Stéphane Ratels größter Traum ist ausgeträumt: Seine eigens kreierte Weltmeisterschaft für Gran-Turismo-Rennfahrzeuge wird es in der Zukunft nicht mehr geben. Ob Aufschieben hier, Zureden dort oder Hinnehmen überall: Schlussendlich musste der eigentlich nimmermüde Sportwagen-Visionär entgegen aller seiner Bemühungen klein beigeben. Besonders unglücklich ist, dass der gebotene Sport trotz unumstrittener Klasse schlichtweg nicht genügte, um das mühsam Geschaffene zusammenzuhalten. An alledem konnte auch die nunmehr letzte Saison der wohl meistdiskutierten GT-Serie der jüngeren Vergangenheit nichts mehr ändern.

Dabei begann das Jahr 2012 durchaus positiv. Nach langem Hin und Her war es dazu gekommen, dass ausschließlich Boliden nach GT3-Regularien das Starterfeld bestückten. Viele Beobachter begrüßten diesen Schritt, denn so konnten sich die Teilnehmer mit ihren Einsatzwagen auch außerhalb der WM engagieren, was mit den alten GT1-Brummern zuvor nicht mehr möglich gewesen war. Sogar mehr Zuschauer als gewöhnlich fanden den Weg zum Aufgalopp, der auf dem Circuit Paul Armagnac in der kleinen französischen Gemeinde Nogaro über die Bühne ging.

Abwärtstrend kurz nach Saisonbeginn

Doch schon nach zwei weiteren Rennwochenenden plagten Ratel wieder die alten Sorgen: Drei von an der Zahl 18 Autos waren beim Debüt des Championats im slowakischen Orechová Potôn nicht zugegen. Das Ford-Team Sunred lies bereits seit dem Auftakt in Frankreich ein Fahrzeug missen, nun war Aston Martin gleich gänzlich von der Bildfläche verschwunden. Eigentlich sollte es die Abschiedsvorstellung des gediegenen DBRS9 werden, der eine Runde später in Portugal durch das zu diesem Zeitpunk brandneue Vantage-GT3-Modell ersetzt werden sollte; die russisch-französische Equipe Valmon Racing tauchte in der Folge jedoch überhaupt nicht mehr auf.

Unterdessen hatte die FIA eine Frist gesetzt: Würde Ratel bis zum September nicht mindestens zehn Teams zu einer Einschreibung für die Saison 2013 bewegen können, wäre das Aus der WM besiegelt. Passenderweise sagten kurz darauf die Streckenbetreiber in Ordos und Peking die Läufe in China ab; Mühlner Motorsport zog obendrein seine beiden Elfer-Porsche aus dem laufenden Wettbewerb zurück. Was nun folgte, war keine Überraschung, sondern hatte sich im Verlauf der drei WM-Jahre langsam aber sicher angekündigt: Die Stéphane-Ratel-Organisation vermeldete, die GT-Weltmeisterschaft 2013 nicht mehr austragen zu können.

Fortan gab es weitere Terminstreichungen, weitere Absprünge von Teams und somit entsprechend betrübte Gesichter im Fahrerlager. Rein sportlich gesehen herrschte allerdings Spannung bis zum Schluss: Fast schon brüderlich teilten sich die neun Marken die Siege der ersten Rennen. Nach und nach spitzte sich der Kampf um die letzte Krone der GT-WM aber in Richtung des Duells BMW gegen Mercedes-Benz, Vita4One Racing gegen Münnich Motorsport, zu. Aus den Höhen und Tiefen beider Mannschaften resultierte ein furioses Finale im englischen Donington Park.

Hexis-McLaren siegte in Donington, Foto: SRO
Hexis-McLaren siegte in Donington, Foto: SRO

Das Drama ereignete sich zirka 30 Minuten vor dem Ende des Hauptrennens. Nach einem äußerst engen Schlagabtausch über mehrere Runden hinweg attackierte BMW-Pilot Yelmer Buurman den auf Rang sieben liegenden Mercedes-Mann Markus Winkelhock unmittelbar nach der Start-und-Ziel-Geraden, doch nahezu gleichauf liegend berührten sich die beiden Boliden. Während Buurman daraufhin geradewegs in die Streckenbegrenzung raste, drehte sich wenige Meter weiter auch sein Rivale von der Piste. Beide erreichten durch ihr Zusammenkommen nicht das Ziel, was den Gewinn der Meisterschaft zugunsten der Männer von Münnich bedeutete.

Dass der dritte und letzte Titel der GT-WM auf eine solche Art und Weise vergeben wurde, passt traurigerweise in das schräge Gesamtbild der Serie. Doch Ratel wird weitermachen: Im kommenden Jahr wird es die FIA GT Wolrd Series geben - zwar ohne offiziellen WM-Pokal, dafür aber dennoch international. Man darf gespannt sein, was daraus werden wird.