Nasser Al-Attiyah und Nani Roma haben MINI einen Doppelsieg bei der neunten Etappe der Rallye Dakar beschert. Überraschender Dritter nach einem chaotischen Finale wurde der Franzose Chicherit vom deutschen X-Raid-Team. Während der Spanier und Vorjahressieger damit seinen ersten Tagessieg bei der diesjährigen Ausgabe der härtesten Rallye der Welt feierte, bejubelten Al-Attiyah und Co-Pilot Mathieu Baumel eine Vorentscheidung im Duell mit ihren schärfsten Verfolgern. Beide Toyota-Mannschaften um die deutschen Co-Piloten Timo Gottschalk und Dirk von Zitzewitz büßten empfindlich viel Zeit auf den Katari ein. De Villiers/von Zitzewitz verloren aus aussichtreicher Position durch einen Navigationsfehler im aufgewirbelten Staub 15 Minuten, Al Rajhi/Gottschalk durch Bremsversagen gar 20.

9. Etappe: Iquique - Calama

(Verbindung: 51 km, Prüfung: 450 km, Verbindung: 37 km)

Nach der Marathon-Etappe und dem anschließenden Ruhetag stand am Montag die neunte Etappe der Rallye Dakar auf dem Programm. Alle Kategorien erwartete dieselbe Route, sodass die 76 verbliebenen Teams bei den Autos erneut den Spuren der Bikes folgen konnten. Nach einer kurzen Verbindung von 51 Kilometern führte die Strecke von Iquique nach Calama. Insgesamt 450 Wertungskilometer verteilt auf 12 Wertungsprüfungen galt es zu bewältigen.

Gestartet wurde bei 1.000 Meter Höhe auf einem Wechselspiel aus steinigem Boden, Erde und dem berüchtigten Fesh-Fesh-Sand der Atacama, ehe die Piloten die Wüste nach etwa 200 Kilometern verließen und steinigeres Geläuf in Angriff nahmen. Durch die Regenfälle der vergangenen Tage keine leichte, weil rutschige Prüfung. Zumal die Fahrer im Lauf der Etappe mächtig zu kraxeln hatten: In der zweiten Hälfte stieg das Höhenniveau auf mehr als 3.000 Meter.

Auf dem letzten Sand-Abschnitt setzte sich Al-Attiyah an die Spitze, Foto: Red Bull
Auf dem letzten Sand-Abschnitt setzte sich Al-Attiyah an die Spitze, Foto: Red Bull

Heißes Duell: Al-Attiyah knapp vor de Villiers/von Zitzewitz

Yazeed Al Rajhi und sein deutscher Co-Pilot Timo Gottschalk eröffneten nach ihrem Sieg beim Marathon die Zeitenjagd. Nach einer guten halben Stunde auf steinigem Untergrund erreichten sie die erste Zeitnahme bei Kilometer 31, wurden allerdings sofort durchgereicht. Ihre Toyota-Teamkollegen Giniel de Villiers und Dirk von Zitzewitz, der zweite deutsche Co-Pilot im Feld, und die Gesamtspitzenreiter Nasser Al-Attiyah/Mathieu Baumel (MINI) nahmen ihnen zwei Minuten ab. Die Bestzeit markierte Orlando Terranova (MINI).

Bis zur nächsten Zeitnahme bei Kilometer 75 ging es nun ein letztes Mal für diese Etappe über Sand. Al-Attiyah war in seinem Element und setzte sich mit 18 Sekunden vor de Villiers/von Zitzewitz und 20 Sekunden vor Nani Roma an die Spitze. Vierter war Terranova (+35 Sek.), Al Rajhi/Gottschalk fehlten bereits vier Minuten.

Nani Roma übernahm die Führung, Foto: Monster Energy Rally Raid Team
Nani Roma übernahm die Führung, Foto: Monster Energy Rally Raid Team

Roma katapultiert sich an die Spitze, Al Rajhi verliert Boden

Bis zum ersten Checkpoint an der dritten Zeitnahme nach rund 120 Kilometern führte der Kurs nun über Erde. Al-Attiyah verdoppelte seinen Vorsprung auf de Villiers/von Zitzewitz auf 43 Sekunden, während Al Rajhi/Gottschalk bereits 5:15 Minuten hinter diesem Duo und 5:35 Minuten hinter dem neuen Führenden Roma rangierten. Terranova lag genau zwei Minuten hinter Platz eins.

Gleich darauf folgte CP2 und Zeitnahme vier bei 133 Kilometern, nun auf steinigem Untergrund. Roma behauptete seinen Vorsprung von 20 Sekunden auf Al-Attiyah, de Villiers/von Zitzewitz blieben an dem MINI-Duo dran. Auch Al Rajhi/Gottschalk hielen den Rückstand annähernd konstant.

