Bruno Spengler ist endlich am Ziel seiner Träume angekommen und krönte sich 2012 nach mehreren missglückten Versuchen zum DTM-Champion. Dabei war der Kanadier vor der Saison mit seinem Wechsel von Mercedes zu BMW kein geringes Risiko eingegangen, doch schlussendlich erwies sich die Entscheidung als goldrichtig, da der Rückkehrer aus München einen äußerst konkurrenzfähigen Wagen auf die Beine stellte, mit dem Spengler vier Rennen gewann und zwei weitere Male auf das Podium fuhr.

"Ich starte dieses Jahr mit BMW ein neues Kapitel in meiner Karriere. Kein Wunder, dass ich die Tage bis zum Saisonstart in Hockenheim zähle", verriet Spengler, bevor er für das Team Schnitzer erstmals unter Wettkampfbedingungen ins Lenkrad griff. Die Ungewissheit vor dem Saisonauftakt war groß, da man bei BMW nicht so recht wusste, ob man sich nach der langen Auszeit gleich mit der Konkurrenz von Mercedes und Audi auf Augenhöhe befinden würde.

Spengler pilotierte seinen Boliden im Qualifying auf die neunte Position, sein Debüt-Rennen für den neuen Arbeitgeber sollte jedoch bereits nach drei Umläufen ein jähes Ende finden. Nach einem Zusammenstoß mit Ralf Schumacher verlor der Kanadier die Motorhaube und musste sein Auto wenige Augenblicke später in der Boxengasse parken - kein optimaler Auftakt in den neuen Karriereabschnitt.

Erster Sieg im zweiten Rennen

Spengler gewann in der Lausitz, Foto: DTM
Spengler gewann in der Lausitz, Foto: DTM

Der Ärger des 29-Jährigen war dementsprechend groß, doch bereits eine Woche später sollte dieser mehr als nur verflogen sein. Spengler stellte seinen BMW M3 am Lausitzring auf die Pole Position und münzte diese gute Ausgangslage in seinen insgesamt zehnten DTM-Sieg um. "Das ist schon ein verrücktes Gefühl", berichtete er im Anschluss an die souveräne Vorstellung. "Das ganze Wochenende war ein Traum." Der Traum sollte auch auf den britischen Inseln weitergehen, wo Spengler in Brands Hatch den zweiten Platz verbuchte und sich nur Gary Paffett, seinem späteren Titelrivalen, geschlagen geben musste.

Auf dem Red Bull Ring in Spielberg lief es hingegen gar nicht nach den Vorstellungen Spenglers, der erneut früh aus dem Rennen gerissen wurde. Diesmal war er von Jamie Green getroffen worden und in weiterer Folge mit Filipe Albuquerque kollidiert, weshalb sich seine Motorhaube verselbständigt hatte und das Rennen für ihn vorbei war. Erheblich besser lief es am verregneten Norisring: Spengler fuhr in Nürnberg vom siebten Startplatz auf den dritten Rang nach vorne und bescherte dem Team Schnitzer einen weiteren Podestplatz.

Damit verabschiedete sich die DTM in die Sommerpause und alles sah danach aus, als würde Gary Paffett ungefährdet dem Titel entgegenfahren. Spengler hatte auf den Mercedes-Piloten nach fünf der zehn Saisonrennen bereits 37 Punkte Rückstand und lag zudem auch noch hinter Jamie Green auf dem dritten Meisterschaftsrang. Doch es sollte alles anders kommen, denn in der zweiten Saisonhälfte lief der Kanadier zur Bestform auf, was er bereits unmittelbar bei der Rückkehr aus der Sommerpause auf dem Nürburgring unter Beweis stellte.

