Wie und wann hast du mit dem Rennsport angefangen?
Katja Poensgen: Ich habe 1993 im ADAC Junior Cup angefangen. Im zweiten Jahr - 1994 - bin ich am Nürburgring zum ersten Mal in die Punkte und in Hockenheim beim letzten Lauf als Dritte zum ersten Mal aufs Podium gefahren. Ich hatte mir zum Ziel gesetzt, dass ich 1995 den ADAC Junior Cup gewinnen wollte. Im letzten Rennen in Hockenheim lag ich nur drei Punkte hinter Reinhard Stolz, die Bedingungen waren unheimlich schwierig und wir wollten beide nicht stürzen. Ich bin in den letzten Runden von Platz 15 bis auf Platz sieben oder acht nach vorne gefahren und Stolz ist auf Platz 13 hängengeblieben. Als ich über die Ziellinie gefahren bin, standen mein Teamchef und mein Vater schon auf der Boxenmauer und haben gewunken. Aber irgendwie hat es länger gebraucht, bis mir klar geworden ist, dass ich den Junior Cup gewonnen hatte.

Was war dein bestes Rennen?
Katja Poensgen: Ein Highlight war 2001 in der 250er WM auf Aprilia in Mugello. Dort bin ich unter gemischten Wetterverhältnissen auf Platz 14 gefahren und habe Punkte geholt. Das war für mich ein riesengroßer Erfolg und ist auch heute noch das, was die Leute in Erinnerung haben. Das war toll. Aber auch das letzte Rennen 1995, in dem ich den ADAC Junior Cup gewinnen und Stolz bezwingen konnte.

Du bist noch immer die einzige Rennfahrerin, die in der WM Punkte sammeln konnte. Macht dich das stolz?
Katja Poensgen: Heute macht es mich sogar mehr stolz als früher. Als ich die Punkte in Mugello geholt hatte, habe ich mich schon gefreut. Am meisten habe ich mich aber gefreut, als Kevin Schwantz - der immer ein Vorbild von mir war - zu meiner Box kam und sagte: 'Ich ziehe den Hut vor dir. Ein Wahnsinnsrennen, Katja!' Er stand das ganze 250er Rennen lang bei Nieselregen an der Boxenmauer und hat mir danach gesagt, dass es das einzige 250er Rennen war, das er komplett angeschaut hat, nur weil ich so geil gefahren bin. Das war richtig gut.

Was ist das Besondere daran, als Mädchen gegen die Jungs anzutreten?
Katja Poensgen: Auf der Strecke gibt es eigentlich gar nichts Besonderes. Dort habe ich mich immer als Pilot gefühlt und wollte schneller sein als die anderen. Im Fahrerlager ist es für die meisten Leute schon etwas Besonderes, obwohl ich mich selbst nicht als etwas Spezielles angesehen habe. Die Leute finden es toll, wenn lange blonde Haare unter einem Helm hervorschauen. Heute bin ich schon stolz auf das, was ich alles gewonnen habe.

Was sind möglich Nachteile?
Katja Poensgen: Rein körperlich haben wir einen kleinen Nachteil, weil wir von Haus aus nicht so viele Muskeln haben wie die Männer. Wir müssen Muskelpartien trainieren, von denen der eine oder andere Mann noch nie etwas gehört hat. Dann ist die Konkurrenz auf der Strecke natürlich groß. Wenn man gegen die ganzen Jungs fährt und auch noch schneller ist, sind die natürlich nicht sehr begeistert. Es gab auch Fahrer, die auf der Start-Ziel-Geraden nach mir getreten haben, wenn sie neben mir gefahren sind oder mir auch mal in der Kurve den Ellenbogen reingerammt haben. So richtig große Nachteile sehe ich aber nicht. Ich glaube, dass Frauen - umso älter sie werden - etwas mehr Respekt haben. Ich denke, dass ganz tief drinnen mitfährt, dass man als Frau später vielleicht einmal Kinder haben will und dass man dadurch nicht das allerletzte Risiko eingeht. Es gibt aber natürlich auch Ausnahmen.

Warum hast du 2004 aufgehört?
Katja Poensgen: 2003 war mein letztes Jahr im 250ccm-Grand-Prix. Anfang 2004 hatte ich noch kein gutes Team, kein gutes Motorrad und ich hatte keine Lust, auf einem stark unterlegenen Motorrad Grand Prix zu fahren. Dort riskiert man eben doch sein Leben, man fährt mit den Besten der Welt. Ich bekam ein Angebot von RTL - die damals für ein Jahr die MotoGP übertragen haben - als Expertin mit zu moderieren und dieses Angebot habe ich angenommen. Dann wollte ich zurück in den Rennsport und noch vier oder fünf Jahre Motorradrennen fahren, aber Ende 2004 wurde ich schwanger. Ich habe mich für mein Kind entschieden und den Helm an den Nagel gehängt.

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