Egal wo man sich im Fahrerlager umhörte, immer wieder hörte man die gleichen Aussagen. "Mercedes war am Norisring schon immer stark." Das verwundert kaum, denn immerhin war und ist Mercedes auf dem Stadtkurs in Nürnberg seit 2003 ungeschlagen. Und selbst nach den beiden Pleiten in Hockenheim und auf dem Hungaroring lief es für Mercedes wieder wie am Schnürchen: Robert Wickens fuhr mehr als 20 Sekunden Vorsprung heraus uns gewann am Ende mehr als deutlich.

Robert Wickens hängte die Verfolger ab, Foto: DTM
Robert Wickens hängte die Verfolger ab, Foto: DTM

Da störte es auch nicht weiter, dass es ein paar Kollateralschäden gab. Di Resta? Schon vor dem Start abgeräumt. Pascal Wehrlein? In der Schlussphase aufs Korn genommen. Gary Paffett? Von Erzfeind Tomczyk umgedreht. Christian Vietoris? Radmutter verloren. "Ohne diese Zwischenfälle hätten wir, ähnlich wie im Qualifying, ein noch stärkeres Mannschaftsergebnis erzielen können. So enttäuschend diese unverschuldeten Positionsverluste für uns sind, so zufrieden können wir mit dem Ergebnis sein", freute sich Wolfgang Schattling über den Sieg seines Schützlings.

Aber war das nun nur eine Norisring-Eintagsfliege? Davon geht zumindest DTM-Routinier Gary Paffett aus. "Das hier ist niemals ein Zeichen dafür, was wir in den nächsten Rennen erleben werden. Wir werden in Moskau nicht so konkurrenzfähig sein, das wird eher wie in Budapest", warnt Paffett vor der nahen Zukunft. "Wir haben zwar ein Fenster für die Weiterentwicklung des Autos, aber das wird noch nicht in Moskau der Fall sein."

Weiterentwicklung bei Mercedes: Fair oder nicht fair?

Bruno Spengler hat jedenfalls Mitgefühl mit seinen ehemaligen Kollegen. "Ich finde es nicht unfair. Weil sie solche Schwierigkeiten haben ist es fair, dass sie Weiterentwickeln dürfen", so der BMW-Mann. Spengler glaubt nicht, dass Mercedes schon in Nürnberg mit neuen Teilen unterwegs war. "Hier waren sie ja immer gut."

Einer im Fahrerlager will von diesen Geschichten aber rein gar nichts hören: Mattias Ekström. "Viele Leute haben mich gefragt, wie das mit Mercedes sein kann. Was soll ich denen denn sagen? Ich kann die Fans nicht anlügen. Die Leute reden schlecht über unsere Meisterschaft, wenn alle nur sagen 'die sind hier schon immer gut gewesen'. Das sage ich meinen Fans nicht in die Augen, man muss ihnen die Wahrheit sagen!" Und wie sieht die Wahrheit aus?

"Mercedes liegt die ganze Zeit zurück und hier sind sie auf einmal vorne, weil sie Teile wechseln durften", bezieht Ekström klar Stellung. "Das kann man alles nachvollziehen, allerdings muss man es den Leuten auch sagen. Wenn wir die Leute auf der Tribüne verarschen wollen, schaut uns schon bald keine mehr zu." Gleichzeitig erinnert sich Ekström an die Saison 2012, als Audi in den ersten Rennen strauchelte und man den Ingolstädter eben nicht unter die Arme griff.

"Wenn jemand am Boden liegt und blutet, dann tritt man nicht mehr nach. Ich glaube aber nicht, dass sie 2012 so lieb zu uns waren. Da hatte mit uns auch keiner Mitleid, als wir irgendwo rumgeeiert sind", blickt der zweifache DTM-Champion zurück. "Auf der Strecke sieht das alles toll aus, aber es hat einen bitteren Beigeschmack."