Aufgewachsen im Schwarzwald, begann Jens Marquardt schon früh sich für den Motorsport zu interessieren und zu begeistern. Bereits auf dem Schulweg lieferte er sich mit seinem älteren Bruder heiße Duelle - wenn auch damals nur auf dem Rad. Sein Bruder spielte dabei immer Jackie Stewart, erinnert sich der 43-Jährige zurück. "Ich musste dem ja etwas entgegensetzen und mochte Jacky Ickx ohnehin lieber", schwelgt Marquardt in Erinnerungen.

Der Weg schien also früh vorgezeichnet: Nach dem Studium der Luft- und Raumfahrttechnik in Stuttgart und ersten Anfängen als Ingenieur bei Mercedes im Serienbereich, wechselte Marquardt bald darauf zur Motorenschmiede Ilmor. Fünf Jahre arbeitete der neue BMW-Motorsportdirektor unter der Federführung von Mario Illien, zwei Jahre davon als Ingenieur an der Strecke in der amerikanischen Indycar-Serie. Mit dem Rückzug des Engagements von Mercedes orientierte auch Marquardt sich neu - er wechselte 2000 zu Toyota.

Anfänge in der Formel 1

Zunächst bekleidete Marquardt auch hier eine Position im Motorenbereich, als Entwicklungsingenieur bei Toyota Motorsport in Köln. Bald folgte der Aufstieg zum Leiter des Test-Teams in der Formel 1 und ein paar Jahre später zum Projektleiter für die Betreuung der Kundenmotoren - Toyota lieferte seiner Zeit Aggregate an Jordan, später Midland und Spyker, sowie zuletzt an Williams.

Ab 2008 war Marquardt im Hause Toyota dann F1 Operations and Team Manager und zuletzt General Manager Business Development, Operations & Production - diese Position füllt er bis zu seinem Wechsel am Jahresende auch noch aus.

Zu Zeiten des Formel-1-Engagements zusammen mit Dieter Gass bei Toyota, Foto: Sutton
Zu Zeiten des Formel-1-Engagements zusammen mit Dieter Gass bei Toyota, Foto: Sutton

Ab 1. Januar schließlich, wird Marquardt dann von Vorgänger Dr. Mario Theissen in die neue Aufgabe eingeführt. Die beiden teilen sich die Spitze des Motorsportengagements der Münchner dann für ein halbes Jahr, ehe Theissen das Team verlässt.

Laut Theissen sei dies die perfekte Lösung und die bewusste Überlappung solle dazu dienen, seinen Nachfolger gewissenhaft und gründlich auf die anstehenden Herausforderungen einstimmen zu können. Vor allem der Einstieg in die DTM 2012 steht dabei im Fokus. BMW habe sich ob der Gewichtung dieser Entscheidung intern und extern umgesehen, nachdem Theissen den Entschluss gefasst hatte, die Führung Mitte 2011 abzugeben. Marquardt sei der beste Mann für diese Position gewesen, meinte Theissen.

"Ich begrüße die Entscheidung sehr", versicherte der scheidende Motorsportdirektor und beteuerte des Weiteren, dass er nicht vor habe, seinem Nachfolger noch "ein Ei ins Nest zu legen, das schwer verdaulich ist." Eine harmonische Zusammenarbeit sei der Schlüssel für zukünftigen Erfolg. Auch Marquardt sieht das ähnlich und gibt sich bescheiden: "Die Entscheidungen trifft bis zum 30.6. noch Herr Theissen - und das ist auch gut so", sagte der 43-Jährige in München.

Marquardt betonte aber auch, dass er sich auf "dieses halbe Jahr und die Möglichkeit eine Einführung in diese super Aufgabe zu bekommen" freue. "So eine Aufgabe gibt es, wenn überhaupt, ein einziges Mal im Arbeitsleben und dass ich das Glück hatte, da zur richtigen Zeit auch am richtigen Ort zu sein und auch noch reinzupassen, ist für mich ein großes Glück", so Marquardt.

Bei aller Freude prognostizierte Theissen seinem ambitioniertem Nachfolger jedoch einen stressigen Einstieg. Theissen selbst habe in den letzten 12 Jahren keine Zeit für irgendetwas anderes mehr gehabt, sagte er. "Das einzige Buch das ich in der Zeit gelesen habe, war der Shell-Atlas und das auch nur, bis die Navi-Systeme ins Auto kamen", beschrieb der scheidende BMW-Motorsportdirektor seine langjährige Aufgabe mit einem Augenzwinkern.

Für Marquardt, der verheiratetet ist und eine kleine Tochter hat, also nicht unbedingt der perfekte Job, um seinen vielen Hobbies nachzugehen - Sport allgemein, Laufen, Golf spielen und auch Skifahren, sei seine größte Leidenschaft. Immerhin auf letzteres freue er sich, durch die mit dem Umzug nach München neu gewonnene Nähe zu den Alpen, doch ganz besonders, ließ er verlauten.

Authentizität als Grundkonzept

Auf das Berufliche bezogen gab Marquardt an, Authentizität sei bei ihm Konzept und Philosophie gleichermaßen. Er sei - bei Betrachtung seines Werdegangs erklingt das logisch - sehr technikorientiert. In den letzten Jahren hätte er ob seiner vielen neuen Aufgaben aber auch Organisations- und Führungsqualitäten erlangen können.

Bei BMW wird man das gerne hören. Die Weiterführung in die nächsten Phasen "eines Projekts, dass in den letzten Jahren so kontinuierlich und erfolgreich geführt wurde", sei das größte Anliegen des neuen Mannes an der Spitze von BMW-Motorsport. Für Marquardt als süddeutschen und motorsportbegeisterten Mann und auch im Hinblick auf die Historie und den Stellenwert von BMW auf dem Markt, sei das Angebot der neuen Aufgabe, eines gewesen, das er nicht hätte ablehnen können."

Auf die Frage, ob er sich bei all den neuen Anforderungen und Eindrücken denn auch schon einen neuen Dienstwagen ausgesucht hätte, wusste der neue Motorsportdirektor allerdings noch keine passende Antwort - doch auch hier griff das von BMW angedachte Konzept bereits bestens: Theissen eilte zur Hilfe - ließ jedoch mit einem Schmunzeln verlauten: "Bei uns beginnt man mit dem Einser."