Nein, er ist wahrlich kein Selbstdarsteller und man muss ihn einfach mögen: Robert Wickens steht auch nach der sensationellen Runde, die ihm die Pole Position auf dem Red Bull Ring einbrachte, mit beiden Beinen fest auf dem Boden. Soeben hat er Mercedes auf einer "normalen" Strecke (also nicht dem Norisring) nach den völlig desolaten Vorstellungen im Trockenen in der ersten Saisonhälfte wieder zurück ins Geschäft gebracht, womit niemand gerechnet hätte. Doch statt abzuheben beantwortete er wie schon am Norisring professionell alle Fragen. Norbert Haug zeigte sich von dieser Bodenständigkeit tief beeindruckt.

So war dann der erste Satz auch gar keine Überraschung: "Ich bin einfach nur um die Strecke gefahren und dann war es die Pole." So eine Abgebrühtheit hat man selten gesehen: In seinem ersten Anlauf drehte er sich zunächst wie schon am Vormittag in Turn 8 und musste die Box ansteuern, um die Kühlöffnungen reinigen zu lassen. Ganz spurlos ging es aber trotzdem nicht an ihm vorbei: "Auf jeden Fall haben die Dreher mich beeinflusst, Turn 8 ist sehr schnell und anscheinend habe ich da einige Probleme - heute habe ich mich dort gleich zweimal gedreht. Aber ich wusste, was ich falsch gemacht habe und habe an mich und das Auto geglaubt."

Insgesamt war es ein Tag mit Höhen und Tiefen: Wickens war schnell, hatte aber auch diese zwei Dreher. Den Schlüssel sieht er in kontinuierlichen Verbesserungen: "Wir waren den ganzen Tag schnell, aber bis zum Quali weiß man nie, wo man wirklich steht. Wir haben den ganzen Tag Fortschritte erzielt, das hat heute den Unterschied ausgemacht. Das Qualifying lief nicht von Anfang an gut, am Ende wurde es eng, aber ich bin happy, auf Pole zu stehen." Nach dem Norisring war es bereits die zweite Quali-Bestzeit der Saison für den Kanadier.

Wiederauferstehung? Wickens dämpft Erwartungen

Besser als Wickens konnte man die Mercedes-Wiederauferstehung nicht inszenieren: Seit dem ersten Training sind die Sternenfahrer voll bei der Musik. "Wenige Kurven helfen uns", lachte der 25-Jährige in Anbetracht der einstelligen Kurvenzahl der österreichischen Strecke, erklärte dann aber genau, woran es seiner Meinung nach liegt: "Auf den Geraden sind wir ja nicht gerade langsam und stark auf der Bremse waren wir auch immer. Dazu hat die Strecke Bodenwellen, das hilft uns wohl. Wir machen Fortschritte, müssen aber Rennen für Rennen sehen, wie gut wir sind. Moskau war ja nicht einfach."

Und dieses Rennen? Kann Wickens die Pole wie schon in Nürnberg in einen Sieg ummünzen? Versuchen will er es jedenfalls: "Ich werde versuchen, den Sieg zu holen, es kann aber alles passieren. Es kann heiß werden oder regnen. Ich habe freie Sicht nach vorn und will einen guten Start machen. Ich habe die Pole heute echt nicht erwartet, aber das motiviert mich für den Rennsieg." Bereits unmittelbar nach dem Qualifying hatte er bereits klargemacht, dass er an einem spannenden Rennverlauf kein Interesse hat.