Du liegst 39 Punkte hinter deinem Markenkollegen und Meisterschaftsführenden Gary Paffett. Rechnest du dir Chancen aus oder denkst du noch gar nicht an den Titel?
Jamie Green: Ich versuche von Rennen zu Rennen zu denken, aber natürlich besteht eine Chance. Das neue System unterstützt den Sieger. Man kriegt für einen Sieg 25 Punkte und nicht mehr zehn, damit besteht immer die Chance einen Rückstand aufzuholen. Wenn ich gewinne und Gary null Punkte holt, dann bin ich an ihm dran. Es stehen noch sieben Rennen aus und damit sieben Möglichkeiten zu gewinnen. Alles ist offen.

Wie schwierig wird es für Mercedes generell den Titel 2012 zu holen?
Jamie Green: Es ist immer sehr schwer den Titel zu holen. Es geht darum ein schnelles Auto zu haben und konstant seine Leistung zu bringen. Ich hoffe, dass wir unsere derzeitige Pace über die Saison hinweg halten können. Mercedes hat mit Gary und mir zwei gute Chancen auf den Titel. Im Vorjahr hatte Martin Tomczyk ein sehr schnelles Auto. Der Jahreswagen funktionierte perfekt, hinzu kam seine langjährige Erfahrung.

Mit BMW ist ein neuer Gegner in der DTM. Warst du überrascht, dass Bruno Spengler bereits im zweiten Rennen gewinnen konnte?
Jamie Green: Ich war überrascht, dass BMW in so kurzer Zeit den ersten Sieg eingefahren hat. Was die Rundenzeiten angeht, war ich allerdings in der Lausitz schneller als er. An dem Tag bekam ich es nicht richtig hin - ich startete von Platz sechs, verlor sehr viel Zeit in der Box und somit konnte ich BMW nicht gefährden. Wir haben ein schnelles Auto und ich bin ein schneller Fahrer. Wir können BMW definitiv schlagen, aber in der Lausitz haben sie alles perfekt hingekriegt. Sie haben die Pole geholt, haben gute Boxenstopps absolviert und im Rennen keinen Fehler gemacht. Das war eine großartige Leistung von BMW, aber wenn es um die reine Performance geht, dann sehe ich Mercedes vorne.

Zu Beginn deiner DTM-Karriere hattest du den Spitznamen "Mister Pole Position". Dieses Jahr scheint es durch die enge Leistungsdichte deutlich schwieriger die Pole zu holen.
Jamie Green: Es stimmt, die Autos liegen dieses Jahr sehr eng beieinander. In den ersten beiden Rennen der Saison waren wir im Qualifying auch nicht so schnell wie im Rennen. Das hat unser Leben natürlich erschwert. Was das Auto angeht, haben wir definitiv einen Fortschritt gemacht. Trotzdem bleibt es extrem eng, in Brands Hatch lag ich mit zwei Zehntel Rückstand auf Position zehn.

2012 ist deine siebte DTM-Saison. Wie hast du dich fahrerisch in den letzten Jahren verändert?
Jamie Green: Den größten Fortschritt habe ich im Rennen gemacht. Die langen Rennen sind jetzt meine Stärke. Zu Beginn meiner Karriere war ich speziell auf eine Runde schnell, deshalb auch mein Spitzname. Mir fehlte allerdings die Rennerfahrung, weil ich die drei Jahre zuvor nur Formel-Serien gefahren bin und der Unterschied zwischen beiden Rennserien doch groß ist. Die anderen Fahrer in der DTM hatten viel mehr Erfahrung als ich, sind längere Rennen wie in der Formel 1 gefahren. Die Rennen in der Formel 3 dauerten hingegen maximal eine halbe Stunde. Jetzt bin ich besser in den Rennen, gehe besser mit den Reifen um. Das ist der Grund, warum ich in den letzten fünf Jahren sechs Rennen in der DTM gewonnen habe. Zum Vergleich: In den ersten beiden Jahren gewann ich keinen Lauf, dafür holte ich sechs Pole Positions. Mein Fahrstil hat sich in den Jahren sehr verändert, denn am Ende des Tages kriegt man nur für den Sieg Punkte, nicht aber für Pole Positions. Daher bin ich glücklich über meine Entwicklung in den letzten fünf Jahren.

Also verspürst du kein Bedauern, dass du nicht mehr "Mister Pole Position" bist?
Jamie Green: Was den reinen Speed angeht, bin ich immer noch sehr schnell. Wenn man sich die Statistiken ansieht, dann bin ich zumeist der schnellste Pilot in Q3. Gerade in dieser Session fährt man die schnellste Rundenzeit des gesamten Wochenendes. Ein großer Unterschied zu 2005 und 2006 ist, dass wir in der finalen Session nicht mehr auf neuen Reifen, sondern auf gebrauchten Reifen unterwegs sind. Das macht es natürlich auch schwieriger. Ich denke, die ultimative Pace ist da. Es geht nur darum im richtigen Moment alles richtig hinzubekommen.