Heute ist Matthias Kahle Rekordchampion in der Deutschen Rallye-Meisterschaft und pilotiert den SMG-Buggy des HS RallyeTeams bei der Rallye Dakar. Das Porträt einer Bildbuchkarriere. Was seine Motorsportkarriere betrifft, ist Matthias Kahle ein Spätstarter. Als der gebürtige Görlitzer seine erste Rallye fuhr, war er 24 Jahre alt. Zum Vergleich: Ein gewisser Sebastian Vettel feierte im Juli dieses Jahres seinen 24. Geburtstag und krönte sich nur 98 Tage später zum zweiten Mal zum Formel-1-Weltmeister.

Matthias Kahle am Steuer seines Buggy, Foto: DPPI
Matthias Kahle am Steuer seines Buggy, Foto: DPPI

Kahles Motorsportlaufbahn mag zwar spät gestartet haben, dafür nahm sie einen umso steileren Verlauf. Im zweiten Jahr wurde er Amateur-Rallyemeister, und nur ein Jahr später folgte der wichtigste Moment in der Karriere des Sachsen. Im Herbst 1995 wurde Kahle zu einer Nachwuchssichtung von Toyota Deutschland eingeladen. Dort setzte sich der damals noch unbekannte Matthias Kahle gegen einige deutlich erfahrenere Kollegen durch, gewann die Sichtung und erhielt den begehrten Werksvertrag bei Toyota. "Das war für mich der Sprung zum Profi", erinnert sich Kahle. "Ich wusste sofort: Jetzt geht´s los! Das ist so ein Gefühl, wie wenn man bei ‚Deutschland sucht den Superstar´ gewinnt."

Bei Toyota hielt der Nachwuchsfahrer, was man sich von ihm versprochen hatte: In seiner ersten Saison in der Deutschen Rallye-Meisterschaft (DRM) wurde er Sechster, im Jahr darauf holte Kahle den Titel. Nach seinem Wechsel zu Seat und später zu Škoda folgten sechs weitere Meisterschaften, die letzte im Jahr 2010. Der mittlerweile siebenfache Deutsche Rallyemeister ist mit fast 50 Rallyesiegen der erfolgreichste Pilot in der Geschichte der DRM. Seit 2004 setzt der Rallyeprofi seine Erfolgsgeschichte bei Wüstenrallyes fort. Seine Bilanz im HS Buggy: sechs Klassensiege und drei zweite Plätze bei elf Einsätzen.

Und wie lautet Kahles Erfolgsgeheimnis? "Ein Geheimnis gibt es nicht", erklärt der mittlerweile 42-jährige Familienvater. "Ich bin früher sehr viel Fahrrad und Motocross gefahren, bestimmt zwei bis drei Stunden am Tag. Daher habe ich sicher mein Gefühl für Bewegung und Traktion. Es war schon immer mein Wunschtraum, Rallyefahrer zu werden und ich glaube, diesen Willen braucht man, um ganz vorne dabei zu sein."

Kahle konnte sich schon immer für all das begeistern, was zwei oder vier Räder hatte. Bereits im Alter von acht Jahren durfte er den Trabant seiner Großeltern auf dem heimischen Hof bewegen. Ein Trabant war auch Kahles erstes Auto. 1989 zahlte er 10.000 DDR-Mark für ein mehr als zehn Jahre altes Modell, das entspricht in etwa seinem damaligen Jahresgehalt als Großgeräteführer im Tagebau Reichwalde.

Kahle: Im Buggy über Stock und Stein, Foto: DPPI
Kahle: Im Buggy über Stock und Stein, Foto: DPPI

In der Tat hat das unwirtliche Tagebaugebiet in der Oberlausitz gewisse Ähnlichkeiten zu Kahles aktuellem Arbeitsumfeld: die kargen Landschaften der Atacama-Wüste, die der Rallyeprofi bei der Rallye Dakar durchquert. Die Unterschiede bei seinen Arbeitsgeräten könnten aber kaum größer ausfallen: Statt eines 600 Tonnen schweren Schürfkübelbaggers fährt Kahle gemeinsam mit Copilot Dr. Thomas M. Schünemann den SMG-Buggy des HS RallyeTeams mit einem 350 PS starken V6-Biturbo-Dieselmotor.

Was seine Ambitionen für die Dakar 2012 angeht, gibt sich Matthias gewohnt bescheiden: "Bei einer Wüstenrallye geht es in erster Linie darum, das Ziel zu erreichen und die Rallye möglichst ohne Probleme zu überstehen", erklärt der frühere Großgeräteführer. "So haben wir es in den vergangenen Jahren immer gemacht und dann standen wir in den Ergebnislisten ganz automatisch sehr weit vorne. Aber natürlich ist unser großes Ziel der dritte Buggy-Sieg bei der Rallye Dakar."