Die Motorradfahrer sind zur Zeit die Einzigen, die eine echte Dakar fahren: 220 Kilometer Sand, Dünen, Steine. Alle anderen haben wieder nur eine Mini Etappe mit 80 Kilometern zu bewältigen. Nach dem ersten Checkpoint ist Schluss. Ein Fluss ist zum reißenden "Monster" angeschwollen und für Autos und Trucks unpassierbar. Das mit den Autos glaube ich, denn die flachen Unterböden lassen die Prototypen schnell mal wegschwimmen, wenn die Tiefe zu groß ist, aber die Trucks? Die fahren normalerweise überall hin! Langsam macht sich Unmut breit im Bivak und die Frage stellt sich: Sollte die Dakar die Strecken prototypengerecht gestalten oder sollten die Prototypen dakargerecht gebaut werden?

Warum wird eine Stage abgebrochen, die bereits von sieben Autos bewältigt wurde? Stephan Schott, gestern in einen Unfall verwickelt und spät im Bivak hat mir schon vor Tagen gesagt, wie er die Sache angeht: Wenn es eine solche Stelle gibt, die unpassierbar scheint, sucht er sich erstmal einen Aussichtspunkt. Schaut sich die Situation von oben an, speziell ob es eine bessere Stelle für die Überfahrt geben könnte, und gegebenenfalls wirft er auch einen Blick auf die Konkurrenz. Die brettert offensichtlich nach dem Prinzip 'Sekt oder Selters' durch die Fluten - und das geht dann halt nicht immer gut. So schafft 'Schotti' es auch heute als einer der wenigen durch den entsprechenden Rio. Andere bleiben hängen und sorgen für den Abbruch.

Es gab auf dieser Dakar noch nicht einen Tag, an dem man nachts noch Autos ins Bivak kommen sah. Die Zeiten, in denen Leute in den Dünen übernachten mussten oder sich mühevoll durchkämpften, sind anscheinend vorbei. Heute passiert das nur noch, wenn man ein massives Problem hat oder ein sehr langsames Gefährt. Die Dakar ist eine reine Sprintveranstaltung geworden, sehr schwer durch die zeitliche Länge und den hohen Speed in den einzelnen Prüfungen, aber mit völlig verändertem Charakter. Im nächsten Jahr werden wir sehen, ob das der Weg der Zukunft ist - oder ob es nochmal ein Umdenken gibt zu den alten Dakar-Skills, wie Durchhaltevermögen und Improvisationstalent.

Mittendrin statt nur dabei: Ellen Lohr bei der Rallye Dakar, Foto: Ellen Lohr
Mittendrin statt nur dabei: Ellen Lohr bei der Rallye Dakar, Foto: Ellen Lohr

Insofern gibt es auch ergebnistechnisch nicht viel zu berichten. Die Autos werden wohl Stand CP1 gewertet und die Trucks...keine Ahnung. Bis jetzt gibt es keine Entscheidungen. Auf jeden Fall wird wohl Robby Gordon seinen ersten Stagewin eingefahren haben. Ansonsten reden wir von wenigen Minuten und bei den Trucks teilweise Sekunden, die die man auf der heutigen Stage an Unterschieden herausfahren konnte. Wir hoffen auf morgen. Immerhin sollten die Rios keine Gefahr für die morgige Etappe darstellen und wir echte Kämpfe in den Dünen verfolgen können.

Wir haben heute mehr Zeit als sonst, denn als wir an der Stage warten, wird relativ schnell klar, dass wir uns den falschen Punkt ausgesucht haben. Durch den Abbruch kommt keiner. Also nutzen wir die Zeit, um zum Beispiel Geld zu wechseln. Das wird nötig, da wir an einer der wenigen Tankstellen, die noch nicht 'ausverkauft' sind, einem Teilnehmer mit unseren Pesos aushelfen müssen. (Ich erwähnte ja bereits einmal, Euro sind hier quasi dasselbe wie für uns römische Silbermünzen, uneintauschbar...)

Auf der Suche nach einer Bank, die uns trotzdem unsere Euro wechselt (ein Geldautomat scheint hier ein utopische Gerät) treffen wir auf eine abgelegene Banco Argentina. Dort sieht man sich ebenfalls nicht imstande den Euro zu Pesos zu machen, da man den Wechselkurs nicht kennt. Als ich ihn nenne, wird er aber anstandslos als korrekt anerkannt und wir bekommen neue Pesos ins Portemonnaie. Alles natürlich ohne Quittung oder sowas. Wir sind beeindruckt: Banker mit Vertrauen in ihre Kundschaft. Wir vertrauen weiterhin in den Veranstalter und hoffen, dass er sich morgen was richtig fieses ausgedacht hat. Scherz, es soll einfach eine schöne Dakar-Etappe werden, das wäre nett.