Wen siehst Du dieses Jahr als Hauptkonkurrenten und wer sind für Dich in der neuen Saison die Favoriten?
Filipe Albuquerque: Ich glaube alle! Ich habe mich zum Beispiel mit Mattias Ekström unterhalten und wir haben beide gesagt: Wer bei Audi intern die Nase vorne hat, ist noch überhaupt nicht abzusehen. Alle sind sehr, sehr schnell und gut - das ist ein bisschen eine verrückte Situation. Was die anderen zwei Hersteller betrifft, weiß ich es auch nicht, denn da müssen wir mindestens das erste Rennen abwarten, um zu sehen, wie ihre Schritte bei der Evolution aussehen.

BMW hat sicher ein starkes Auto, sie waren letztes Jahr schon sehr schnell und haben das noch dazu ziemlich leicht aussehen lassen. Spannend wird es bestimmt auch bei Mercedes, die ja mit vielen Rookies antreten. Ich glaube aber trotzdem, dass sie schnell sein werden, auch sie haben ein gutes Auto. Der Wettbewerb wird dieses Jahr also sehr eng und hart.

Mit Timo Glock hat die DTM einen Ex-Formel-1-Fahrer hinzugewonnen. Was ist ihm trotz mangelnder Erfahrung mit geschlossenem Dach in seinem Debütjahr zuzutrauen?
Filipe Albuquerque: Er ist ein sehr guter Fahrer. Wir sind sogar schon einmal in der GP2 gegeneinander gefahren, wenn auch nur zwei Rennen. Das war 2007 und damals hat er die Meisterschaft gewonnen. Man konnte auch jetzt bei den Tests wieder sehen, wie schnell er sein kann. Ich glaube, dass er trotz seiner mangelnden DTM-Erfahrung durchaus zu einem großen Konkurrenten für alle anderen werden kann.

Schon im Cockpit: Albuquerque kann den Auftakt kaum noch erwarten, Foto: Audi
Schon im Cockpit: Albuquerque kann den Auftakt kaum noch erwarten, Foto: Audi

Zuletzt hatten die Leute, die aus dem Formelsport in die DTM kamen aber doch ihre liebe Mühe, vorne mitzufahren - als Beispiel kann man Ralf Schumacher, Robert Wickens und auch Roberto Merhi zu nennen...
Filipe Albuquerque: Merhi darf man nicht unterschätzen, er ist ein verdammt schneller Pilot. Und mit einem besseren Team kann er nun nach seinem Wechsel zu HWA sicher auch noch mehr ausrichten. Er ist allerdings auch noch sehr jung und ein bisschen verrückt, manchmal zu wild - für eine schnelle Runde sind das aber schon einmal gute Komponenten. Wickens kenne ich aus dem Red-Bull-Juniorenteam. Er ist ein sehr kompletter Fahrer und hat sich ja auch letztes Jahr in seiner Rookiesaison schon stark geschlagen.

Ich glaube, er wird Mercedes weiterhelfen. Neben Paffett und Vietoris haben sie dann noch zwei komplette Neulinge. Pascal Wehrlein kenne ich noch nicht so gut. Er ist natürlich noch sehr, sehr jung aber auch schnell, da bin ich mir sicher. Was Daniel Juncadella betrifft, muss man sagen, dass er die Strecken schon sehr gut aus seinen Jahren in der F3 Euro Series kennt. Das konnte man zum Beispiel auch bei Edoardo Mortara beobachten, als er damals in die DTM aufgestiegen ist - das war was das betrifft schon fast leicht für ihn.

Ein anderes Thema, das im Moment im Motorsport nach wie vor hohe Wellen schlägt, sind Stallordern... nicht zuletzt auch auf Grund von Red Bulls Aktion in Sepang. Was hältst Du von der ganzen Angelegenheit?
Filipe Albuquerque: Wenn man das von außen sieht, ist es natürlich nicht gut. Für mich war das auch ein Beweis dafür, dass Sebastian Vettel bei Red Bull macht, was er will. Er hat aber natürlich auch enorme Rückendeckung: Er ist es, der drei Titel für Red Bull eingefahren hat und für das Team ist das sehr gut. Außerdem ist er sehr schnell und immer noch hungrig, er will immer gewinnen.

So müssen Rennfahrer sein. Für Red Bull ist es im Team intern jetzt aber natürlich nicht so einfach, der Konkurrenzkampf wird in den nächsten Rennen noch größer sein. Wenn das nächste Mal am Funk etwas wie 'Multi 21' kommt, wird Mark Webber sagen: 'Jaja, ich verstehe!' und Vettel trotzdem überholen. Für das Publikum ist das Ganze aber toll und großartig zum Zusehen, denn freier Wettbewerb ist natürlich immer schöner.

Wie ist das in der DTM - dort war die Teamorder ja bislang verboten, nun ist sie es ausgerechnet ab diesem Jahr nicht mehr... allerdings fahrt ihr ja auch in erster Linie für Marken und nicht für Teams. Macht das einen Unterschied?
Filipe Albuquerque: Für mich nicht, denn die letzten Jahre war es sowieso verboten. Am Anfang und in der ersten Saisonhälfte schaut sowieso nur jeder auf sein Rennen und macht sein Ding. In der zweiten Saisonhälfte schaut man automatisch schon etwas mehr auf die Kollegen. Dabei gibt es keine Teamorder, aber man hilft dem Teamkollegen natürlich schon eher einmal, wenn es um viel mehr geht. Mit Edo habe ich das letztes Jahr zum Beispiel in Zandvoort oder auch Valencia genauso gehalten. Ich habe ihn in der ersten Kurve in Spanien zum Beispiel überholt, bin da aber bewusst nicht ganz so hart gefahren und in den Zweikampf gegangen, weil ich weiß, dass es sehr wichtig für das Team Rosberg und Audi ist, dass wir gemeinsam nach vorne kommen.

Für mich ist es also ganz normal: Am Anfang wird gekämpft... aber wenn es in meiner eigenen Meisterschaft nicht gut läuft, dann helfe ich am Ende auch gerne meinem Teamkollegen. Insgesamt ist es aber sowieso besser, wenn die Stallorder ganz einfach verboten ist. Außerdem weiß man als Fahrer doch selbst die Lage einzuschätzen. Das Team muss mir diesbezüglich nicht immer sagen, was ich zu tun habe - ich weiß das selbst, bin sehr auf meine Aufgabe konzentriert und weiß, was ich auf der Strecke mache... und damit verbunden auch, wie wichtig die Punkte für Audi sind. Bei solchen Angelegenheiten passieren einem meiner Meinung nach sicher keine Fehler.

Lesen Sie im ersten Teil des Exklusivinterviews mit Filipe Albuquerque, wie der Audi-Pilot die Anforderungen der Saison 2013 und seine Chancen beurteilt und was er von den Neuerungen in der DTM hält: