Nach elf Jahren war Schluss. Martin Tomczyk hat seine Zelte in Ingolstadt abgebrochen und nimmt seine Nummer 1 in der kommenden Saison mit zu BMW. "Ich weiß noch, als ich im Alter von 19 Jahren mit roten Bäckchen zum ersten Mal bei Dr. Ullrich im Büro gesessen bin", erinnert sich der amtierende Champion an seine Anfänge in der DTM zurück. "Mir ist die Entscheidung wahrlich nicht leicht gefallen, aber ich freue mich jetzt auf eine neue Herausforderung." Die Herausforderung hört auf den Namen BMW, die sich mit Tomczyk und Bruno Spengler stark fürs Comeback aufgestellt haben.

Viele grübeln, warum sich Tomczyk von Audi abwandte - gerade zu diesem Zeitpunkt, als er in die Riege der DTM-Meister unter den Audianern aufgerückt war. Die Gründe sind wohl vielfältig. Dass der 29-Jährige vor der Saison von Abt zu Phoenix in ein Vorjahresauto degradiert wurde, hat Spuren hinterlassen. "Es hat lange gedauert, bis ich die Rückstufung verdaut hatte", sagt Tomczyk während eines Besuchs des Audi-Forum Neckarsulm. Außerdem dürfte der Wunsch nach einer Luftveränderung eine Rolle gespielt haben - mit der Rückkehr von BMW hatte Tomczyk die perfekte Gelegenheit, gleich eine Leader-Rolle zu übernehmen.

Jene Rolle hatte er während seiner Meister-Saison bereits bei Phoenix Racing eingenommen - zum ersten Mal überhaupt. Als Leader steckt man natürlich in einer anderen Situation", erklärt Tomczyk im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com. "Ich möchte nicht sagen, dass sich bei Abt niemand um mich gekümmert hat, aber dort gab es vier aktuelle Autos, die alle um die Meisterschaft fahren wollten. Dass man sich nicht auf alle vier exakt gleich konzentrieren kann, ist normal bei solch einer Teamgröße."

Bei Phoenix richteten sich hingegen alle Augen auf den erfahrenen Tomczyk. "In diesem Jahr war ich von Anfang an die Nummer 1 und schon in der Vorbereitung kümmerten sich mehr oder weniger alle um mich", sagt er. "Das Team hatte Ideen und ich hatte Ideen, die ich dank meiner langjährigen Erfahrung einbringen konnte." Exakt diese Aufgabe erwartet ihn nun auch bei BMW, am 6. Dezember nimmt er erstmals im BMW M3 DTM bei den Tests in Monteblanco teil.

Die gewichtige Rolle, die Tomczyk jetzt bei BMW einnimmt, hinterlässt er bei Audi. "Dass Martin geht, tut weh", gibt Audi-Motorsportchef Wolfgang Ullrich ehrlich zu. Man kann davon ausgehen, dass sich die Ingolstädter stark um ihre neue Nummer 1 bemüht haben - doch Tomczyk zog den Wechsel vor. Dass Geld ein nicht unwesentlicher Faktor bei der Entscheidung gewesen sein dürfte, ist wohl kein Geheimnis. Mit der Meisterschaft im Gepäck besitzt man schließlich eine sehr gute Verhandlungsbasis.

Immerhin findet Ullrich auch etwas Positives an Tomczyks Abgang: "Wenn ich überlegen muss, wen ich 2012 in der DTM einsetze, fällt die Entscheidung nun noch ein wenig leichter." Aktuell wird vermutet, dass Audi in der ersten Saison seit der BMW-Rückkehr mit sieben Autos an den Start geht. Mercedes plant mit acht, BMW schickt definitiv nur sechs Autos ins Rennen.