieren.

BMW vor dem siebten Rennwochenende am Nürburgring

Die Situation ist für Marco Wittmann nicht neu. Bereits 2014 reiste er als Gesamtführender an den Nürburgring. Das Ergebnis: Sieg im Rennen, Meisterschaft am Saisonende. "Schauen wir mal, ob es ein gutes Omen ist", so Wittmann. "Ich bin im Endeffekt in der gleichen Position, komme wieder als Führender zum Nürburgring. Ob es jetzt ein gutes Omen für 2016 ist, werden wir am Ende des Jahres sehen. Aber es ist zumindest keine schlechte Ausgangslage", ist er sich der Situation bewusst.

Marco Wittmann triumphierte 2014 am Nürburgring, Foto: BMW AG
Marco Wittmann triumphierte 2014 am Nürburgring, Foto: BMW AG

Nach einem ungewohnt verkorksten Rennen am Samstag in Moskau, wo er erst zum zweiten Mal in dieser Saison ohne Podium blieb, konterte er am Sonntag mit einem blitzsauberen Start-Ziel-Sieg. Mit 130 Punkten führt er die Meisterschaft mit zwölf Zählern gegenüber Robert Wickens an. Bei BMW setzt man ganz klar auf die Karte Wittmann. Hinzu kommt, dass sein Team RMG am Nürburgring Heimspiel hat. Neben Wittmanns Sieg 2014 konnte auch Maxime Martin 2015 Teamchef Stefan Reinhold einen Heimsieg bescheren.

"Für unser Heimspiel steigt im gesamten Team und bei unseren Fahrern die Motivation noch einmal zusätzlich. Wir konnten in der Vergangenheit schon sehr schöne Erfolge am Nürburgring feiern, die für uns auch immer sehr emotional waren", erinnert sich Reinhold. Wittmann ergänzt: "Wir gehen optimistisch ins Rennen, dennoch mit vollem Fokus, weil man dieses Jahr bisher gesehen hat, wie abwechslungsreich die Meisterschaft ist."

Audi vor dem siebten Rennwochenende am Nürburgring

Audi war der große Verlierer in Moskau. Jamie Green sammelte nur sechs Punkte ein, für Edoardo Mortara wurden es zwar zwölf, aber immer noch zu wenig. 26 respektive 30 Punkte beträgt der Rückstand auf Marco Wittmann. Doch der Kampfgeist ist in Ingolstadt weiterhin spürbar. "Wir wollen uns gestärkt zurückmelden", fordert DTM-Leiter Dieter Gass. "Der Meisterschaftskampf spitzt sich zu. Es ist noch alles offen, und unsere Ziele sind unverändert. Wir erwarten am Nürburgring ein ausgeglichenes Feld. Und natürlich muss man dort wettertechnisch immer auf alles vorbereitet sein", so Gass weiter.

Mit Phoenix hat ein weiteres der zwölf DTM-Teams Heimspiel in der Eifel. Doch die Ausgangslage für den Rennstall von Teamchef Ernst Moser ist erschreckend. Acht Punkte, letzter Platz in der Teamwertung. Die Krise setzt sich fort, daran änderte auch Timo Scheiders neunter Platz in Moskau nichts. "In der DTM haben wir bei Phoenix jetzt große Aufgaben und können momentan nur kleine Schritte in die richtige Richtung machen", so Scheider. "Wir sind dennoch zuversichtlich, dass wir weiter Schritte vorwärts gehen können. Moskau war da ein Zeichen. Wenn auch nur in kleinen Schritten zwar, aber es war hier und da erkennbar und das ist wichtig", redet er sich vor dem Heimspiel Mut zu.

Für Timo Scheider gab es in Moskau zwei Punkte, Foto: Audi
Für Timo Scheider gab es in Moskau zwei Punkte, Foto: Audi

Eine Kampfansage schickt auch Jamie Green. Diese richtet sich jedoch an seine Konkurrenten im Titelkampf. "Ich freue mich sehr auf den Nürburgring. Es ist eine meiner Lieblingsstrecken im DTM-Kalender. Ich hatte dort in der Vergangenheit viele gute Ergebnisse und stand schon mehrmals auf dem Podium", blickt er zurück. "Ich fühle mich auf der Strecke immer wohl und bin zuversichtlich, dass wir ein gutes Rennen abliefern werden. Wir haben noch immer Titelchancen – jetzt geht es um alles", stellt er klar.

Die Favoriten am Nürburgring

Nach drei Siegen in den vergangenen fünf Rennen in der Eifel geht BMW als Favorit in das Wochenende. Auch die aktuelle Form sowie die aufgrund der Performance-Gewichte leichtesten Boliden sprechen für die Münchner. Auch die Konkurrenz glaubt an eine starke Leistung von BMW. "Mein Bauchgefühl sagt mir, dass der BMW unter normalen Umständen und bei normalen Außentemperaturen das formstärkste Auto ist", so Timo Scheider. Mercedes könnte zumindest am Samstag Probleme bekommen, da das Fahrzeuggewicht satte 12,5 Kilo höher liegt, als bei BMW. Audi bringt immerhin zehn Kilo weniger auf die Waage, als die Stuttgarter. Alles spricht für Marco Wittmann, der am Nürburgring einen großen Schritt in Richtung Meisterschaft gehen kann.

Nürburgring: Die Sieger der letzten fünf Jahre

JahrRennen 1Rennen 2
2015Maxime MartinMiguel Molina
2014Marco Wittmann
2013Robert Wickens
2012Bruno Spengler
2011Mattias Ekström

Nürburgring in Adenau: Die Strecke

Streckendaten
Länge3,629 km
RenndistanzSprintrennen: 40 Minuten + 1 Runde
Hauptrennen: 60 Minuten + 1 Runde
Rundenrekord1:23.175 (M. Wittmann, 2014)
Kurven11
DRS-AktivierungenSprintrennen: 15 Runden
Hauptrennen: 22 Runden

Gefahren wird nicht die Formel-1-Variante des Nürburgrings, sondern die Kurzanbindung. Diese führt nach der Mercedes-Arena rechts herum und lässt die Fahrer kurz nach dem Michael-Schumacher-S zurück auf den Kurs kommen. Diese Variante kommt auch unter anderem im ADAC GT Masters oder in der ADAC Formel 4 zum Einsatz. Passagen wie die Dunlop-Kehre werdend dadurch komplett ausgespart. Typisch für die Eifel sind teils skurrile Wetterbedingungen. Im September kann das Thermometer auch schnell in Richtung Gefrierpunkt fallen, ebenso ist strahlendes Sommerwetter möglich. Für die Teams und Fahrer ist das eine immense Herausforderung.

Zeitplan für das Nürburgring-Wochenende

Freitag, 09.09.
17:00 Uhr bis 17:30 Uhr: 1. Freies Training

Samstag, 10.09.
10:45 Uhr bis 11:15 Uhr: 2. Freies Training
12:35 Uhr bis 12:55 Uhr: Qualifying Rennen 1 (live auf Einsfestival)
14:58 Uhr: Start Rennen 1 (live auf ARD)

Sonntag, 11.09.
10:40 Uhr bis 11:10 Uhr: 3. Freies Training
12:50 Uhr bis 13:10 Uhr: Qualifying Rennen 2 (live auf Einsfestival)
15:13 Uhr: Start Rennen 2 (live auf ARD)