Wie Phoenix aus der Asche. Mercedes lebt - und wie! In Spielberg erzielte Robert Wickens seine zweite Pole Position in dieser Saison und mit Pascal Wehrlein und Christian Vietoris fuhren zwei weitere Mercedes AMG C-Coupés in die Top-8. Es hatte sich angedeutet, dass Mercedes nach teilweise katastrophalen Ergebnissen mit dem Streckenlayout des Red Bull Ring besser zurecht kommen würde, doch das Resultat im Qualifying war doch eine faustdicke Überraschung gewesen.

"Vom Ergebnis her ist das zumindest überraschend gewesen", sagte Audis Rennleiter Dieter Gass. "Eigentlich hatten wir hier mit etwas Ähnlichem wie in Moskau gerechnet, denn im Gegensatz zum Norisring sind wir hier auf einer so genannten normalen Rennstrecke. Aber ich möchte jetzt nicht aus dem Blauen heraus irgendwelche Kommentare abgeben." Während Mercedes in Moskau völlig unterlegen war, trumpften die Sternfahrer auf dem Nürnberger Stadtkurs auf und stellten mit Wickens den Sieger.

Foto: DTM
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Keine Überraschung für Wittmann

Für Marco Wittmann kam die starke Mercedes-Performance hingegen weniger überraschend. "Man hat mit Mercedes rechnen können und müssen", sagte der Meisterschaftsführende. Schon im Training hatte Mercedes aufhorchen lassen und starke Leistungen gezeigt. Wittmann: "Wir hatten die danach schon auf der Rechnung. Auch hier gibt es einige Geraden ähnlich wie am Norisring, wo sie ja auch stark waren."

Selbst Mercedes war leicht verblüfft nach dem starken Ergebnis, das nur durch Paul Di Restas Crash im Training und folgendem letzten Startplatz getrübt wurde. "Unverhofft kommt oft - heute kam es unverhofft", sagte Wolfgang Schattling mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Mit Blick auf das Rennen wollte sich der Mercedes-Sprecher aber nicht zu weit aus dem Fenster lehnen: "Ich bin schon so lange im Geschäft, dass ich nie Prognosen stelle. Wenn ich am Ende grinsen kann, ist es umso schöner, aber warten wir es ab."

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Aufbruchstimmung bei Mercedes

Zumindest sah Schattling seine Truppe vor dem sechsten Rennen des Jahres gut aufgestellt. "Wir werden sicherlich mit einer guten Strategie ins Rennen gehen", meinte er. "Das haben wir bei den letzten Rennen auch gemacht, da hat es aber an Speed gemangelt. Insofern bin ich guten Mutes." Aufbruchstimmung bei Mercedes, die sich nun mit Bob Bell und Michael Wilson Know-how aus der Formel 1 ins Boot geholt haben. Vietoris nach einem endlich wieder einmal gelungenen Tag: "Es geht bergauf. Schönes Gefühl, ein Auto zu haben, mit dem man auch im Qualifying kämpfen kann."

Es gibt einige Gründe und Vermutungen, warum Mercedes an diesem Wochenende in Österreich so stark auftrumpft. Motorsport-Magazin.com zeigt einige mögliche Ursachen auf.

Die Strecke

Drei lange Geraden, harte Bremszonen und wenige Kurven - Vietoris hatte Spielberg schon in Moskau als Mercedes-Land bezeichnet. Zwar gilt der Red Bull Ring als normale Rennstrecke, und doch ist das Layout mit gerade einmal neun Kurven ziemlich unüblich. "Weniger Kurven helfen uns", bestätigte Pole-Setter Wickens. "Auf den Geraden sind wir nicht langsam und auf der Bremse zudem stark. Außerdem hat die Strecke Bodenwellen, das hilft uns wohl. Ich versuche auf jeden Fall, den Sieg zu holen."

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Das Gewicht

Die Mercedes-Fahrer haben in Spielberg die leichtesten Autos im Feld. Am krassesten fallen die Unterschiede zwischen Daniel Juncadella und Vitaly Petrov im Vergleich zu Marco Wittmann aus. Die Mercedes-Boliden wiegen 17,5 Kilo weniger als der schwere BMW mit seinem Erfolgsballast. "Die haben wesentlich weniger Gewicht als wir, und das ist in den Bergaufpassagen ausschlaggebend", sagte Wittmann. Unterstützung von Dieter Gass aus dem Audi-Lager: "Natürlich hat das Gewicht einen Einfluss. Speziell, wenn die Zeitabstände so gering sind wie hier."

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Der Wickens-Faktor

Robert Wickens war schon am Norisring eine absolute Macht gewesen. Im Qualifying von Spielberg trumpfte der Kanadier erneut auf und schnappte sich die dritte Pole seiner DTM-Karriere. Für Schattling keine Überraschung. "Robert ist ein Super-Talent", sagte er. "Nicht umsonst hat er in der Renault World Series Talente wie Ricciardo und Vergne hinter sich gelassen. Warum sollte er hier schlechter aussehen als das, was er in der Vergangenheit gezeigt hat?" Wickens cool: Selbst nach seinem Fehler im Q3 behielt er die Nerven und trotzt der starken BMW-Konkurrenz.

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Die Weiterentwicklung?

Mercedes darf das Auto bis Ende September zusätzlich homologieren, nachdem der Saisonstart ziemlich verpatzt war. Wann genau die Stuttgarter ihre finale Version des C-Coupé präsentieren, ist noch unklar. Mit hoher Wahrscheinlichkeit lässt sich Mercedes allerdings noch Zeit, in Spielberg dürfte es keine großartigen Veränderungen gegeben haben. Mattias Ekström konnte sich eine kleine Spitze aber nicht verkneifen: "Mercedes spielt in einer eigenen Kategorie, oder? Die spielen in der Freie-Entwicklungs-Kategorie und wir in der eingefrorenen. Es gibt immer etwas, das man machen kann. Alle denken ja, dass es eingefroren ist... wenn ich Sportkommissar wäre, wäre es richtig eingefroren!"