4.700 Kilometer Dauertest gemeistert: Matthias Kahle und Dr. Thomas M. Schünemann haben ihre beeindruckende Leistung bei der Silk Way Rallye mit Platz Vier als bestes werksunabhängiges Team und dem Klassensieg gekrönt. Die Chronik einer spannenden Reise quer durch Russland.

Aufbruchstimmung in St. Petersburg: Wenige Tage vor dem Start der Silk Way Rallye geben Matthias Kahle und Dr. Thomas M. Schünemann dem neuen Diesel-Buggy des HS RallyeTeams den letzten Feinschliff. "In den nächsten acht Tagen werden wir 4.700 Kilometer zurücklegen, da muss jedes Detail stimmen", erklärt Copilot Schünemann. Dabei nutzt das Team aus Hamburg die Veranstaltung in Russland in erster Linie als Vorbereitung für die Rallye Dakar (1.-16. Januar 2011). "Wir sehen die Rallye eher als Test. Wir wollen uns mit dem Auto vertraut machen und die Grenzen ausloten", ergänzt der frischgebackene siebenfache Deutsche Rallye-Meister Kahle.

Bereits am ersten Tag zeigt sich, dass sich Kahle/Schünemann das richtige Testgelände ausgesucht haben. Nach starken Regenfällen steht die erste Prüfung teilweise unter Wasser, die Scheibenwischer sind im Dauerbetrieb - bis der Wischermotor versagt. Die Deutschen verlieren 15 Minuten und gewinnen gleichzeitig die erste Erkenntnis für die bevorstehende Dakar.

Auf den folgenden Etappen beweisen Kahle/Schünemann eindrucksvoll, was sie unter dem Begriff Grenzen ausloten verstehen. Das HS RallyeTeam arbeitet sich an nur zwei Tagen von Rang Elf auf Platz Sechs nach vorne, ohne dabei zu große Risiken einzugehen. Während andere hochgehandelte Fahrer wie Christian Lavieille (Dessoude-Nissan) und Boris Gadasin (G-Force-Proto) vorzeitig aufgeben müssen, führt der Weg für das HS RallyeTeam immer weiter nach vorne. Zur Halbzeit belegen Kahle/Schünemann bereits die fünfte Position als beste Verfolger des VW-Werksteams. Am fünften Tag verbessert sich die Buggy-Crew nach dem Ausfall von Giniel de Villiers (VW) sogar auf Rang Vier.

Nicht immer alles nach Plan

Dabei läuft auch bei Kahle/Schünemann nicht alles nach Plan: Auf der vierten Etappe müssen die Deutschen auf der Prüfung eine Zwangspause einlegen, nachdem die Motortemperatur auf 125° Celsius angestiegen ist. Tags drauf versagt das automatische Reifendrucksystem - mit dem sich der Luftdruck aus dem Cockpit bestimmen lässt - und der Buggy steht plötzlich mit zwei platten Reifen in der Wüste. Doch es kommt noch schlimmer: Auf der sechsten Etappe quittiert die Servolenkung des SMG-Buggy nach wenigen Kilometern ihren Dienst. Kahle/Schünemann müssen 394 Kilometer im offenen Gelände ohne Lenkunterstützung zurücklegen. Diese Fitnessübung ist jedoch nur ein kleiner Vorgeschmack auf die vorletzte Etappe, als der Buggy mit Getriebeschaden in der Wüste strandet und auf seinen Rennservice warten muss. Die Racetruck-Fahrer Mathias Behringer, Jochen Seiler und Hugo Kupper avancieren zu den Helden des Tages und ziehen den defekten Buggy am Abschleppseil 200 Kilometer bis ins Ziel der Prüfung und weitere 450 Kilometer über Landstraßen ins nächtliche Biwak, wo die Mechaniker das Getriebe bis tief in die Nacht wechseln.

"Zu diesem Zeitpunkt sah es so aus, als hätten wir die Rallye verloren", blickt Copilot Schünemann zurück. "Aber wir haben nicht aufgegeben. Wir haben immer vollen Einsatz und 100 Prozent Leistung gezeigt. Das hat sich am Ende ausgezahlt. Optimismus ist Pflicht - nicht nur im Geschäftleben." Vor der Schlussetappe liegt das HS RallyeTeam auf der fünften Position im Gesamtklassement; der angestrebte vierte Platz als bestes werksunabhängiges Team hinter dem Volkswagen-Trio scheint nun aufgrund des technischen Defekts vom Vortag außer Reichweite. Doch Kahle/Schünemann fahren unbeirrt weiter, absolvierten die Schlussetappe ohne Probleme und profitierten schlussendlich von einem Fehler ihres Konkurrenten Alexander Mironenko (Nissan), der in einer der vielen Wasserdurchfahrten stecken bleibt.

In der letzten Minute sichern sich dadurch Matthias Kahle und Dr. Thomas M. Schünemann den vierten Platz bei der Silk Way Rallye 2010. Das HS RallyeTeam feiert damit nicht nur eine gelungene Premiere im Diesel-Buggy und eine erfolgreiche Dakar-Generalprobe, das Team aus Hamburg hat bei seiner elften Wüstenrallye den fünften Klassensieg erreicht.