Mit dem North West 200 ist die letzte Generalprobe auf den Straßen der britischen Inseln beendet, nun kann die TT kommen. Aber wer hat dieses Mal die besten Karten? Kann John McGuinness, der derzeit bei 23 Siegen hält, die Rekordmarke von Joey Dunlop mit 26 Siegen einstellen? Siegt Erfahrung oder hat ein junger Wilder die Nase vorn? Motorsport-Magazin.com hat sich mögliche Favoriten genauer angesehen.

Die alten Hasen: McGuinness und Anstey

Mit John McGuinness und dem Neuseeländer Bruce Anstey gehen bei der Tourist Trophy zwei der erfahrensten Teilnehmer als Mitfavoriten an den Start. McGuinness hat bereits 23 Siege auf dem Konto und ist auch mit 44 Jahren noch schnell, seinen absoluten Rundenrekord von 213,562 km/h auf dem Snaefell Mountain Course konnte niemand unterbieten. Auf der werksunterstützten Honda erreichte er zuletzt beim North West 200 den sechsten Platz im einzigen Superbike-Rennen, in beiden Supersport-Rennen wurde er Achter, obwohl er kein bekennender Fan des Triangle-Kurses ist. Das Grund-Setup seiner Fireblade jedenfalls scheint zu stimmen.

John McGuinness ist auch jenseits der Vierzig für einen Sieg gut, Foto: Toni Börner
John McGuinness ist auch jenseits der Vierzig für einen Sieg gut, Foto: Toni Börner

Ähnliches gilt für Bruce Anstey. Der mittlerweile 47-jährige hat bereits 18 TT-Starts und immerhin zehn Siege auf dem Konto. Bei der Generalprobe in Nordirland konnte er zwar kein Podium einfahren und musste im Superbike-Rennen einen Sturz verkraften, bei dem er aber unverletzt blieb. Allerdings war er in den Qualifyings gut mit dabei und wurde kurz vor der University Corner mit 209.8 Meilen pro Stunde, also etwa 337 km/h geblitzt. Auch seine Fireblade, das älteste Werksmodell im Fahrerlager, läuft also wie geschmiert.

Der Comeback-King: Ian Hutchinson

Gespannt sein darf man auf die Leistungen von Ian Hutchinson, der für diese Saison ins Tyco-BMW-Team gewechselt hat. Er konnte beim NW 200 immerhin einen Superstock-Sieg einheimsen, mit dem Superbike wurde er Zweiter. Auch in der BSB ist er derzeit gut mit dabei. In der Supersport, für die BMW kein passendes Motorrad hat, vertraut er weiter auf die bewährte Yamaha.

Nachdem Hutchy 2015 mit drei Siegen nach langer Verletzungspause und dem drohenden Karriereende endlich wieder auf die Erfolgsspur zurückkehrte, ist er auch 2016 einer der heißesten Siegeskandidaten. Immerhin konnte ihm sein Kunststück von 2010, wo er kurz vor seinem schweren Unfall fünf Siege in fünf Rennen holte, bis heute niemand nachmachen, nicht einmal McGuinness.

Die zweite Dunlop-Generation: William und Michael

Michael Dunlop ist ein Mitfavorit auf TT-Siege, Foto: IoMTT
Michael Dunlop ist ein Mitfavorit auf TT-Siege, Foto: IoMTT

Ein Name ist untrennbar mit der Isle of Man verbunden: Joey Dunlop. Gleich zwei seiner Neffen, William und Michael, werden dieses Jahr darum kämpfen, dass ihm McGuinness den Siegrekord nicht streitig machen kann. Die besseren Karten dürfte der vier Jahre jüngere Michael haben, auf dessen Konto bereits elf TT-Siege und 18 Podien im Vergleich zu Williams fünf Podien stehen.

Beim North West 200 konnte William zwar mit der Supersport-Yamaha am Podium schnuppern, doch ein Sieg gelang letztlich nur Michael auf dem BMW-Superbike, wobei er auch gleich noch den Rundenrekord im Triangle pulverisierte. Die Familienehre wird also Michael verteidigen müssen.

Die Geheimtipps: Cummins und die jungen Wilden?

Den einen oder anderen Sieg könnten sich auch Geheimfavoriten holen: Allen voran Lokalmatador Conor Cummins auf der Werkshonda, der bei neun TT-Teilnahmen immerhin schon vier Podien einheimsen konnte und immer wieder mit einzelnen schnellen Runden auf sich aufmerksam machte. Nur für einen Sieg hat es bisher noch nicht gereicht, doch wann Cummins bei der Tourist Trophy zum ersten Mal auf dem obersten Treppchen steht, scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein.

Außenseiterchancen dürften auch James Hillier und Dean Harrison, beide auf Kawasakis unterwegs, haben. Aus deutschsprachiger Sicht hat sich Horst Saiger, ebenfalls Kawasaki, beim NW 200 gut geschlagen und hat gute Chancen auf Top Ten-Platzierungen. Zwei der absoluten Nachwuchshoffnungen für die TT 2016 sind leider bei Rennunfällen verstorben, erst Billy Redmayne, der 2014 den Newcomer´s Manx Grand Prix gewonnen hatte, im April am St Oliver´s Mount, dann kam Malachi Mitchell-Thomas, der letztjährige Gewinner des Senior Manx GP, beim North West 200 ums Leben.

Und was ist mit Guy Martin?

Ein TT-Star, möglicherweise sogar der prominenteste Teilnehmer der letzten Jahre, glänzt 2016 bei der Tourist Trophy durch Abwesenheit: Guy Martin. Er kündigte vor Saisonbeginn an, auf NW 200 und TT zu verzichten, weil er stattdessen am Extrem-Radrennen Tour Divide in den Rocky Mountains teilnimmt. Damit wird ihm sein Rekord, die meisten TT-Podien ohne einen einzigen Sieg eingefahren zu haben, wohl bis auf weiteres erhalten bleiben.