So wenig Training hatte die DTM noch nie: Wegen des Nebels konnte nur 15 Minuten geübt werden, nur 30 Minuten später ging es ins Qualifying. Fahrer und Teams wurden an ihre Grenzen gebracht, denn es war ein Schuss ins Blaue: Nur wer von Anfang an das richtige Setup auf dem Auto hatte, hatte eine Chance, im Qualifying nach vorne zu fahren. Schlimmer noch: Wegen der Parc-Ferme-Regeln darf das Setup nicht mehr verändert werden. Und so ist es kein Wunder, dass so mancher Fahrer die Bedingungen als "Roulette" beschrieb.

"Extrem schwierig", war von nahezu allen Seiten zu vernehmen. Antonio Felix da Costa bezeichnete den Samstag gegenüber Motorsport-Magazin.com als "charakterbildenden Tag. Man wartet für Stunden und dann nach einer Viertelstunde muss man sich ins Auto setzen und liefern. Für mich war es kein Problem, unsere Schwierigkeiten lagen ganz woanders", so der portugiesische Rookie. Wittmann ergänzte: "Bei einer Viertelstunde freiem Training, in dem es auch noch nass war, hat man kein wirkliches Setup herausfahren können. Man ist im Qualifying ins kalte Wasser gesprungen und hat gehofft, dass es halbwegs passt."

Antonio Felix da Costa hatte keine Probleme mit der Trainingszeit, wohl aber mit dem Fahrgefühl, Foto: BMW AG
Antonio Felix da Costa hatte keine Probleme mit der Trainingszeit, wohl aber mit dem Fahrgefühl, Foto: BMW AG

Sommer-Test nahezu bedeutungslos

Dabei hätte gerade BMW zusätzliche Trainingszeit genutzt, schließlich standen sie im Vorjahr auf verlorenem Posten und schlugen sich auch im Qualifying nicht wesentlich besser. Da half auch der Test Ende August nicht weiter, wie Jens Marquardt gegenüber Motorsport-Magazin.com verdeutlichte: "Wir haben hier getestet, das ist richtig. Nur verlief dieser unter ganz anderen Bedingungen als heute." So hieß es größtenteils Rätselraten: "Die Frage war: Ist das Setup eines, mit dem wir ins Quali gehen können oder müssen wir noch Anpassungen machen? Wir hatten alle das Gefühl, dass wir mit dem Paket ins Qualifying gehen können." Viel gebracht hat es BMW nicht.

Die minimale Trainingszeit barg weitere Gefahren: "Wir haben es bei Martin Tomczyk gesehen: ein kleines Problem am Auto, dann ist die Session im Endeffekt sofort vorbei." Dass man zusätzlich auf das Wetter schauen musste, habe es noch stressiger gemacht, erzählte der BMW-Motorsportchef weiter. Er hatte garantiert schon entspanntere Tage.

Rookies besonders betroffen

Weil die kümmerliche Viertelstunde Training auch noch verregnet war, gingen viele Fahrer absolut blind ins Qualifying. Nico Müller, der nur auf P20 kam, litt als Rookie besonders darunter, schließlich kannte er die Referenzpunkte fürs Bremsen und Einlenken bei Trockenheit noch nicht: "Das war schon etwas happig ehrlich gesagt", stöhnte er. "Ich bin hier noch nie eine Runde bei Trockenheit gefahren, und dann gleich ins Quali mit wechselnden Bedingungen und mehr oder weniger ohne Training, das war richtig schwer."

Die Mischbedingungen machten es noch schwerer, Foto: Mercedes-Benz
Die Mischbedingungen machten es noch schwerer, Foto: Mercedes-Benz

Etwas entspannter sah das Timo Scheider, der mit vielen Runden auf dem Lausitzring gesegnet ist. "Ich war immer ein Fan von ‚wenig Vorbereitungszeit‘. Denn wenn ein Auto nicht perfekt ist, dann sieht man doch Unterschiede, weil der Fahrer da das eine oder andere kompensieren kann." Gerade im Audi-Lager waren es dann auch die erfahreneren Piloten, die vorne landeten. Ist die Viertelstunde also das ideale Trainingsformat? Nicht einmal der Viertplatzierte wollte sich damit anfreunden: "Bitte nicht!", lachte der zweifache DTM-Meister. "Ich habe da so meine Vorstellungen, aber die sehen garantiert nicht so aus!"