Nach den Querelen des gestrigen Tages, ob, wie und wann eigentlich die Wertungsprüfung unterbrochen wurde, fällt der Veranstalter ein salomonisches Urteil. Zum Zeitpunkt des Abbruchs der Prüfung sind gerade einmal vier Autos bis zum Ende durchgefahren. Also zählen die ersten Drei und alle anderen bekommen die Zielzeit des Viertplatzierten (Peterhansel) angeschrieben. Das steht so im Reglement und bedarf eigentlich keiner Diskussion, aber man kann sich vorstellen, dass im Einzelfall noch sehr emotional im Bivak diskutiert wird. Das heißt auch, dass Guerlain Chicherit auf SMG Buggy seinen ersten Sieg für die Truppe um Phillipp Gache heimfährt. Der Jubel ist groß.

Einer, der wirklich profitiert, ist Al Attiyah, der seinen Buggy gestern in einem Flussbett (wir erinnern uns: die Unpassierbarkeit dieses Rios führte zum Abbruch) geparkt hatte. Er wurde ausgerechnet von einem Mini (Boris Garafulic) da rausgezogen, was auf Grund des Abbruchs nichts bedeutet hat, was aber im Ernstfall hätte bedeuten können, dass er weiterhin im Rennen bleibt, obwohl er der ernsthafteste Konkurrent von Leader Peterhansel auf eben Mini ist. Das sorgt nicht unbedingt für Verständnis in der Quandt Truppe.

Impressionen aus dem Media Centre, Foto: Ellen Lohr
Impressionen aus dem Media Centre, Foto: Ellen Lohr

Um das zu verstehen, muss man feststellen, dass die Dakar immer mehr ein Dauersprintrennen wird. Eigentlich ein Widerspruch, will ich damit ausdrücken, dass zwar lange, schwere Etappen gefahren werden, diese aber in einem Tempo, welches man eigentlich nur von den kurzen Baja Offroad Wochenenden kennt. Insofern verständlich, wenn sich die Konkurrenten nicht mehr helfen, denn wir reden von Minuten, die am Ende die Dakar entscheiden werden. Auf der anderen Seite gönnt man es wohl auch seinem ärgsten Widersacher nicht, in einem Fluss davongespült zu werden...

Und dass das so passiert wäre, das steht eigentlich außer Frage. Schon die Motorradfahrer, die die Nacht ja in einem anderen Bivak verbracht hatten, berichteten von uneinschätzbaren Fluten bei ihren Flussüberquerungen. Dass rührt wohl daher, weil im Laufe starker Regengüsse kein einschätzbares Hochwasser entsteht, sondern durch viel Furten und Dämme kleine Mini-Tsunamis, die plötzlich ankommen und mit großer Gewalt alles wegspülen. Nur mit viel Geduld und Übersicht kann man an der richtigen Stelle und im richtigen Moment queren.

Kurioses aus dem Bivak, Foto: Ellen Lohr
Kurioses aus dem Bivak, Foto: Ellen Lohr

Die Trucker interessierte das gestern alles nicht, denn sie fuhren erst gar kein Rennen. Als Resumee am Restday kann man feststellen, dass noch nie in einem solchen Tempo bei den Renntrucks gefahren wurde. Die bestimmenden Marken sind Iveco, Kamaz und Tatra. De Rooy nur 22 Minuten vor dem Russen Nikolaev und dem Tatra Piloten Kolomy.

Mitfavorit Loprais verliert in einer Stage zwei Stunden kurz vor dem Ziel, weil er mit einem Elektrikproblem liegenbleibt und niemand hält um zu helfen. Niemand? Nein, ausgerechnet Thomas Wallenwein auf MAN, das "rosa Schweinchen" (einer der Trucks, die auch wenn sie helfen und Waypoints verpassen, trotzdem weiter im Rennen bleiben) bei Mini, ist der Einzige, der hilft. Loprais (mein heimlicher Favorit) bleibt im Rennen. Zwei Stunden Rückstand heißt allerdings momentan nur noch Platz fünf im Gesamtklassement, der Dakarsieg scheint nach heutigen Maßstäben unmöglich. Das hohe Tempo fordert aber auch Tribut. So verliert De Rooy gleich beide wichtigen Helfer. Biasion bleibt aber im Rennen und kann seiner Nummer 1 im Ernstfall immer noch beistehen.

Mit 1 PS in der Wüste unterwegs, Foto: Ellen Lohr
Mit 1 PS in der Wüste unterwegs, Foto: Ellen Lohr

Die Mercedes-Flagge hält einmal mehr Johan Eflring im Axor hoch, allerding kommen auch die Unimog langsam nach vorne. Caffi liegt bereits auf dem 32. Gesamtrang. Wir nutzen die Zeit des Restdays um einen Sponsorenfilm für die Dakar 2014 zu drehen. Genauer gesagt, für Antonia (de Roissard, meine Rallyebeifahrerin) und mich. Denn wir wollen bei der nächsten Dakar mit einem Polaris Buggy an den Start gehen. Auch wenn die Dünenfahrten mit dem G nicht langweilig sind, würde es mich freuen, wenn das mit dem Selber-racen wieder klappt!

Das Bivak in Tucuman ist das bisher heißeste. Wir werden gebraten und von Mücken aufgefressen, aber was soll's, irgendjemand erzählt uns von Schnee und Kälte in Europa. Wir genießen die kalten Duschen und wechseln dreimal das T-Shirt. Ach, Dakar kann so hart sein...