Die DTM kehrt nach fünf Wochen aus der Sommerpause zurück. In Wolokolamsk, 80 Kilometer von Moskau entfernt, steht das sechste Wochenende der Saison auf dem Programm. Zum vierten mal seit 2013 ist die Tourenwagen-Serie dort zu Gast. Für Fahrer und Teams beginnt nun die heiße Phase in der Meisterschaft. Marco Wittmann kommt als Gesamtführender nach Russland, doch zwischen Rang eins und vier liegen gerade einmal 22 Punkte.

Mercedes vor dem sechsten Rennwochenende in Moskau

Mit einem miesen Gefühl verabschiedete sich Mercedes in die Sommerpause. Gleich zwei Reifenschäden am Sonntag in Zandvoort binnen weniger Minuten bedeuteten einen Nackenschlag für die Stuttgarter. Robert Wickens, der zu jenem Zeitpunkt auf Rang zwei lag, erwischte es besonders bitter. Statt mit 18 Punkten ging er mit nichts aus dem Rennen, sein Rückstand in der Meisterschaft wuchs auf 22 Punkte an.

Robert Wickens will zurück auf die Siegerstraße, Foto: DTM
Robert Wickens will zurück auf die Siegerstraße, Foto: DTM

"Es war schon ein harter Schlag, so viele wichtige Meisterschaftspunkte in den letzten fünf Minuten zu verlieren", gab DTM-Chef Ulrich Fritz zu. "Aber wir haben im Team darüber gesprochen und ich war wirklich angetan von der Moral in der Truppe. Keiner bläst Trübsal. Vielmehr erleben wir gerade eine 'Jetzt-erst-Recht'-Einstellung, die beeindruckend ist", lobt er sein Team.

Wickens sieht Moskau als Startschuss für einen hoffentlich glücklichen Endspurt. Seine Titelträume sind weiterhin vorhanden. "Bislang verlief die Saison sehr gut für mich. Ich gehöre mit zum Kreis der Titelanwärter. Nachdem wir in der ersten Jahreshälfte immer wieder Pech hatten, können wir den Spieß in der zweiten vielleicht umdrehen und ein bisschen vom Glück profitieren", so der Kanadier.

Eine große personelle Änderung gibt es im Fahreraufgebot von Mercedes. Esteban Ocon hat den Schritt in die Formel 1 geschafft, der Franzose wird dort Teamkollege von Pascal Wehrlein bei Manor. Ocons Platz bei ART nimmt Felix Rosenqvist ein, der als Reservefahrer die logische Wahl war. "Ich denke es ist normal, etwas nervös zu sein. Gleichzeitig fühle ich mich aber auch bereit dafür. Ich kenne die Strecke, ich kenne das Team. Ich konnte mich mit den Ingenieuren bestmöglich vorbereiten. Es wird sicher nicht leicht, aber ich bin bereit", sagte Rosenqvist im Vorfeld seines Debüt-Wochenendes.

Felix Rosenqvist ist bereit für sein Debüt, Foto: Mercedes-Benz
Felix Rosenqvist ist bereit für sein Debüt, Foto: Mercedes-Benz

Für den Schweden geht es in erster Linie darum, zu lernen. "In diesem Rennen habe ich keine wirklichen Erwartungen. Wenn ich im Mittelfeld mitfahren kann, bin ich glücklich und versuche dann beim nächsten Rennen, Resultate zu liefern", stellte er klar. Für Mercedes war der Moscow Raceway zunächst kein gutes Pflaster. Weder 2013, noch 2014 sprang ein Podestplatz heraus. Im vergangenen Jahr hatte Pascal Wehrlein den Bann mit dem Sieg am Samstag jedoch gebrochen.

"Wenn ich an Moskau denke, dann fallen mir auf Anhieb zwei Dinge ein, an die ich mich immer wieder gerne erinnere", setzt Ulrich Fritz an. "Zum einen hat Pascal letztes Jahr in Moskau mit seinem Sieg im ersten Rennen einen entscheidenden Schritt in Richtung Meisterschaft gemacht, zum anderen haben wir im selben Rennen eine unglaubliche Aufholjagd von Gary erlebt, der von P20 auf P7 fuhr. Es wäre toll, wenn wir dieses Jahr wieder solche schöne Erinnerungen generieren könnten", blickt der Mercedes-Teamchef voraus.