Auch der fünfte Messpunkt befand sich auf steinigem Geläuf, bevor ein kurzes Intermezzo aus einer Sand-Erde-Mischung anstand. Roma baute seinen Vorsprung auf die nahezu zeitgleichen Al-Attiyah und de Villiers/von Zitzewitz um eine Minute aus. Al Rajhi/Gottschalk fehlten bereits knapp sieben Minuten.

De Villiers/Von Zitzewitz luchsten dem MINI-Duo kurzzeitig die Spitze ab, Foto: Red Bull
De Villiers/Von Zitzewitz luchsten dem MINI-Duo kurzzeitig die Spitze ab, Foto: Red Bull

De Villiers/von Zitzewitz fordern die Kletter-Könige von MINI

Beim dritten CP bzw. Zeitnahme sechs, dem letzten vor dem langen und ausschließlich steinigen Aufstieg auf mehr als 3.000 Höhenmeter, hatten die Teams 191 Kilometer in zwei Stunden Fahrtzeit zurückgelegt. Al-Attiyah holte zehn Sekunden auf Roma auf und machte damit 25 Sekunden auf de Villiers/von Zitzewitz gut. Als Rajhi/Gottschalk verloren nur wenige Sekunden.

Die Zeitnahmen sieben bis neun umfassten nun eine kurze erste Klettertour bis auf 1.800 Meter und eine anschließende Abfahrt bevor der ganz große Aufstieg anstand. Eingangs dieses Abschnitts setzten sich plötzlich de Villiers/von Zitzewitz hauchdünn vor Al-Attiyah an die Spitze, Roma fiel auf Rang drei. Doch kurz vor dem Gipfel konterte das MINI-Duo und eroberte die Doppelspitze zurück. Auch Stéphane Peterhansel pirschte seinen Peugeot nun bis auf 40 Sekunden an die Führungsposition heran, sollte durch einen technischen Defekt kurz darauf jedoch mehr als drei Stunden verlieren. Ausgangs des Abschnitts hießen die großen Verlierer Rajhi/Gottschalk. Das Toyota-Duo verlor durch komplettes Bremsversagen weitere vier Minuten.

Peterhansel fuhr sich klammheimlich in die Spitzengruppe bevor er durch einen Defekt weit zurückfiel, Foto: Red Bull
Peterhansel fuhr sich klammheimlich in die Spitzengruppe bevor er durch einen Defekt weit zurückfiel, Foto: Red Bull

De Villiers/von Zitzewitz verfahren sich, Roma siegt

Bei weit über 2.000 Metern erreichten die Teams nach vier Stunden Fahrt den zehnten Messpunkt. Nun taten sich größere Zeitabstände auf. Roma führte mit fünfeinhalb Minuten Vorsprung vor Al-Attiyah. Überraschend auf den dritten Rang schob plötzlich Vladimir Vasilyev einen dritten MINI (+13:34 Min.). Der Grund: De Villiers/von Zitzewitz hatten sich beim Versuch eine Abkürzung zu finden im aufgewirbelten Staub zu einem schlimmen Navigationsfehler verleiten lassen. Bei Weitem nicht die einzigen, die auf diese Weise viel Zeit einbüßten. Insgesamt 21 Minuten verlor das Toyota-Gespann auf Roma, sodass es sich nur noch knapp vor seinen Teamkollegen Rajhi/Gottschalk platzierte. Ein bitterer Rückschlag vor allem im Rennen um die Gesamtführung gegen Al-Attiyah.

Beim letzten Messpunkt vor dem Biwak auf 2.800 Meter Höhe baute Roma seinen Vorsprung nochmals um eine Minute aus. De Villiers/von Zitzewitz hielten den Rückstand auf Al-Attiyah wieder konstant, während Al Rajhi/Gottschalk nochmals vier Minuten abgaben. Im Ziel änderte sich daran kaum noch etwas. Der erste Tagessieg für Nani Roma war perfekt. Al-Attiyah verdreifachte seinen Vorsprung in der Gesamtwertung!

Ergebnis: 9. Etappe Autos (Top 10)

1. Roma/Perin (MINI) + 04:41:56 Stunden
2. Al-Attiyah/Baumel (MINI) + 00:06:27
3. Chicherit/Winicq (BUGGY) + 00:14:09
4. Vasilyev/Zhiltsov (MINI) + 00:15:52
5. De Villiers/von Zitzewitz (TOYOTA) + 00:21:58
6. Al Rajhi/Gottschalk (TOYOTA) + 00:27:16
7. Holowczyc/Panseri (MINI) + 00:29:30
8. Terranova/Graue (MINI) + 00:30:34
9. Gordon/Campbell (Hummer) + 00:35:59
10. Van Loon/Rosegaar (MINI) + 00:42:22

Gesamtwertung: Autos 09/13 (Top 10)

