1. - Wie kam Wickens aufs Podium?

"Es ist ein Wunder", jubelte Robert Wickens nach seinem ersten Podiumsplatz in der DTM. Doch vielmehr war es eine strategische Meisterleistung von Mercedes, dass der Kanadier von Startplatz 13 so weit nach vorn kam. Wickens startete auf den Option-Reifen und hatte keine großen Probleme, schnell seine drei Vordermänner zu kassieren, die sich allesamt für den Standard-Reifen entschieden hatten. Der zweite Stint lief dann perfekt für den Mercedes-Junior, auf der harten Mischung blieb er nicht nur lange draußen, sondern konnte auch die Pace seiner Option-Gegner halten. Im zweiten Stint verbesserte er sich bis auf Rang vier. Der zweite Boxenstopp klappte abermals perfekt und so überquerte er die Ziellinie als Vierter.

Als dann der Ausruf kam, dass Wickens auf dem Podium vermisst werde, traf ihn erst einmal der Schlag. "Ich war mir zuerst gar nicht sicher, ob ich wirklich gemeint war. Ich war mitten in einem Interview", erzählte er. "Aber sie haben mir gesagt, dass ich zur Siegerehrung soll. Da musste ich noch einen Sprint einlegen." Gary Paffetts 5-Sekunden-Strafe nach Rennende, die ihn das Podium kostete, tat Wickens zwar leid, doch mehr freute er sich über das unverhoffte Resultat in Brands Hatch. Die letzte Hürde, also den Sprint aufs Treppchen, meisterte er dann auch noch souverän. "Ich wollte nicht mehr laufen, ich war gerade erst 98 Runde gefahren", sagte er noch mit einem breiten Grinsen im Gesicht.

2. - Wieso wurde Paffett nach dem Rennen bestraft?

Eigentlich hatte sich Gary Paffett schon auf den Gang aufs Podium erfreut, dann zerschlug eine nachträgliche 5-Sekunden-Strafe seine Träume vom Husarenritt in Brands Hatch. Der Grund für die unerwartete Bestrafung: Während einer Gelbphase war Paffett zu schnell, obwohl er eigentlich seine Sektorenzeit um eine halbe Sekunde im Vergleich zur vorigen Runde hätte verlangsamen müssen. Der Mercedes-Pilot zeigte sich verständlicherweise nicht als Anhänger der neu eingeführten Strafregelung. "Das ist eine dumme Regel", schimpfte Paffett im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com. "Das ist keine sichere, sondern eine gefährliche Regel. Das ist einfach unmöglich zu wissen mit dieser halben Sekunde. "

Paffett blickt ungläubig auf das Rennergebnis, Foto: DTM
Paffett blickt ungläubig auf das Rennergebnis, Foto: DTM

3. - Warum schied Farfus aus?

Runde 65, Tatort: Start/Ziel-Gerade. Augusto Farfus hat ein Problem. Der dritte Gang steckt fest, er fällt von Platz zwei weit zurück und eiert Richtung Start/Ziel. Dann stellt er seinen M3 ungünstig halb auf der Strecke ab statt in die Box abzubiegen. Das Problem: In diesem Moment setzt auch noch sein Teamfunk aus und so kann er nicht hören, dass ihn BMW eigentlich in die Boxengasse beorderte. Bitter für den Hockenheim-Sieger. Die Abschleppaktion wird dann zur Farce, weil die Rennleitung darauf verzichtet, das Safety Car auf die Strecke zu schicken. Der Abschleppwagen, mit Farfus' Auto im Schlepptau, biegt gerade so von der Strecke ab, als ein Pulk an DTM-Autos mit recht hohem Speed die Start/Ziel-Gerade passiert.

Danach Aufregung pur im Fahrerlager und Unverständnis angesichts der äußerst diskutablen Entscheidung. So auch Timo Scheider im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com: "Das ist eine Katastrophe. Ich dachte immer, England sei die Heimat des britischen Motorsports. So etwas darf nicht passieren, das kann schlimme Verletzungen geben. Ich will mir gar nicht ausmalen, was da hätte passieren können." Filipe Albuquerque steckte auch in dem Pulk Autos, der auf den Abschleppwagen zusteuerte. Der Audi-Pilot: "Wir mussten raten, ob es reichte, das Gas wegzunehmen. Wenn es einen gefährlichen Zwischenfall gibt, muss man das Safety Car bringen und nicht einfach nur unter gelben Flaggen fahren."

4. - Wieso waren Glock und Tomczyk sauer auf Merhi?

Roberto Merhi sammelte in Brands Hatch bei den etablierten Piloten keine Pluspunkte. Sowohl Timo Glock als auch Martin Tomczyk beschwerten sich über die grenzwertige Fahrweise des Mercedes-Piloten, denn nach Duellen mit dem Spanier kamen sie von der Bahn ab und verloren viel Zeit. "Er hat mich schon nach ein paar Runden von der Strecke gedrückt, dadurch habe ich vier bis fünf Positionen verloren", erzählte Glock bei Motorsport-Magazin.com.

