Normalerweise freut sich wohl niemand darüber, im Stau zu stehen, doch Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff fand auf dem Weg zum Red Bull Ring Gefallen daran. "Spielberg ist für die DTM das Highlight der Saison und das spürt man auch. Mich hat es heute Morgen gefreut, zu einem Rennen mal wieder im Stau zu stehen. Das zeigt, dass es hier ankommt und das an einem Qualifying-Tag", bemerkte er. "Die DTM ist an sich unheimlich attraktiv und sie hat in den letzten Jahren attraktives Racing bewiesen. Mit BMW sind jetzt drei Premium-Marken dabei, die sich nichts schenken. Das ist auch für den Zuschauer hochattraktiv."

Für Mercedes läuft es in dieser Saison allerdings noch nicht richtig rund. Auch in Spielberg musste man nach dem Freien Training im Tableau lange suchen, ehe man mit Daniel Juncadella auf Rang 15 den ersten Fahrer der Stuttgarter fand. "Es ist für uns im Moment zäh", gestand Wolff. "Das Level ist sehr hoch." Noch sei die Qualifikation aber nicht bestritten und in einem trockenen Rennen könne man erkennen, ob es irgendwo hapert. "Es ist hier kein Zuckerschlecken."

Nichts zu verschenken

Ob es trocken wird, weiß im Moment allerdings noch niemand, denn die Wettervorhersagen sind nicht klar genug, wie auch Wolff betont. "Man fährt mit Regenabstimmung im Qualifying", erläuterte er die Herangehensweise. "Ich glaube, es wird niemand ein reines Regen- oder Trockensetup fahren, es wird immer einen Kompromiss geben."

Daniel Juncadella war im Training bester Mercedes-Pilot., Foto: RACE-PRESS
Daniel Juncadella war im Training bester Mercedes-Pilot., Foto: RACE-PRESS

Für die derzeitige Schwäche der Autos mit dem Stern, die sich vor allem auf das Zeitfahren am Samstag bezieht, gibt es seiner Ansicht nach keinen Grund anzunehmen, dass dies auf Nachteile in Bezug auf den Motor, das Fahrwerk oder die Aerodynamik zurückzuführen ist. "Es ist eine Summe von kleineren Komponenten. Es geht so eng zu - ich bin relativ optimistisch, dass wir heute 22 Autos in einer Sekunde sehen werden, wenn es trocken bleibt. Und das auf eineinhalb Minuten Fahrzeit! Das zeigt, dass man hier nichts zu verschenken hat."

Die Frage, ob es ein Stuttgarter in die Top-10 schaffen wird, bezeichnet er als "Wahnsinn". "Normalerweise müssten wir dazu in der Lage sein, aber es geht auch darum, wie man sich für morgen aufstellt und wie man das morgige Wetter interpretiert. Das beherrscht natürlich auch den Speed auf eine Runde", betonte er.

Qualifying nicht mehr so beherrschend

Bereits in Brands Hatch war gemunkelt worden, dass Mercedes sich bei der Abstimmung vor allem auf das Rennen konzentrierte. Denn im Rennen gelang Piloten wie Pascal Wehrlein eine deutliche Steigerung im Vergleich zu ihrer Startposition. Wolff räumte ein, dass die Strategie das eine oder andere Defizit kaschierte. "Das Fehlen des Boxenstoppfensters ermöglicht Rennen, die es so früher nicht gab. Das hat zur Folge, dass wenn man im Qualifying auf ein Rennsetup setzt, es einem durchaus Vorteile bringen kann. Es ist nicht mehr so wie früher, als das Qualifying das Rennergebnis sehr stark beherrscht hat - das ist die good news. Von der Performance her müssen wir uns im Moment ziemlich strechten."

Ein beherrschendes Thema in Brands Hatch war zudem das Abschleppmanöver von Augusto Farfus' Boliden. Die Rennleitung verzichtete auf einen Safety-Car-Einsatz und ließ den BMW quer über die Start-Ziel-Gerade ziehen. "Das war mit Sicherheit nicht richtig", stellte Wolff klar. "Wir sind uns alle einig, dass es sehr tumultös zugegangen ist." Die Entscheidung sei "im Gefecht gefallen" räumte er ein. "Das würde man so nicht mehr machen." Im Nachhinein sei darüber diskutiert worden, seiner Ansicht nach müsse im Zweifelsfall das Safety Car auf die Strecke kommen. "Es gab angeblich links vor ihm eine Gasse, wo man ihn hätte rausziehen können. Aber die Summe der Entscheidungen war beeinflusst durch den Tumult, durch die Action."