Für dich war die Saison 2011 ein ständiges Auf und Ab. Wie fällt dein abschließendes Fazit aus?
Timo Scheider: Mit ein wenig Abstand relativiert sich das eine oder andere ein wenig. Wir hatten zu selten im Qualifying und Rennen eine gute Performance, das war unser Manko. Oft war das Qualifying unser Hauptproblem und im Rennen war der Speed auf einmal wieder gut - aber wenn man im Mittelfeld startet, ist es schwer noch etwas rauszuholen. Immer richtig schnell war ich nur auf den Regenreifen. Mit den Slicks wussten wir hingegen manchmal nicht so wirklich, warum wir schnell oder langsam waren. Im Qualifying hat oft nur ein Zehntel gefehlt, aber das macht in der DTM schon einen Unterschied. Letztlich ist der vierte Platz in der Meisterschaft kein Drama, aber wenn man zwei Titel geholt hat und die letzten drei Jahre der stärkste Audi-Pilot war, dann will man mehr. Daher kann ich mit der Saison nicht zufrieden sein.

Warum hat es bei dir nicht so gut geklappt wie für Martin Tomczyk oder Mattias Ekström, der gerade gegen Ende der Saison sehr stark war?
Timo Scheider: Mattias ging es ja zunächst sehr ähnlich wie mir, bis er ganz plötzlich die richtige Performance gefunden hat. Er hat für sich die richtige Richtung gefunden, aber sein Fahrstil ist etwas anders, daher konnten wir das nicht eins zu eins übernehmen. Ich habe im dritten Jahr hintereinander mit einem anderen Ingenieur gearbeitet, das ist nicht unbedingt hilfreich, zudem gab es mit dem neuen Reifen auch andere neue Faktoren. Im Motorsport gibt es immer Höhen und Tiefen - gute Leute holen sich in den Tiefen ihre Stärken, das habe ich bei Opel lernen müssen. Jetzt mag man einen vierten Platz von mir als Außenstehender vielleicht schlecht bewerten, aber vor ein paar Jahren hätte ich mich über ein solches Resultat riesig gefreut.

Warum ist der Fahrstil so besonders wichtig geworden?
Timo Scheider: Am besten kann man das wohl anhand der neuen Reifen beschreiben. Der Dunlop-Reifen bot im Vergleich zum neuen Hankook-Pneu mehr Seitenführungskraft und hat es damit erlaubt schnellere Kurvengeschwindigkeiten zu fahren und früher ans Gas zu gehen. Beim Hankook-Reifen muss man etwas defensiver mit dem Gaspedal umgehen und das Herausbeschleunigen sanfter gestalten. Ich bin bisher die Kurven eher in einem V-Stil gefahren - also spitz rein, drehen und aggressiv aufs Gas. Das hat mit den neuen Reifen nicht ganz so gut funktioniert, da haben wir das Setup nicht passend hinbekommen. Am Ende ist es eine Kombination aus allen Faktoren, die wir nicht ganz verstanden haben. Am Lausitzring war ich richtig schnell und bin von Startplatz neun bis auf den zweiten Rang nach vorne gefahren, ohne dass jemand ausgefallen ist...

Wie zuversichtlich bist du, dass die Kombination in der neuen Saison wieder passt?
Timo Scheider: Es gibt ja neue Reifen mit anderen Dimensionen und einer neuen Mischung. Ich bin einige Reifentests gefahren und bin optimistisch, dass es in die richtige Richtung geht. Ich freue mich auf die neue Saison, denn das neue Auto macht extrem viel Spaß. Ich glaube sogar, dass das Feld noch dichter zusammen liegen wird, denn durch Neuerungen wie die Schaltwippen und das einfachere Fahrverhalten ist es leichter geworden ans Limit zu gehen.

Wie sind deine ersten Erfahrungen mit dem neuen Audi A5 DTM?
Timo Scheider: Wir sind natürlich noch weit weg von dem Auto, das in Hockenheim am Start stehen wird. Aber was wir bisher kennen und entwickelt haben, fühlt sich sehr gut an. Das muss noch nichts heißen, aber die ersten Anzeichen sind sehr positiv.

Nach mehreren Jahren Zusammenarbeit hat mit Martin Tomczyk ein guter Freund das Lager gewechselt. Wie geht man unter Kollegen mit dieser Situation um?
Timo Scheider: Ich glaube einfach, dass man über gewisse Dinge, über die man sich sonst unterhalten hat, nicht mehr spricht. Martin geht es jetzt nichts mehr an, was bei Audi passiert. Jeder, der in einem engen Kontakt steht, wäre dumm etwas an die Konkurrenz weiter zu tragen und Details zu verraten. Das freundschaftliche Verhältnis bleibt aber weiterhin bestehen, da hat das eine nichts mit dem anderen zu tun.

In den letzten Jahren spielte das teamorientierte Fahren immer eine wichtige Rolle und hat für Diskussionen gesorgt. Wird das mit dem Einstieg von BMW etwas abnehmen?
Timo Scheider: Ich habe immer gesagt, dass man so etwas ohnehin nicht richtig kontrollieren kann. Das Verbot der Stallorder ist so eine Sache - nach außen heißt es, es würde keine Drehereien geben, aber jeder von uns ist clever genug um zu wissen, in welcher Situation man einem Teamkollegen helfen kann. Ich bin kein Fan von einem Verbot, denn auch in anderen Sportarten spielt das Team eine wichtige Rolle. Beim Radsport kämpfen am Ende auch alle Fahrer für den Favoriten und im Fußball kann auch nur ein Spieler das Tor schießen, der Ball muss aber erst einmal bis in den 16er kommen. Wir Rennfahrer haben in den ersten Rennen alle die gleichen Chancen, aber am Ende gibt es einen oder zwei Fahrer, die es besser gemacht haben. Dass man sie im Endspurt unterstützt und den letzten Pass zu ihnen rüber schiebt - das ist effektiv und logisch.