Der ehemalige Formel-1-Pilot ging mit dem Spanier hart ins Gericht, da er jegliche Selbstkritik vermissen lassen habe. "Er hat einfach null Ahnung. Er ist nicht qualifiziert in der DTM Auto zu fahren - er gehört nicht hier hin", schäumte Glock und legte nach: "Komischerweise ist er in fast jeden Crash involviert. Ich wäre an seiner Stelle vorsichtig. Es gibt einige Fahrer, die nicht zögern würden, ihn in die Mauer zu schicken."

5. - Was für ein Technik-Problem hatte Rockenfeller?

Mike Rockenfeller fuhr in Brands Hatch zu einem souveränen Start/Ziel-Sieg und stand damit zum zweiten Mal in seiner DTM-Karriere ganz oben auf dem Podium. Er konnte das Rennen locker kontrollieren und geriet nie in Schwierigkeiten. Ein Problem gab es dann aber doch: An Rockenfellers A5-Bolide fiel schon nach wenigen Runden der Transponder aus, der Daten aus dem Auto an die Zeitnahme und den Kommandostand übermittelt. Deshalb mussten die Fernsehzuschauen auf die Standings-Einblendungen verzichten und im Live-Timing wurden keine Sektorenzeiten sowie Boxenstopps hinter Rocky Name angezeigt.

Strahlender Sieger: Mike Rockenfeller, Foto: Audi
Strahlender Sieger: Mike Rockenfeller, Foto: Audi

Da der Audi-Pilot, der nach seinem Triumph direkt zu den 24 Stunden am Nürburgring jettete, aber sowieso nichts anbrennen ließ und jederzeit klar war, dass ihm der Sieg nur durch einen besonderen Zwischenfall genommen werden konnte, hielt sich der mediale Schaden in Grenzen. Für Rockenfeller selbst war der Ausfall sowieso kein Thema: "Das Team erzählte es mir nach dem Rennen. Für mich machte es keinen Unterschied, da ich meine Rundenzeiten sehen konnte."

6. - Warum war Mercedes im Rennen so viel stärker als im Qualifying?

Nach dem Qualifying deutete viel auf ein Debakel für Mercedes hin: Gary Paffett als bester C-Coupé-Fahrer auf Startplatz elf, der Rest weit dahinter. Dann die Überraschung: Vier der sechs Mercedes-Piloten schafften es in die Punkte, Wickens sogar auf das Podium. Viele rätselten, woher die scheinbar plötzliche Leistungssteigerung kam. Toto Wolff bezeichnete es gar als Wunder. Doch schon nach dem Zeittraining war klar, dass Mercedes die Autos eher auf das Rennen abgestimmt hatte und am Samstag eher konservativ zu Werke ging. Das sollte sich jedoch auszahlen, denn im Renn-Trim waren die Stuttgarter der Konkurrenz meist überlegen, zudem kamen sie extrem gut mit beiden Reifenmischungen zurecht.

Von einem Wunder über Nacht kann jedoch nicht die Rede sein, aufgrund der neuen Parc-fermé-Regelung dürfen die Autos nach dem Qualifying nicht mehr verändert werden. "Also ist klar, dass unser Auto auf einer schnellen Runde noch nicht so gut ist", erklärte Paffett. "Vielleicht bekommen wir die Reifen da nicht so gut ans Arbeiten." Das Wetter könnte eine Rolle gespielt haben, so warm wie am Rennsonntag war es seit Ewigkeiten nicht mehr in Hockenheim - Stichwort: Reifen-Management. "In Hockenheim war es im Rennen auch wärmer als an den Tagen davor und auch da hatten wir eine gute Pace", so Paffett. "Aber es reicht nicht, wenn man im Rennen zwar ein gutes Auto hat, im Qualifying aber immer nur im Mittelfeld landet."

7. - Wieso verpatzte Hand mal wieder den Start?

Joey Hand und die Start-Prozeduren: Noch sind beide keine Freunde in dieser Saison. Bitter, denn für den BMW-Piloten war in Brands Hatch durchaus das Podium drin. Doch von Startplatz 3 verpatzte es der US-Boy und fiel noch vor der ersten Kurve um drei Positionen zurück. "Ich war ein bisschen schüchtern nach dem Erlebnis in Hockenheim, als ich das Auto abwürgte", so Hand im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com. "Deshalb ging ich diesmal weicher mit der Kupplung um. Das war aber eigentlich keine Absicht." Beim Saisonauftakt hatte Hand seinen Boliden abgewürgt und damit noch Markenkollege Martin Tomczyk in die Bredouille gebracht. Immerhin: Mit Platz 5 feierte Hand das bislang beste Resultat seiner DTM-Karriere.