Das überarbeitete Superlizenz-System der FIA, das zum Eintritt in die Formel 1 berechtigt, war eines der großen Gesprächsthemen während des Winters. Während sich einige Rennserien über die Punktevergabe echauffierten, tauchten andere Serien gar nicht erst auf der Liste auf - wie etwa die DTM. Wie Motorsport-Magazin.com erfahren hat, soll sich das allerdings ändern. Der Deutsche Motor Sport Bund DMSB steht derzeit in Gesprächen mit der FIA, um die DTM ebenfalls in die diskutable Liste aufnehmen zu lassen.

Die Gespräche verlaufen positiv und einiges deutet darauf hin, dass DTM-Fahrer ebenfalls in das Punktesystem des Automobilen Weltverbandes aufgenommen werden. Nach unseren derzeitigen Informationen ist die Änderung auf der FIA-Liste zur Saison 2015 angestrebt, sodass aktuellen DTM-Piloten auf dem Weg in die Formel 1 kein Stein in den Weg gelegt werden würde. Angehende F1-Piloten müssen ab 2016 in den drei Jahren unmittelbar vor ihrer Bewerbung um die Superlizenz mindestens 40 Punkte in einer der Qualifikations-Serien sammeln.

Die DTM soll in die FIA-Superlizenz-Liste aufgenommen werden, Foto: Audi
Die DTM soll in die FIA-Superlizenz-Liste aufgenommen werden, Foto: Audi

Kein klassisches F1-Sprungbrett

Zwar gilt die DTM nicht als klassisches Sprungbrett in die Formel 1, doch Fahrer wie Paul Di Resta haben gezeigt, dass der Schritt durchaus gelingen kann. Mit dem jungen Pascal Wehrlein konnte sich zuletzt ein weiterer aktueller Fahrer über seine Leistungen in der DTM für die Formel 1 empfehlen. Daniel Juncadella und Antonio Felix Da Costa sind ebenfalls im Umfeld der F1 präsent.

Das Argument, die DTM sei nicht inkludiert worden, weil lediglich Formelsportserien zugelassen seien, zieht ebenfalls nicht. Schließlich taucht die FIA Sportwagen-Weltmeisterschaft WEC auf der Liste auf - wenn auch lediglich die schnellen LMP1-Boliden zählen. Zwar kommen die Le Mans-Prototypen nah an das Level der Formel 1 heran, sind jedoch keine Formelautos im klassischen Sinne. Das Leistungsprinzip könnte also ebenso für die DTM gelten. So ziemlich jeder Fahrer vergleicht die DTM-Autos mit Boliden aus der Formel 3.

Paul Di Resta gelang der Aufstieg von der DTM in die Formel 1, Foto: DTM
Paul Di Resta gelang der Aufstieg von der DTM in die Formel 1, Foto: DTM

DTM als perfekte Schule

Welche Kriterien genau die FIA für die Aufnahme in die Superlizenz-Liste in Betracht zog, ist nicht bekannt. Es handele sich um unterschiedliche Faktoren, hieß es nur von offizieller Stelle. Ein klares Argument für Manuel Reuter, die DTM ebenfalls zu berücksichtigen. "Es ist ein Trugschluss, dass man die Qualifikation für die Formel 1 nur in einem Formelauto erwerben kann", sagte der frühere DTM-Meister im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com. "Ein wesentlicher Aspekt auf dem Weg dorthin ist die allgemeine Ausbildung im Motorsport, etwa die Zusammenarbeit mit den Ingenieuren. In diesen Bereichen werden die Fahrer in der DTM perfekt geschult."

Deshalb eine klare Sache für Reuter, der als Sprecher der Fahrervereinigung DTMDA die Interessen der DTM-Piloten vertritt: "Es ist ein absolutes Muss, dass die DTM in die Superlizenz-Liste der FIA aufgenommen wird. Der Standard der DTM, der drei Hersteller Mercedes, BMW und Audi und auch der Fahrer ist qualitativ hochklassig."

Gary Paffett hätte mit dem neuen System gar keine F1-Chance gehabt, Foto: DTM
Gary Paffett hätte mit dem neuen System gar keine F1-Chance gehabt, Foto: DTM

System noch nicht ausgereift

Rückendeckung erhielt Reuter unter anderem von Gary Paffett. "Was man in der DTM lernt, ist auf einem sehr hohen Niveau", sagte der DTM-Veteran und langjährige McLaren-Testfahrer gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. "Ich denke, dass das neue System noch ein wenig Arbeit benötigt. Das Weglassen bestimmter Meisterschaften, und vor allem der DTM, ist ein Fehler."

Zuletzt signalisierte die FIA, dass Änderungen am aktuellen Superlizenz-System in Betracht gezogen werden. Auch Ausnahmen seien unter bestimmten Bedingungen möglich. Die Vertreter einiger Rennserien fühlen sich bei der Punkteaufteilung vernachlässigt, darunter Renault mit seinen Formel-Nachwuchsklassen. Wo sich die DTM in der überarbeiteten Listen-Rangordnung einreihen wird, steht noch nicht fest.

Übersicht: Alle Lizenzpunkte auf einen Blick

Meisterschaftsplatzierung1.2.3.4.5.6.7.8.9.10.
FIA Formel 26050403020108643
GP2504030201086432
F3 Europameisterschaft40302010864321
LMP1 der WEC40302010864321
IndyCar40302010864321
GP330201510753210
Formel Renault 3.530201510753210
Japanische Super Formel 2015107532100
Nationale F4 Meisterschaften 10752100000
Nationale F3 Meisterschaften 10752100000
Formel Renault (Eurocup, ALPS, NEC) 5310000000

Redaktionskommentar

Motorsport-Magazin.com meint: Die Aufnahme der DTM ins neue Superlizenz-System wäre ein logischer Schritt - und ein ganz wichtiger für die DTM. Man kann der Serie einiges vorwerfen, eines aber nicht: absolute Professionalität. In der DTM treten ausschließlich Top-Piloten an, die sich auch in jeder anderen Rennserie behaupten würden - und es sogar tun. Siehe Mike Rockenfeller in der WEC oder Paul Di Resta in der Formel 1, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Die DTM aus der Liste auszuschließen würde bedeuten, dass die Serie für junge Fahrer wesentlich unattraktiver wird - und das kann und darf niemand wollen. (Robert Seiwert)