Das Saisonfinale steht bevor. Kannst du ein kurzes Fazit ziehen?
Christian Vietoris: Das Jahr hat Spaß gemacht. Ich war von Anfang an gut dabei, aber in der DTM geht es sehr eng zu. Schon der kleinste Zeitverlust wird mit mehreren Positionsverlusten bestraft. Das hat mich gute Ergebnisse und womöglich sogar Punkte gekostet. Aber ich denke, das ist im ersten Jahr normal. Das Wichtigste ist, dass man aus seinen Fehlern lernt.

2011 fahren fünf Rookies in der DTM. Der beste Neuling ist im Moment Edoardo Mortara. Woran liegt es, dass es für dich nicht so gut läuft. Ist der alte Audi einfach stärker oder liegt es an dem Quäntchen Glück?
Christian Vietoris: Das kann ich nicht sagen, denn ich kenne seine Daten nicht. Die Daten, die ich kenne, legen deutlich klar, dass ich im Vergleich zu den anderen Jahreswagen ganz gut aussehe. Sicher kann man irgendwo immer etwas verbessern. Meine Zielsetzung lautet für dieses Jahr, so viel wie möglich zu lernen und mich positiv auf die neue Saison vorzubereiten.

Du befindest dich also noch in der Lernphase?
Christian Vietoris: Ganz klar. Es war auch nicht sehr hilfreich, dass ich zwei Rennserien gleichzeitig gefahren bin. Durch den ständigen Umstieg verliert man vielleicht auch das eine oder andere Zehntel. Das soll keine Ausrede sein. Für mich war das Jahr alles in allem sehr positiv und die Erfahrung aus der GP2 hilft mir sicherlich auch dabei, zukünftig die eine oder andere Tür zu öffnen.

Über 30 Rennen seit Mai

Wie sieht es generell mit der Doppelbelastung aus - welche Auswirkungen erkennst du?
Christian Vietoris: Man ist schon k.o. Die Saison war lang, ich bin seit Mai über 30 Rennen gefahren und ich merke schon, dass ich müde bin. Aber wenn man im Auto sitzt, ist man wieder fit. Dafür sorgt der Adrenalinspiegel, aber am Wochenende ist man schon etwas müder.

In der GP2 Serie holte Vietoris zuletzt zwei Siege, Foto: GP2 Series
In der GP2 Serie holte Vietoris zuletzt zwei Siege, Foto: GP2 Series

Gibt es Dinge, auf die du verzichten musst?
Christian Vietoris: Ich versuche, am Montag nach dem Rennwochenende meine Berichte ans Team zu schreiben und danach haue ich mich gleich aufs Ohr. Denn Montag und Dienstag sind meine freien Tage. Da mache ich nicht viel außer schlafen. Am Mittwoch bzw. Donnerstag geht es dann schon wieder los.

Du hast mehrere Helm-Designs, was hat es damit auf sich?
Christian Vietoris: Ich habe immer dieselben Grundlinien, aber verschiedene Farben. In der GP2 als auch in der DTM habe ich zwei verschiedene Helme bzw. zwei verschiedene Farben. Das hat keinen besonderen Grund, ich versuche einfach dem Trend zu folgen.

Wenn du zwei Helme hast, welchen ziehst du dann auf?
Christian Vietoris: Meistens denjenigen, mit dem ich erfolgreicher unterwegs war. Den einen Helm habe ich in Hockenheim und am Lausitzring gefahren, aber seit fünf Rennen nutze ich den zweiten Helm, der weiß lackiert ist.

Du bist bereits in der Formel 3 mit Mercedes-Motoren angetreten. Wie hat sich das Verhältnis verändert seit du auch in der DTM für Mercedes fährst?
Christian Vietoris: Das Verhältnis ist sehr positiv. Ich fühle mich im Persson Team sehr wohl. Das sind alles super nette Jungs. In der GP2 fahre ich auch mit Mercedes, das ist natürlich sehr hilfreich. Es macht Spaß, so einen Partner an seiner Seite zu haben.

Kannst du uns verraten, wie es dazu kam, dass du einen DTM-Vertrag unterschrieben hast, obwohl du deinen GP2-Vertrag bereits in der Tasche hattest?
Christian Vietoris: Das kam relativ kurzfristig zustande. Ich hatte einen Zweijahresvertrag in der GP2, somit war ich für dieses Jahr schon fixiert, aber dann bekam ich eine Anfrage von Mercedes bezüglich eines DTM-Tests. Diesen habe ich ganz gut gemeistert und daraufhin hat sich der Vertrag für 2011 entwickelt. Die Option mit Mercedes zusammen zu arbeiten, habe ich natürlich gern angenommen.

Wichtiges Gespräch entschied die Zukunft

Christian Vietoris will bei Mercedes bleiben, Foto: Sutton
Christian Vietoris will bei Mercedes bleiben, Foto: Sutton

Bist du zum jetzigen Zeitpunkt glücklich wie deine Karriere verlaufen ist?
Christian Vietoris: Ja. Klar träumt jeder Fahrer von der Formel 1, aber ich kann das ganz realistisch einschätzen. Im Moment muss ein Fahrer sehr viel Geld mitbringen, um dort mitzufahren. Selbst Erfolge in der GP2 oder Formel 3 garantieren kein Cockpit, dementsprechend bin ich froh, bei Mercedes zu sein. Ich will hier bleiben, ich habe hier mein zu Hause gefunden - und meine zukünftigen Entscheidungen mache ich von Mercedes abhängig.

Nach deinem ersten Formel BMW-Jahr gab es ein Gespräch zwischen Christian Menzel und dir, das deine Karriere geprägt hat.
Christian Vietoris: Christian hat einen sehr großen Anteil an meiner Karriere. Er hat mich damals überredet, weiter Motorsport zu machen, nachdem ich ein sehr schweres erstes Jahr in der Formel BMW hatte. Ich habe mit dem Gedanken gespielt, eine normale Berufsausbildung im Bereich Großhandelskaufmann abzuschließen, aber Christian hat mich davon abgehalten. Deshalb habe ich parallel zu meiner Ausbildung weiterhin Motorsport betrieben - und jetzt zahlt es sich aus.