Beispiellose Aufholjagd

Nachdem er seinen BMW auf die Pole Position gelenkt hatte, sicherte sich der gebürtige Elsässer bei der Hitzeschlacht in der Eifel auch den Rennsieg und wies auf den Zweitplatzierten Edoardo Mortara den Respektabstand von knapp sieben Sekunden Vorsprung auf. "Dieser Sieg ist das Sahnehäubchen", jubelte Spengler, der im Jahr 2006 an selber Stelle erstmals in der DTM gewonnen hatte. Der 29-Jährige rückte damit auf den zweiten Tabellenrang nach vorne und hatte seinen Rückstand auf Paffett auf 20 Punkte verringert, vom ganz großen Wurf wollte er jedoch noch nichts hören. "Man glaubt immer an den Titel, aber es ist zu früh, es sind noch vier Rennen", betrieb Spengler Understatement, wohlwissend, dass sich das Blatt schnell wieder wenden kann.

In Zandvoort rettete der BMW-Mann nach einem enttäuschenden 18. Platz im Qualifying den sechsten Rang ins Ziel und betrieb damit Schadensbegrenzung, zumal sich Paffett sogar hinter ihm einreihen musste. Nach dem kleinen Dämpfer folgte die nächste Sternstunde in Oschersleben allerdings auf den Fuß. Lediglich sechs Zehntel trennten Spengler, der zum ersten Mal in der Magdeburger Börde gewann, von seinem großen Konkurrenten, womit er den Rückstand weiter verkürzte und zwei Rennen vor dem Saisonende nur mehr elf Punkte hinter dem Platz an der Sonne zurücklag.

In Valencia lief es nicht nach Wunsch, Foto: BMW AG
In Valencia lief es nicht nach Wunsch, Foto: BMW AG

Nichtsdestotrotz hatte Paffett in Valencia bereits die Chance, den Sack zuzumachen, was ihm jedoch nicht gelingen sollte - ganz im Gegenteil. Zwar kam Spengler nicht über den zwölften Startplatz hinaus und musste sich nach einer Durchfahrtsstrafe für einen Frühstart mit dem sechsten Rang begnügen, doch da Paffett ausschied, trennten die beiden Rivalen vor dem abschließenden Meisterschaftslauf in Hockenheim nur mehr drei Punkte, sodass beide den Titel aus eigener Kraft gewinnen konnten. "Ich kümmere mich gar nicht darum, was andere sagen", erwiderte Spengler gegenüber Motorsport-Magazin.com auf Sticheleien von Paffett, der das Psychoduell um den Titel eröffnet hatte. "Wenn man sich anschaut, was er dieses Wochenende alles gesagt hat, macht es eher den Anschein, als würde er nervös", schoss der Kanadier zurück.

Bis zur letzten Runde

Die Dramatik wurde schon beim letzten Qualifying des Jahres am Hockenheimring auf die Spitze getrieben, denn gerade einmal sieben Tausendstel lagen zwischen Paffett und Spengler, die jedoch Augusto Farfus die Vorfahrt lassen mussten. Auch im Rennen sollte es zum direkten Duell zwischen den beiden herausragenden Piloten der Saison kommen. Während Spengler bald in Führung lag, musste sich Paffett nach einem schwachen Start erst den Weg durch das Feld bahnen, schloss in der Endphase aber zum Kanadier auf und setzte ihn gehörig unter Druck, welchem Spengler jedoch standhielt und sich sowohl den Rennsieg als auch die Meisterschaft sicherte.

"Ganz ehrlich, ich weiß noch überhaupt nicht, was ich fühlen soll. Ich bin noch immer total durcheinander und kann es kaum glauben, was passiert ist", war der neue Titelträger unmittelbar nach der Zieldurchfahrt fassungslos. "Für mich ist ein Traum in Erfüllung gegangen. Ich war in der Vergangenheit schon einige Mal kurz davor, den Fahrertitel zu gewinnen. Aber es hat nie geklappt", dachte er an bittere Stunden zurück. "Und dann gelingt es mir, in meiner ersten Saison mit BMW ganz oben zu stehen."

Der 21. Oktober 2012 war jedoch nicht nur für Spengler, sondern für die gesamte BMW-Mannschaft ein Tag für die Geschichtsbücher. Die Münchner setzten sich, obwohl sie mit zwei Autos weniger als Mercedes und Audi unterwegs waren, die Krone in der Herstellerwertung auf und Schnitzer triumphierte darüber hinaus in der Teamwertung. "Jetzt können wir nur noch feiern", fand Spengler gebührende Worte für eine atemberaubende Saison.