Es war die letzte Runde des Rennens und es war ein Duell mit ungleichen Waffen. Augusto Farfus kämpfte sich nach der Safety-Car-Phase auf den Standardreifen um die Runden, direkt hinter ihm wartete Robert Wickens auf den Option-Pneus. In der vorletzten Kurve fuhr Wickens mit seinem Mercedes in das Heck von Farfus' BMW. Der Brasilianer drehte sich und wurde Letzter, während Wickens als Achter die Ziellinie überquerte - zunächst. Wickens wurde nach dem Rennen mit einer 30-Sekunden-Strafe als Ersatz für eine Durchfahrtsstrafe belegt.

"Sie haben mich nicht einmal hinzu geholt, das zeigt, wie klar diese ganze Sache ist", sagte Farfus, als er von Motorsport-Magazin.com über die Bestrafung von Wickens informiert wurde. "Normalerweise müssen beide Fahrer zur Rennleitung, aber sie haben mich nicht gerufen."

Deutlich weniger klar war die Situation für Wickens, der seine nachträgliche Bestrafung nicht fassen konnte. "Ich sehe es als Rennunfall", so Wickens. "Ich weiß, dass ich ihn berührt habe, aber das war nicht meine Absicht. Ich muss die Strafe jetzt akzeptieren, aber das zeigt erneut die Inkonstanz der Stewards." Für ähnliche Vergehen seien andere Fahrer nicht bestraft worden, ärgerte sich der Kanadier. "Ich bekomme wieder eine Strafe."

Augusto Farfus beendete das Rennen als Vorletzter, Foto: BMW AG
Augusto Farfus beendete das Rennen als Vorletzter, Foto: BMW AG

Unverständnis auf beiden Seiten

Wie bei jedem Unfall gibt es auch im Streitfall Farfus vs. Wickens zwei klare Meinungen und zwei unterschiedliche Ansichten. "Er ist einfach in mich reingefahren, ohne einen speziellen Grund", ärgerte sich Farfus auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com. "Das ist ein Scherz. Er hat nicht einmal versucht, zu überholen, sondern ist einfach reingefahren."

Laut Farfus wählte er die Innenbahn der vorletzten Kurve, um seine Linie zu verteidigen. Wickens hätte keinen Versuch unternommen, nach außen zu gehen, sondern sei ihm ohne Grund ins Heck gefahren. "Ich will es nicht beurteilen, aber diese Bewegung war einfach ein Witz."

Robert Wickens verstand seine Strafe nicht, Foto: Mercedes-Benz
Robert Wickens verstand seine Strafe nicht, Foto: Mercedes-Benz

Wickens: Ich war drei Sekunden schneller

Aus der Sicht seines Unfallgegners Wickens klang die Beschreibung allerdings deutlich anders. Für den Mercedes-Piloten stellte wie bereits in Zandvoort das späte Safety Car das Problem dar. Sobald das Safety Car einbog, waren die Piloten auf den Standardreifen mitten unter den Fahrern auf den schnelleren Option-Reifen - so auch Farfus und Wickens.

"Der Zeitunterschied pro Runde zwischen Augusto und mir lag bei drei Sekunden - wenn nicht mehr", erklärte Wickens, dessen Optionreifen zu diesem Zeitpunkt aus seiner Sicht deutlich besser arbeiteten als die älteren Standard-Reifen an Farfus' BMW. "Er hat sich in die zweitletzte Kurve hinein gegen mich verteidigt und aus irgendeinem Grund ging er am Ausgang nicht aufs Gas", schilderte Wickens auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com. "Unglücklicherweise traf ich ihn einfach und es war genug, dass er sich drehte."

Die Stewards sahen Farfus im Recht, was die 30-Sekunden-Strafe für Wickens belegt. Er wurde nun als Letzter gewertet - einen Platz hinter seinem Unfallgegner. Eine Entschuldigung von Wickens nach dem Rennen wollte Farfus nicht annehmen. "Er kam zu mir, um sich zu entschuldigen, aber ich sagte, dass ich vom ewigen Sorry, Sorry, Sorry genug habe."