BMW vor dem sechsten Rennwochenende in Moskau

Marco Wittmann glänzte im bisherigen Saisonverlauf durch Konstanz. Obwohl er nur ein Rennen gewonnen hat, führt er die Meisterschaft mit sieben Punkten Vorsprung auf Jamie Green an. Mit Ruhe und Souveränität fährt er seinem zweiten DTM-Titel nach 2014 entgegen. Den Schwung hätte er gerne zeitnah wieder mitgenommen statt fünf Wochen zu warten. "Es war ziemlich ruhig, für mich war die Sommerpause sogar etwas zu lang", so Wittmann. "Ich hätte am Wochenende nach Zandvoort eigentlich schon wieder fahren können. Aber ich denke, manchmal ist es ganz gut, zu entspannen und von der DTM etwas wegzukommen. Nun ist es aber Zeit, zum Rennfahren zurückzukommen", sprüht er vor Tatendrang.

Marco Wittmann fährt seinem zweiten Titel entgegen, Foto: DTM
Marco Wittmann fährt seinem zweiten Titel entgegen, Foto: DTM

Der 26-Jährige hat gute Erinnerungen an Moskau, wenngleich ihm letztes Jahr knapp der Sieg entglitt. "Wir hatten samstags die Pole Position und waren nah am Sieg. Dann aber hatten wir einen Plattfuß. Dennoch konnten wir das Rennen auf Platz zwei beenden. Ich bin zuversichtlich, dass wir wieder ein gutes Resultat holen können", so Wittmann. Im Meisterschaftskampf ist Wittmann die absolute Speerspitze von BMW. Der zweitbeste Pilot der Münchner, Maxime Martin, hat bereits 42 Punkte Rückstand.

Doch nicht nur in der Fahrerwertung liegt BMW auf Titelkurs. Wittmanns Rennstall RMG führt die Teamwertung an, BMW selbst rangiert auf Platz eins bei den Herstellern. Über die Vorteile, die BMW vor der Saison erhielt, wurde viel gesagt. Bei den Münchnern selbst blickt man lieber auf die erbrachte Leistung. "Bisher haben unsere Fahrer und Teams einfach nahezu fehlerlos gearbeitet. Deshalb stehen wir jetzt dort, wo wir stehen", stellt Motorsportdirektor Jens Marquardt klar. Bislang konnte BMW ein Rennen in Russland gewinnen. 2014 hatte Maxime Martin die Nase vorne.

Audi vor dem sechsten Rennwochenende in Moskau

Mit gleich zwei Eisen im Feuer kommt Audi nach Moskau. Jamie Green ist momentan Zweiter in der Meisterschaft mit 98 Zählern und sieben Punkten Rückstand auf Wittmann. Zehn Punkte hinter dem Briten liegt Edoardo Mortara. Für den Italiener verlief das Wochenende in Zandvoort ganz bitter, nachdem ihm eine fehlerhafte GPS-Übertragung während einer Slow Zone am Samstag eine unberechtigte Durchfahrtsstrafe einbrachte. "Ich habe weiterhin Titelchancen und wir müssen in Moskau möglichst viele Punkte holen", gibt sich Mortara kämpferisch.

Die Situation, zwei Fahrer noch im direkten Titelkampf zu haben, ist Audi exklusiv vorbehalten. Für DTM-Leiter Dieter Gass eine ambivalente Gemengelage. "Das ist ein zweischneidiges Schwert", findet er. "Grundsätzlich ist man, wenn man nur einen Fahrer vorne drin hat, empfindlicher. Das heißt, wenn der Fahrer ein schlechtes Wochenende oder auch einfach nur Pech hat, ist man ruck zuck ganz raus aus dem Meisterschaftsrennen", erklärt er. "Auf der anderen Seite besteht halt bei zwei Fahrern vorne drin das Risiko, dass sie sich gegenseitig die Punkte klauen und man dann aufgrund eines solchen Vorfalls am Ende, wenn es Spitz auf Knopf steht, auch die Meisterschaft verlieren kann", wiegt er ab. "Aber grundsätzlich, vom Grundgefühl fühle ich mich besser, zwei Fahrer vorne zu haben."

