Herr Marquardt, schon vor dem DTM-Finale steht Mike Rockenfeller vorzeitig als DTM-Champion fest. Wie beurteilen Sie seine Leistung?
Jens Marquardt: Mike Rockenfeller war über den Saisonverlauf aufgrund seiner Konstanz nur sehr schwer zu schlagen. Er hat von Saisonbeginn an in jedem einzelnen Lauf gepunktet – und ist auch in Rennen, in denen er eine schwierige Ausgangssituation hatte, sehr klug und überlegt gefahren. Audi, das Phoenix-Team und ‚Rocky‘ haben 2013 einfach eine ganz starke Vorstellung abgeliefert. Und deshalb gratuliere ich im Namen von BMW Motorsport herzlich zum Titelgewinn. Außerdem ist ‚Rocky‘ ein äußerst sympathischer Rennfahrer. Deshalb gönnen ihm den Titel im DTM-Fahrerlager ganz besonders viele.

Haben Sie daran geglaubt, dass Augusto Farfus Rocky noch abfangen kann?
Marquardt: Gehofft habe ich es natürlich bis zum Schluss. Augusto ist in meinen Augen aktuell der Mann der Stunde. Das BMW Team RBM und er haben in der zweiten Saisonhälfte eine fantastische Serie hingelegt. Vier Podestplätze und zwei Siege hintereinander sind eine beeindruckende Bilanz. Augusto hat das Maximum herausgeholt und den Druck aufrechtgehalten. Doch auch ‚Rocky‘ hat sich keine Blöße gegeben und den Titel in Zandvoort souverän und cool unter Dach und Fach gebracht. Er hat in jedem Rennen gepunktet, Augusto hatte drei Nuller. Das hat letztlich den Ausschlag gegeben. Diese Leistung erkennen wir neidlos an.

Wie fällt Ihr Fazit zum bisherigen Saisonverlauf im Allgemeinen aus?
Marquardt: Die zweite Saison nach unserem Wiedereinstieg war bisher die erwartet schwierige. Wir haben mit großartigen Resultaten begonnen, wie etwa beim Doppelsieg in Hockenheim oder beim historischen Dreifach-Triumph in Spielberg. Danach folgte eine schwierige Phase – aus der wir uns nach und nach wieder herausgekämpft haben. Insbesondere die Ergebnisse von Augusto zeigen, dass wir in der zweiten Saisonhälfte immer stärker geworden sind. Dennoch haben wir pro Rennen 2013 im Schnitt gut 35 Punkte geholt. 2012 waren es zum selben Zeitpunkt drei Zähler weniger. Aber: Die Leistungsdichte in der DTM ist noch einmal höher geworden. Und deshalb muss es unser Anspruch sein, mannschaftlich noch kompakter aufzutreten und auch in der Breite gute Resultate einzufahren. Das ist unser Ziel für das noch ausstehende Rennen und auch für die Saison 2014.

Viele sind nach der vergangenen Saison und den guten ersten Rennen von einem Durchmarsch von BMW ausgegangen. Wo machen Sie die Gründe für die Schwierigkeiten in diesem Jahr fest?
Marquardt: Es gab zu Saisonbeginn einige Änderungen, die sich signifikant ausgewirkt haben. DRS und Optionsreifen sorgten für turbulente Rennen und teils schwer einschätzbare Rennverläufe, insbesondere in der frühen Phase der Saison, als sich beides noch nicht recht einschätzen ließ. Das verkürzte Rennformat lässt wenig Raum für Optimierungsschleifen. Wer im freien Training kein optimales Set-up findet, hat im Qualifying keine Chance auf einen vorderen Startplatz. Zuletzt lagen im Zeittraining in Zandvoort beispielsweise zwischen Platz eins und Platz 22 lediglich acht Zehntelsekunden. Und wer ganz hinten startet, für den ist es trotz Strategiemöglichkeiten fast unmöglich, nach vorne zu fahren. Ebenfalls ein Faktor: Wir haben unser Engagement ausgeweitet und sind seit dieser Saison mit mittlerweile vier Teams und acht Fahrzeugen am Start. Natürlich mussten wir dazu intern einiges anpassen und solch eine neue Struktur muss sich dann auch erst einmal wieder einspielen.

Wie lauten Ihre Ziele für das verbleibende Rennen?
Marquardt: In Hockenheim sind jetzt noch zwei Titel zu vergeben. Den Titel des besten Rookies in der DTM hat Marco Wittmann bereits sicher. In der Hersteller- bzw. der Teamwertung fehlen BMW und dem BMW Team RBM jeweils nur wenige Punkte zu Platz eins. Unser Hauptaugenmerk liegt nun darauf, nach dem Rennen in Hockenheim möglichst in beiden Klassements ganz oben zu stehen. Dafür werden alle mit Hochdruck arbeiten – ganz gleich ob bei BMW Motorsport oder bei unseren Teams. In der hart umkämpften DTM ist der Herstellertitel von sehr hoher Bedeutung.

Was macht Sie zuversichtlich, dass Sie in Hockenheim wieder einen Titel zu feiern haben?
Marquardt: Unsere Formkurve zeigt nach dem Tal zur Saisonmitte wieder nach oben. Wir wollen nach zuletzt zwei Siegen in Folge auch beim Finale noch einmal ein Top-Ergebnis erreichen. Jeder im Team ist top-motiviert. Außerdem liegt uns Hockenheim. Natürlich nimmt sich auch die Konkurrenz einen guten Saisonabschluss vor. Schließlich geht es noch um eine ganze Menge. Deshalb steht schon jetzt fest, dass sich die Fans in Hockenheim auf ein erneut fesselndes Finale freuen können – auch wenn der Fahrertitel schon vergeben ist. Ich kann nur alle einladen, am 19. und 20. Oktober an die Rennstrecke zu kommen. Die Atmosphäre beim Saisonfinale ist immer einzigartig – und wir freuen uns darauf.