Pascal Wehrlein heißt der bislang jüngste Meister in der Geschichte der DTM. Für den einen oder anderen Fan und Beobachter der Tourenwagenszene und manchen Konkurrenten in den Lagern von Audi und BMW ist Wehrlein jedoch gleichzeitig einer der umstrittensten DTM-Champions.

Der Grund: Mercedes setzte in der vergangenen Saison 2015 bereits früh voll und ganz auf den Worndorfer. Seine Markenkollegen arbeiteten Wehrlein intensiv zu, hielten dem späteren Meister oft den Rücken frei. Daher habe Wehrlein den Titel auf dem Silbertablett serviert bekommen, so mancher Kritiker.

Dieser Argumentation folgt Mercedes nur bis zur Hälfte. Teamplay ja, Geschenke nein. "Für mich ist die DTM der vielleicht größte Teamsport im gesamten Motorsport-Bereich. Alle Fahrer und das ganze Team fahren dafür, dass Mercedes-Benz Erfolg hat. Dafür sind wir hier", sagt Gary Paffett beim großen Mercedes-Saisonabschluss Stars & Cars auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com.

"Wir haben vor dem Jahr ausgegeben 'One team, one vision' - und das haben wir erreicht", bestätigt Maximilian Götz. "Auch bei mir war es mal so, dass ich in einer guten Position war. Wenn ich als Rookie den Meisterschaftsführenden, meinen Teamkollegen Pascal, hinter mir sehe, dann gehe ich nicht letzte Rille und versuche nicht, ihn mit absolutem Kampfgeist hinter mir zu halten. Erst recht nicht, wenn ich spüre, dass er schneller ist. Das ist Teamsport", stellt der DTM-Neueinsteiger klar.

Gary Paffett stellt sich hinter Pascal Wehrlein, Foto: Mercedes-Benz
Gary Paffett stellt sich hinter Pascal Wehrlein, Foto: Mercedes-Benz

Paffett: Wehrlein hat sich selbst an die Spitze gefahren

Demgegenüber schildert Paffett, ganz krass sei es nie gewesen. "Jeder hat jedes Rennwochenende sein Bestes gegeben, wenn es losgeht. Wir halten uns nicht im Qualifying zurück, damit Pascal im Grid weit vorne steht. Pascal hat ein großartiges Jahr gezeigt und sich selbst an die Spitze des Feldes gebracht", sagt Paffett zu Motorsport-Magazin.com.

Sicher habe es dennoch Unterstützung gegeben. "Aber das war unsere Absicht. Es war unser Ziel für die Marke Mercedes-Benz zu gewinnen", sagt der Routinier. "Aber die meiste harte Arbeit hat Pascal schon selbst gemacht. Er verdient es", stellt Paffett klar.

Bei Mercedes ist man sich einig - in der DTM gehört Teamplay einfach dazu, Foto: Mercedes-Benz
Bei Mercedes ist man sich einig - in der DTM gehört Teamplay einfach dazu, Foto: Mercedes-Benz

Mercedes-Teamchef Fritz: Die DTM ist Teamplay

Ulrich Fritz kann die ganze Diskussion unterdessen kaum verstehen. "Von meiner Seite aus haben wir in der DTM solche Strategien schon immer gesehen. Die gab es schon immer in der DTM und die wird es auch immer geben. Der Charakter der DTM ist eben, dass wir mit jeweils acht Autos vertreten sind", sagt der Mercedes-Teamchef.

"Wir haben den Titel - natürlich mit Pascal als Speerspitze - als Team gemeinsam errungen. Und da ist jeder einzelne Fahrer stolz drauf. Das war in der Situation einfach der Weg, wie man zum Titel kommen konnte", rechtfertigt Fritz die Herangehensweise seiner Marke.

Aufgekommen sei die Debatte ohne hin nur deshalb, weil Mercedes so offen mit der Situation umgegangen sei. "Was dieses Jahr vielleicht neu war, ist, dass wir keinen großen Hehl daraus gemacht haben. Aber wenn man sich die Ergebnislisten anschaut, wird man schnell feststellen, dass der Wettbewerb das genauso gehandhabt hat. Das ist einfach im Naturell dieses Sports", sagt Fritz. "Das schmälert die Leistung von Pascal, vom Sieger, aber in keinster Weise. In diese Position muss man sich auch erstmal bringen", gibt er auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com zu Bedenken.

Eine Steilvorlage für Pascal Wehrlein. Der Meister schildert anhand drei besonderer Rennsituatuion, warum nicht nur Teamplay, sondern auch er selbst 2015 den Unterschied gemacht hat. "Es gab dieses Jahr mehrere spezielle und auch sehr entscheidende Momente", sagt Wehrlein.

In Moskau setzte sich Wehrlein gegen Vorjahreschampion Wittmann durch, Foto: Mercedes-Benz
In Moskau setzte sich Wehrlein gegen Vorjahreschampion Wittmann durch, Foto: Mercedes-Benz

Wehrleins stärkste Momente

#1 Norisring: "Einer davon war zum Beispiel auf dem Norisring, als ich mit Slicks im Regen gestartet bin und das Rennen gewonnen habe. Das war mein erster Saisonsieg dieses Jahr"

#2 Moskau: "Oder Moskau, wo ich mit Marco Wittmann einen super Kampf hatte und dort mein zweites Saisonrennen gewonnen habe."

#3 Oschersleben: "Oder Oschersleben, als mir die Servolenkung ausgefallen ist und ich wusste, dass ich das Rennen beenden muss. Weil ich das habe, habe ich die Meisterschaftsführung übernommen. Und so waren einfach mehrere Rennen in der Saison dabei, die auch anders hätten laufen können, aber so wie sie gelaufen sind, dann entscheidend waren."