1. Al-Attiyah/Baumel (MINI) 31:29:38 Stunden
2. De Villiers/von Zitzewitz (TOYOTA) + 00:23:58
3. Al Rajhi/Gottschalk (TOYOTA) + 00:39:29
4. Holowczyc/Panseri (MINI) + 01:17:41
5. Van Loon/Rosegaar (MINI) + 02:01:46
6. Lavieille/Maimon (TOYOTA)+ 02:51:39
7. Sousa/Fiuza (MITSUBISHI) + 02:53:35
8. Vasilyev/Zhiltsov (MINI) + 03:02:41
9. Ten Brinke/Colsoul (TOYOTA) + 03:34:07
10. Rakhimbayev/Nikolaev (MINI) + 03:41:24

Stimmen nach der 9. Etappe

Nani Roma: Es war eine recht harte Etappe. Am Anfang gab es einige Dünen und danach ein Stück harter Strecke und viel Fesh-Fesh, da gab es viel zu navigieren. Es war nicht leicht, aber es war ganz gut. Ich bin zufrieden hier in Calama auf der letzten Etappe in Chile angekommen zu sein. Morgen geht es wieder nach Argentinien. Es sind noch vier Tage bis zum Ziel.

Nasser Al-Attiyah: Das war eine der schwierigeren Etappen bei der Dakar, weil es viel Fesh-Fesh, viel Wind und viel zu Navigieren gab. Wir konnten kaum die Strecke erkennen. Mathieu hat das sehr gut gemacht. Wir sind sehr glücklich, dass wir hier im Ziel sind. Wir waren das erste Auto, das angekommen ist. Deshalb habe ich gehofft, dass wir eine gute Zeit haben. Die Kernstrategie war, es ruhig anzugehen. Das war nicht leicht, aber ich denke wir haben einen guten Job gemacht und ich hoffe, dass es genug war, um die Dakar zu gewinnen. Vor Giniel anzukommen war der Schlüssel.

Dirk von Zitzewitz: Ein Tag zum Vergessen. Heute haben wir uns mit der Navigation leider verpokert. Bei Kilometer 328 haben wir eine Abkürzung genommen, die uns etwa zehn Kilometer eingespart hatte. Doch danach habe ich leider nicht gleich zurück ins Roadbook gefunden, was an der Stelle ausgerechnet auch nicht besonders präzise war. An dem Ort, an dem wir nach dem Wegpunkt gesucht haben, wirbelte viel Fesh-Fesh umher, sodass wir keine besonders gute Sicht hatten. Wie auch immer: Wir musste dieses Spiel versuchen, es hätte auch genauso andersherum ausgehen und 15 Minuten sparen können. Ich bin extrem enttäuscht über den Verlauf des Tages, aber auch das ist eben die ‚Dakar'. Ich kann mich aber daran erinnern, dass wir eins über 40 Minuten hinten lagen. Anschließend haben wir die Rallye Dakar doch noch gewonnen. Alles ist weiter möglich.

Giniel de Villiers: Das war nicht unser Tag. Wir haben einen furchtbar, furchtbar schlimmen Navigationsfehler gemacht. Das hat uns das Rennen gekostet. Es war eine Off-Road-Area. Der Wind kam da von hinten, es wurde viel Fesh-Fesh und Staub aufgewirbelt. Wir sind quasi nur im Kreis gefahren. Ich weiß nicht, wie viel Zeit wir dort verbracht haben, aber es hat sich wie eine Ewigkeit angefühlt bis wir den Wegpunkt gefunden hatten. Jetzt sind wir sicher, dass wir nur noch versuchen können uns irgendwie auf dem Podium zu halten. Das Rennen um den Sieg ist für uns vorbei. Es nicht unmöglich, dass Nasser einen Fehler macht, aber mit der Führung kann er es jetzt locker angehen. Aber so ist es eben manchmal bei der Dakar. Es ist sehr, sehr enttäuschend, aber da kannst du nichts machen. Es war unser Fehler, und wir bezahlen dafür. Es ist vorbei.

Yazeed Al Rajhi:Ich hatte Glück: Nach 200 Kilometern haben die Bremsen versagt - komplett. Also sind wir die übrigen 250 Kilometer ohne Bremsen weitergefahren. Ich weiß nicht, wie das passieren konnte. Deshalb sind wir so langsam unterwegs gewesen, sehr langsam sogar. Deshalb ist es schon gar nicht mehr so schlimm 27 Minuten zu verlieren. Ich hoffe wir können den dritten Platz sichern - das ist das wichtigste! Es war eine sehr, sehr harte Etappe für uns. Aber das gehört zum Lernprozess bei der Dakar dazu. Jetzt kommen noch vier Etappen. Ich denke die werden leichter sein, aber technischer. Aber da bin ich ja gut.