Es war der große Knall des Nürburgring-Rennens: In der achten Runde fuhr Robert Wickens seinem Kontrahenten Timo Scheider ins Heck. Der verlor beim Anbremsen der ersten Kurve die Kontrolle über seinen Audi und rutschte ausgerechnet in die Seite seines Markenkollegen Nico Müller, der zu diesem Zeitpunkt der bestplatzierte Fahrer auf Standard-Reifen war. Beide Audi-Piloten schieden aus, Wickens holte als Neunter zwei Punkte. Für die Rennkommissare war schnell klar, dass es sich um einen Rennunfall handelte - es wurde keine Strafe ausgesprochen. Genau das brachte Scheider auf die Palme.

"Wickens hat in einer Situation direkt zwei Autos eliminiert. Ich kann nicht nachvollziehen, dass es dafür keine Untersuchung gibt", klagte Scheider. "Beim besten Willen kann ich das nicht verstehen. Da muss man sich Gedanken machen, ob wir da oben wirklich die richtigen Leute haben." Beim siebten Saisonlauf wurden die Stewards von Bernd Schneider unterstützt, der während seiner aktiven DTM-Karriere für Mercedes fuhr. Insbesondere direkt nach dem Ausscheiden war Scheider außer sich: "Das war so eine dumme Aktion. Anstatt versetzt zu fahren, fährt er hinter mir her und kachelt mir hinten rein. Was für eine saudumme Aktion!"

Vorausgegangen war ein Platztausch der beiden Audi-Piloten. "Wir wollten sehen, ob wir uns gegenseitig helfen können. Soweit kam es aber gar nicht mehr, da Wickens in Kurve eins einen sehr optimistischen Bremspunkt hatte", fasst Scheider die Geschehnisse aus seiner Sicht zusammen. Seinen Boliden musste er nach dem Zusammenprall mit Müller an der Box abstellen. "Das sieht wirklich schlimm aus, die ganze linke Seite ist stark beschädigt. Der Diffusor ist kaputt, vielleicht auch der Motor, weil der Auspuff abgeknickt ist."

Wickens sieht Auslöser bei Scheider

Wie es im Rennsport hinlänglich bekannt ist, gibt es bei Unfällen zumeist zwei Meinungen. So ist sich Wickens keiner Schuld bewusst, sondern schiebt Scheider den schwarzen Peter zu. "Ich bin nach innen gefahren, wo noch Platz war. In der Bremszone hat er dann eingelenkt. Was soll ich da machen? Ich kann mich auch nicht auflösen, also kam es zum Kontakt", schildert Wickens die Situation. "Es war nicht meine Absicht, allerdings kann ich auch nicht damit rechnen, dass er beim Bremsen vor mich fährt. Die Stewards haben es ja auch so gesehen wie ich, denn die Untersuchungen wurden eingestellt."

Nico Müller lag auf Punktekurs, Foto: DTM
Nico Müller lag auf Punktekurs, Foto: DTM

Leidtragender des Zwischenfalls war ohne Zweifel Müller, der keine Chance hatte, den Einschlag von hinten zu vermeiden. "Ich war einfach der nächste, der um die Kurve kommen wollte", berichtet Müller, der bis dahin ein sehr gutes Rennen absolvierte. "Ich habe Timo nicht gesehen, es war ja auch nicht zu erwarten, dass er angeflogen kommt. Es war komplett unerwartet, es hat nur noch geknallt." Mit einem Schaden an der rechten Vorderradaufhängung musste Müller das Rennen wenig später beenden. "Das ist schade, denn wir haben wohl viele Punkte liegen gelassen."