Jamie Green und Edoardo Mortara fahren beide noch um die Meisterschaft, Foto: DTM
Jamie Green und Edoardo Mortara fahren beide noch um die Meisterschaft, Foto: DTM

Doch egal ob Green oder Mortara - in Moskau hatten beide noch nicht den großen Erfolg. Mortara fuhr als bestes Resultat bislang Rang sechs 2015 ein. Für Green reichte es im selben Rennen für Rang vier. Erfolgreichster Fahrer in Moskau bislang ist Mike Rockenfeller. Von den bislang ausgetragenen vier Rennen konnte er zwei gewinnen. Angesichts seiner bislang komplett enttäuschenden Saison wäre ein erneuter Erfolg aber fast schon eine Sensation.

"Nach der verkorksten ersten Saisonhälfte hoffe ich nun wirklich darauf, dass wir in Moskau endlich die Wende schaffen", sagte Rockenfeller. "Meine Jungs lassen nichts unversucht, damit wir wieder vorne mitfahren. Moskau ist ein toller Event mit einer anspruchsvollen Strecke, auf der man in die Kurven hineinbremsen muss. Das ist nicht einfach, macht mir aber Spaß", erklärt er seine Vorliebe für die Strecke in Russland.

Die Favoriten in Moskau

Die bislang in Russland ausgetragenen Rennen sahen keine Dominanz eine der drei Marken. Alle drei Hersteller konnten bereits gewinnen, im Schnitt tat sich Mercedes jedoch schwerer als BMW und Audi. Abgesehen vom Sieg von Pascal Wehrlein im Vorjahr sprang noch kein Podestplatz heraus. Aufgrund der zumindest für das Qualifying am Samstag geltenden Performance Gewichte ist BMW der Favorit. Satte 12,5 Kilo sind die Münchner leichter als Mercedes und Audi. Für Marco Wittmann könnte das ein riesiger Vorteil sein, um am Samstag seine Gesamtführung auszubauen.

Moskau: Die Sieger der letzten drei Jahre

JahrRennen 1Rennen 2
2015Pascal WehrleinMike Rockenfeller
2014Maxime Martin
2013Mike Rockenfeller

Moscow Raceway in Wolokolamsk: Die Strecke

Streckendaten
Länge3,931 km
RenndistanzSprintrennen: 40 Minuten + 1 Runde
Hauptrennen: 60 Minuten + 1 Runde
Rundenrekord1:28.305 (M. Molina, 2014)
Kurven15
DRS-AktivierungenSprintrennen: 14 Runden
Hauptrennen: 20 Runden

Der Moscow Raceway beinhaltet eine gute Mischung aus diversen Charakteristika. Es gibt ebenso enge wie schnelle Kurven, hinzu kommen lange Vollgasabschnitte. Die Gegengerade ist 873 Meter lang, dort wird das DRS wohl hauptsächlich zum Einsatz kommen. Seit 2013 trägt die DTM dort Rennen aus. Zunächst auf der Kurzanbindung, ein Jahr später aber folgte der Wechsel auf die lange Variante. "Allgemein ist es ein sehr sanfter Kurs, er fährt sich sehr gut. Das Kurvenlayout beinhaltet ein bisschen von allem. Technisch anspruchsvolle Kurven wie auf den modernen Strecken, aber genau so schnelle Kurven. Es ist keine langweilige Strecke. Highspeed-Abschnitte wechseln sich mit langsamen, technischen Passagen ab", gab Jamie Green seine Meinung zur Strecke ab.

Zeitplan für das Moskau-Wochenende (alle Zeiten MESZ)

Freitag, 19.08.
16:00 Uhr bis 16:30 Uhr: 1. Freies Training

Samstag, 20.08.
08:30 Uhr bis 09:00 Uhr: 2. Freies Training
10:10 Uhr bis 10:30 Uhr: Qualifying Rennen 1 (live auf Einsfestival)
12:33 Uhr: Start Rennen 1 (live auf ARD)

Sonntag, 21.08.
08:10 Uhr bis 08:40 Uhr: 3. Freies Training
09:50 Uhr bis 10:10 Uhr: Qualifying Rennen 2 (live auf Einsfestival)
12:10 Uhr: Start Rennen 2 (live auf ARD)