Es war das Rennen des Miguel Molina. Im Sonntagsrennen holte der Audi-Pilot nicht nur die Pole Position, sondern gewann auch sein erstes DTM-Rennen. Doch die Triumphfahrt wurde überschattet von einer angeblichen Teamorder von Mercedes. Pascal Wehrlein lag auf Platz sieben, sein Markenkollege Maximilian Götz lag mehrere Sekunden vor ihm. Der Meisterschaftsführende holte auf Götz auf und wurde am Ende Sechster. Dieter Gass, DTM-Leiter bei Audi, kochte nach dem Rennen vor Wut: "Wir hatten eine Absprache, fairen Sport zu bieten und keine künstlichen Überholmanöver zeigen. Zwei Hersteller haben sich daran gehalten, der dritte hat das nicht getan. Ich bin sehr enttäuscht davon."

Mit der Enttäuschung war Gass nicht allein. Die Motorsport-Magazin.com-Leser verurteilten die vermeintliche Teamorder ähnlich scharf. Über 60 Prozent empfanden den befohlenen Positionstausch zwischen Wehrlein und Götz als unfair. Doch unerwartete Unterstützung gibt es von der Konkurrenz. "In dem Stadium der Meisterschaft ist das grundsätzlich nachvollziehbar", sagte Audi-Pilot Mike Rockenfeller in einer Telefonkonferenz gegenüber Motorsport-Magazin.com. "Am Anfang einer Meisterschaft haben alle die gleichen Voraussetzungen. Jeder versucht, sich vorne zu positionieren. Und später macht man das einfach, wenn der eine oder andere die Chance auf den Titelgewinn hat."

Allerdings sei die Teamorder nicht elegant gelöst worden. "Über die Art und Weise kann man aber streiten", sagte Rockenfeller. Auch Konkurrent und amtierender DTM-Meister Marco Wittmann sieht das ähnlich. "Natürlich war die Aktion am Nürburgring für die Fans auf der Tribüne auffällig", sagte der BMW-Pilot. "Meiner Meinung nach war das am Nürburgring aber sehr extrem und auch teilweise Verarsche an den Fans. Das sind am Ende diejenigen, die Geld dafür bezahlen, um an die Rennstrecke zu kommen." Wehrleins Markenkollege Lucas Auer sieht das etwas entspannter. "Ich habe da am Ende nichts brutal Unfaires oder Unsportliches gesehen", sagte der Österreicher.

Teamorder kommt bei den DTM-Fans nicht gut an, Foto: Sutton
Teamorder kommt bei den DTM-Fans nicht gut an, Foto: Sutton

Teamorder grundsätzlich okay

Die Entscheidung, einen Fahrer an einem Markenkollegen vorbeizuwinken, um die Meisterschaftschancen zu wahren, findet Anklang bei einigen Piloten. "Ich finde, das gehört dazu", sagte Rockenfeller. "Das muss man aber auch so nach außen darstellen und dann verstehen es auch die Fans auf der Tribüne. Natürlich ist es für den Fahrer in dem Moment frustrierend. Aber in der Tour de France kann auch nicht jeder im Team die Tour gewinnen. Bei uns hat am Anfang hingegen jeder eine Chance." Für den DTM-Champion von 2013 ist das alles eine Frage dessen, wie solche Aktionen nach außen kommuniziert werden: "Wenn man sich selbst immer alles kaputt redet, dann ist das nicht gerade hilfreich. Das passiert in anderen Sportarten nicht so sehr."

BMW-Fahrer Wittmann ist ähnlicher Meinung: "Das gibt es in anderen Rennserien genauso. Einzig bei uns wird extrem schlecht darüber gesprochen. Hier wird auf allem Negativen, auf jeder Kleinigkeit herumgetreten." Rockenfeller ergänzt: "Es ist eine Illusion, zu glauben, dass man Teamorder im Motorsport verhindern kann, wenn es am Ende um so viel geht."

Die von Dieter Gass erwähnte Absprache zwischen den Teams, fairen Sport zu bieten, macht Motorsport-Magazin.com-DTM-Experte Manuel Reuter an einem Beispiel fest: "In Oschersleben hat BMW genau das Gegenteil gemacht. Da hatte jeder mit einer Stallorder für Bruno Spengler gerechnet, aber am Ende hat Timo Glock gewonnen. Daran sieht man, dass das Ganze nicht so eine extreme Rolle spielt, wie es jetzt aufgebauscht worden ist."