Das erste Qualifying der DTM auf russischem Boden brachte gleich mehrere Aufreger mit sich: Zunächst waren es die vielen Zeiten, die nachträglich aberkannt wurden. Die flachen Kerbs luden förmlich dazu ein, die Streckenlimits bis an das Äußerste auszutesten, nicht selten ging es auch über das Limit hinaus. Wenn es nicht in der Leitplanke endete wie bei Roberto Merhi, schritt die Rennleitung ein: Die Zeiten wurden gestrichen.

Roberto Merhi konnten die aberkannten Rundenzeiten am Ende egal sein, Foto: DTM
Roberto Merhi konnten die aberkannten Rundenzeiten am Ende egal sein, Foto: DTM

Merhi wurden so in Q1 gleich drei Runden gestrichen, großartig beschweren konnte er sich aber nach seinem Abflug nicht mehr. Dafür sprang Markenkollegen Daniel Juncadella ein: "Die haben meine Rundenzeit in Q3 gestrichen weil ich in Turn 1 zu draußen war? Und Q4 wurde gecancelled. Was für ein Spiel ist das?", fragte er verärgert. Aber auch weiter vorne wurde um jeden Zentimeter gestritten. "Meine P5-Rundenzeit aus Q2 wurde 'for not respecting track limits' in Kurve eins gestrichen... Schwer zu glauben, aber es ist tatsächlich so", regte sich Adrian Tambay auf.

Noch kurioser: Der Fall von Pascal Wehrlein. Der 18-Jährige erklärt: "Ich bin eine schnelle Runde gefahren und war sicher, dass ich nicht neben der Strecke war, sondern in der Runde danach, in der ich einen Fehler gemacht habe. Die Rennleitung dachte jedoch, das wäre in meiner schnellsten Runde gewesen und hat die Zeit gestrichen." Anschließend beschwerte er sich bei der Rennleitung und bekam seine Zeit wieder zurück.

"Dann war es chaotisch, denn ich war schon ausgestiegen und die Reifen lagen ohne Heizdecken wieder in der Ecke. Wenn die Reifen nicht vorgewärmt sind, ist das kein Vorteil", polterte er und legte nach. "Es wäre deutlich mehr drin gewesen." Nachdem endlich geklärt war, wer in Q3 vorrücken durfte und wer nicht, kam die nächste Meldung: Nach dem Qualifying wird es kein offizielles Resultat geben, die Zeitmessung auf der neuen Strecke sorgte für Probleme.

Es geht nicht kurioser? Doch: Ungeachtet der nicht einwandfreien Zeitnahme, fuhren die Piloten um den Einzug ins vierte Qualifying-Segment. Was dann folgte, ist wohl einmalig in der Motorsport-Geschichte. Weil Russlands Staatspräsident Vladimir Putin offenbar just zu dieser Zeit mit seiner Tupolev im Luftraum des Raceway unterwegs war, wurde dieser umgehend gesperrt. Die Folge: Der Rettungs-Helikopter konnte nicht mehr starten, Q4 musste ausfallen.

"Andere Länder, andere Sitten", kommentierte Mike Rockenfeller die Vorkommnisse amüsiert, schließlich erhielt er somit die Pole Position. Weniger begeistert zeigte sich verständlicher Weise Bruno Spengler, der seinen vierten Rang aus Q3 nicht mehr verbessern konnte. "Zufrieden bin ich so jedenfalls nicht. Es wäre durchaus möglich gewesen, noch etwas weiter nach vorne zu kommen." Mattias Ekström nahm es nach den Vorkommnissen der letzten Wochen mit Humor. "Mich überrascht momentan gar nichts mehr."

"Wir sind natürlich über die erste Startreihe bei der Russland-Premiere der DTM sehr glücklich - auch wenn es sich ein bisschen anfühlt wie 'unfinished busines', da wir Q4 nicht fahren konnten", gab Dieter Gass, Leiter DTM bei Audi, Einblicke in seine Gemütslage. Audi Motorsportchef Dr. Wolfgang Ullrich nahm das Geschenk natürlich dankend an: " Die Sicherheit der Fahrer geht ganz klar vor. Deshalb war es nur konsequent, das Qualifying nach Q3 zu beenden, nachdem der Rettungshubschrauber keine Starterlaubnis mehr hatte."

"Verrücktes Qualifying mit einem glücklichen Ausgang für uns", gestand Ernst Moser, Teamchef von Mike Rockenfeller ein. Aus der Beobachter-Rolle konnte Mercedes die Geschehnisse rund um das letzte Qualifikations-Segment genießen. "Die Absage des vierten Qualifying-Abschnitts war sicher kurios, aber sie hat uns auch nicht betroffen, da keiner unserer Fahrer den Sprung ins Q4 geschafft hat", analysierte Wolfgang Schattling mit einem weinenden und einem lachenden Auge die Situation.