Manuel, das neue Reglement zu den Performance-Gewichten klingt zunächst mal sehr kompliziert. Wie ist deine Einschätzung?
Manuel Reuter: Ja, auf den ersten Blick sieht es schon kompliziert aus. Im zweiten Schritt ist das für mich aber irrelevant. Wichtig ist, dass das System funktioniert und der Wettkampf dadurch gerecht wird. Im vergangenen Jahr hat das System leider überhaupt nicht funktioniert. Deshalb musste eine Lösung gefunden werden, die der DTM gerecht wird - und Sektorenbestzeiten sind ein objektives Bewertungskriterium. Es gab früher Fälle, in denen ein Hersteller auf einen Podestplatz verzichtet hat, um Gewicht ausladen zu können. Als Fahrer ist es sehr hart, wenn du deshalb vom Gas gehen musst. Das wird es ab sofort nicht mehr geben.

Timo Glock sagte uns, dass man Regeln sowieso nicht immer erklären muss. Am Ende soll einfach guter Rennsport geboten werden. Ist das der richtige Weg?
Manuel Reuter: Was ist denn das Kriterium? Ich schalte den Fernseher an und will ein tolles Rennen sehen. Ob der eine dann ein paar Kilo schwerer oder leichter ist, spielt da keine Rolle. Aber wir müssen uns eine grundsätzliche Frage stellen: Was wollen wir eigentlich im Motorsport? Ist das mehr Entertainment oder Sport? Darüber müssen wir uns erst einmal im Klaren sein. Wenn es reiner Sport sein soll, dann dürfen wir gar keine Anpassungen mehr vornehmen. Wenn BMW also schlechter ist, dann sind sie eben schlechter. Dann hättest du aber Seriensieger. Das gibt es in anderen Sportarten auch. Da kommt aber auch niemand auf die Idee, auf der einen Seite das Tor zu vergrößern...

Wie sollte die Lösung für die DTM aussehen?
Manuel Reuter: Man muss sich beim Reglement erst einmal im Grundsatz einig werden. Wir haben im Moment eine Vermischung, bei der es keine klaren Vorgaben gibt. Das macht es ja so schwierig. Das neue DRS-Reglement ist da ein gutes Beispiel. Es wurde versucht, eine Hybridlösung zu finden, die so aber nicht richtig funktionieren kann. Es ist in Ordnung, wenn etwas limitiert wird - aber es wurde wieder nicht konsequent umgesetzt.

Manuel Reuter begleitet die DTM für Motorsport-Magazin.com, Foto: Horst Bernhardt
Manuel Reuter begleitet die DTM für Motorsport-Magazin.com, Foto: Horst Bernhardt

Jetzt durfte BMW Gewicht ausladen und den Heckflügel verbreitern. War das der richtige Weg?
Manuel Reuter: Das ist ja eines der Probleme der DTM. Die Autos sind so homologiert worden, und wegen der Kosten dürfen sie nicht weiterentwickelt werden. Das bedeutet aber auch: Wenn ich hinten dran bin, kann ich nichts mehr machen. Wenn man die Regeln aber aufweicht, geht das zu Lasten des Budgets. Was jetzt mit BMW gemacht wurde, ist natürlich keine tolle Lösung. Wenn man 2015 gesehen hat, war klar, dass etwas getan werden musste, damit BMW auf Augenhöhe ist. Ob das jetzt objektiv richtig war, ist extrem schwierig zu beurteilen.

Mercedes hatte vor zwei Jahren auch Probleme. Damals durften sie ein neues Auto homologieren. Warum war das bei BMW jetzt nicht der Fall?
Manuel Reuter: Diesen Hintergrund kann ich nicht plausibel erklären. Ich weiß nicht, warum man zu dieser Lösung gekommen ist. Es ist schwierig, dieses Thema nachzuvollziehen. Und noch etwas...

Ja, bitte?
Manuel Reuter: Wir müssen uns grundsätzlich fragen, ob der eingeschlagene Weg der richtige ist. Zum Beispiel haben die Fahrer vor dem Saisonstart kaum getestet. Es gab Fahrer, die nur zwei Tage im Auge gesessen haben. Ich kenne keine andere Sportart, in der es sowas gibt. Das ist unglaublich! Was ist denn das Faszinierende an unserem Sport? Es ist nicht die Entwicklung von Autos, sondern Jungs, die auf der Strecke gegeneinander kämpfen und tolles Racing liefern. Wir müssen eine Formel finden, in der weniger hinter verschlossenen Türen simuliert wird. Stattdessen sollte mehr gefahren werden. Die Fahrer sollten auch wieder mehr Einfluss auf die Entwicklung haben. Dann hast du als guter Fahrer die Chance, dich mehr abzuheben. Hier wurde vor einiger Zeit eine Richtung eingeschlagen, die nicht mehr dem entspricht, wofür die DTM stehen sollte.

Ansätze für die Zukunft, die sicherlich auch vielen Fans gefallen würden. Was erwartest du für die anstehende Saison?
Manuel Reuter: Ich glaube, dass die kommende Saison besser wird als 2015. Wir werden nicht mehr dieses Hickhack sehen, in dem fünf oder sechs Autos eines einzelnen Herstellers vorne stehen. Das Feld sollte sogar noch enger werden und ich erwarte mehr unterschiedliche Sieger. Der Wettbewerb wird noch einmal zunehmen und es wird schwieriger sein für Fahrer und Hersteller, die Saison zu dominieren.