In welcher Renn-Situation kam es zum Funk-Skandal?

Wenige Runden vor Schluss wurde Timo Scheider vom vor ihm liegenden Mercedes-Pilot Robert Wickens eingebremst. Der Kanadier tat dies wohl für seinen hinter Scheider platzierten Teamkollegen Pascal Wehrlein . Dieser sollte noch am Audi vorbei, um im Kampf um die Führung in der Gesamtwertung Punkte auf Rennsieger Mattias Ekström gutzumachen.

Als Wehrlein die beiden passiert hatte, war aus der Audi-Box ein Funkspruch zu hören: "Timo, schieb ihn raus!". Tatsächlich schob Scheider Sekunden später Wickens' Auto auf Wehrleins auf. Beide Mercedes-Piloten schieden daraufhin aus. Scheider fuhr ins Ziel.

Von wem kam der Funkspruch?

Nachdem Audi-Motorsportchef Wolfgang Ullrich gegenüber Motorsport-Magazin.com zunächst geleugnet hatte, für den entsprechenden Satz verantwortlich zu sein, räumte er ihn später in einer Pressemitteilung ein. "Dass ich in der ersten Emotion am Kommandostand gerufen habe: 'Timo, schieb ihn raus', tut mir leid. Ich funke während des Rennens nicht mit den Fahrern und wusste nicht, dass der Funk offen ist. Es war auf gar keinen Fall eine Anweisung an Timo. Ich kann mich bei Mercedes für diesen Spruch nur entschuldigen", ließ sich Ullrich dort zitieren.

Warum schmerzt Mercedes der Wehrlein-Ausfall besonders?

Mit Platz zwei beim ersten Lauf am Samstag hatte sich Pascal Wehrlein in Spielberg den "Halbzeitmeister"-Titel gesichert. Mit 94 Punkten lag der Mercedes-Pilot vor Rennstart also acht Punkte vor dem Zweiten, Audi-Pilot Mattias Ekström. Wehrlein war am Sonntag kurz vor der Kollision zwar nur auf Rang sechs unterwegs, hätte damit aber ausreichend Punkte gesammelt, um Platz eins in der Gesamttabelle gegen den späteren Sieger Ekström zu verteidigen.

Durch den Ausfall hat der 20-jährige Deutsche nicht nur seine Position an der Tabellenspitze an Ekström verloren, sondern ist sogar gleich auf Rang drei in der Gesamttabelle, noch hinter Audi-Pilot Edorado Mortara, gerutscht.

Was sagen die Hauptbeteiligten?

Scheider beteuerte, keinen solchen Funkspruch gehört zu haben und bedauerte den - demnach unabsichtlichen - Unfall mit Wickens und Wehrlein. Ullrich bestritt zunächst, Urheber von "Timo, schieb´ ihn raus!" zu sein, revidierte dies aber später. Es sei aber kein bewusster Funkspruch und auch keine Anweisung an Scheider gewesen. Wehrlein war sauer und sagte: "Heute ist der Tag, an dem Timo Scheider seine Vorbildfunktion für unseren Sport verloren hat. Ich finde ich das sehr, sehr dreckig von Audi ."

Wie sieht die Strafe für Timo Scheider aus?

Die Rennkommissare haben Timo Scheider für das Sonntagsrennen aus der Wertung genommen. Damit verliert er seinen sechsten Platz und acht Meisterschaftspunkte.

Wie geht es jetzt weiter?

Neben des Rennausschlusses von Timo Scheider durch die Rennkommissare am Sonntagabend droht weiteres Ungemach - vor allem für sein Team Audi Sport Team Phoenix. "In einer zweiten Entscheidung leiteten die Sportkommissare vor Ort die Vorfälle rund um eine mögliche unsportliche Anweisung per Funk durch das Audi Team Phoenix bzw. Audi Sport an das Sportgericht des DMSB zur weiteren Untersuchung weiter. Bis zu einer Entscheidung des Sportgerichts bleibt das Ergebnis des 2. Rennens in Spielberg vorläufig", teilten die Rennkommissare mit.

Sollte sich dort herausstellen, dass einer der Audi-Verantwortlichen den konkreten Funkspruch an Scheider abgab, seine Konkurrenten von der Strecke zu schießen, droht großer Ärger. In ein paar Wochen könne das Sportgericht bereits tagen."Dort können dann auch größere Strafen verhängt werden - bis zum Lizenzentzug für Fahrer oder Team. Aber das steht alles in den Sternen", sagte DMSB-Pressesprecher Michael Kramp auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com.