Keith, was ist eigentlich cooler: ein Rockstar oder ein Racer zu sein?
Keith Flint: Ich möchte mich weder als Rockstar noch als Racer bezeichnen. Aber ich sage dir: Wenn du mich Racer nennst statt Rockstar, ist das für mich das größere Kompliment.

Wie war das Gefühl hier in Le Castellet, gemeinsam mit Motorsport-Größen a la Michael Schumacher, Pol Espargaro, John McGuinness und Co. Runden auf dem Motorrad zu drehen?
Keith Flint: Das war ein großartiges Gefühl, ich musste mich kneifen: 'Ist das gerade wirklich passiert?' Ich bin überglücklich, mit diesen tollen Jungs fahren zu dürfen.

Hast du dir Tipps geholt oder den Jungs vielleicht auch etwas erklären können?
Keith Flint: Als ich die erste Runde des Tages drehte, bemerkte ich, dass man bloß nicht auf die weißen Linien fahren durfte. Bei Regen ist das auf vielen Kursen kein Problem, hier in Le Castellet aber schon. Das sagte ich anschließend der TT-Ikone John McGuinness und das dürfte das einzige Mal in meinem Leben gewesen sein, dass ich so jemandem Motorrad-Tipps geben kann. Eher gewinne ich im Lotto! Hier war ich wie ein Schwamm: Ich wollte alles aufsagen, was mir diese Großmeister und wahren Künstler des Motorsports mit auf den Weg gaben. Das sind unbezahlbare Informationen.

Rennstar trifft Rockstar, Foto: Monster/Getty Images
Rennstar trifft Rockstar, Foto: Monster/Getty Images

Was hat es mit deinem Team 'Traction Control' auf sich und: Warum habt ihr eigentlich einen Fuchs als Wappentier?
Keith Flint: Das ist kein Fuchs, sondern eine Ratte! Der Hintergrund: Damals gab es in Essex in der Rat Lane illegale Straßenrennen und einen richtigen Straßenkämpfer auf dem Motorrad bezeichnet man bei uns auch als Ratte. Deshalb entschieden wir uns für die Ratte als Team-Logo.

Füchse sind aber auch nicht schlecht...
Keith Flint: Nein, ich mag Füchse. Aber statt eines Fuchses würde vielleicht eher ein Wolf passen, oder? Aber zurück zur Frage: Die Gründung des Team 'Traction Control' war eine absehbare Folge, weil wir schon immer gern bei Rennen unterwegs waren, vor allem Endurance-Rennen. Ich fuhr bereits in den 70er und 80er Jahren kleinere Motorradrennen und bei meiner Rückkehr aufs Bike sagte ich mir, dass es Endurance-Rennen sein sollen. Mir gefällt die Idee dahinter: Sie dauern lange, sind physisch und auch mental anstrengend, außerdem kommt es aufs Teamwork an. Wir sind wie eine richtige Gang und es gefällt mir einfach, in einem Team zu sein. Mein Traum wäre es, in der nationalen Klasse Erfolge mit dem Team feiern zu können, nachdem uns kürzlich der Gesamtsieg auf Klub-Ebene gelang. Ich nehme das wirklich ernst.

Es ist eher selten der Fall, dass ein prominenter Teambesitzer selbst aufs Bike steigt...
Keith Flint: Ich will ein richtiger Macher sein und nicht einfach nur im Fahrerlager auf und ab laufen und die Kohle einstecken. Ich bin leidenschaftlicher Rennfahrer und wenn ich auf noch so nassen und schwierigen Kursen unterwegs bin, kann ich mir das selbst beweisen.

Was geht dir durch den Kopf, wenn du auf dem Rennbike sitzt und Gas gibst?
Keith Flint: Das ist wie eine selige Ungewissheit. Man muss voll drin sein, darf aber nicht zu viel nachdenken. Die Gedanken dürfen nur auf die eigene Linie und die nächste Kurve gerichtet sein. Schritt für Schritt und dabei sehr präzise sein. Dieses Gefühl und die Herausforderung, wenn du dich hart in eine Kurve lehnst - fuck, das ist wie Achterbahn fahren! Wenn ich danach vom Motorrad absteige, überkommt mich ein Gefühl der absoluten Freude, besser geht es einfach nicht.

Was ist dir wichtiger: zu gewinnen oder Spaß zu haben?
Keith Flint: Natürlich versuche ich zu gewinnen, aber ich muss es auch genießen können. Dieses Jahr kämpften wir um die Meisterschaft, also war klar, dass wir unbedingt Punkte holen mussten. Wir wollten siegen, aber eben nicht um jeden Preis. Aber eines kann ich dir sagen: Wenn du um einen Titel kämpfst, macht dich das richtig besessen. Ich will immer die Fahrer vor mir überholen und gehe auch soweit, bis ich mich nicht mehr zu 100 Prozent wohl fühle auf dem Bike - aber nie so weit, dass es völlig außer Kontrolle gerät.

Was sagen eigentlich deine Bandkollegen von The Prodigy zu deiner Renn-Leidenschaft?
Keith Flint: Sie sorgen sich um mich, weil sie wissen, dass das gefährlich ist. Die wissen, dass ich die Sache ernst angehe, so schnell wie möglich fahre und an die Grenzen gehe. Bei uns würde keiner dem anderen vorschreiben, was er zu tun hat. Wir sind alle starke Charaktere und das macht uns als Gruppe so stark. Sie sagen mir: Pass auf dich auf und keep racing.

Motorsport-Magazin.com trifft Keith Flint, Foto: adrivo Sportpresse
Motorsport-Magazin.com trifft Keith Flint, Foto: adrivo Sportpresse

Du stehst mit The Prodigy auf der Bühne und fährst auf der Rennstrecke - gibt es da gewisse Ähnlichkeiten?
Keith Flint: Ja, die gibt es: Du gibst auf der Rennstrecke alles und gehst ans Limit - aber nicht darüber hinaus. Auf der Bühne ist es ähnlich, denn du willst Gas geben, dabei aber nicht so wirken wie der besoffene Onkel auf der Hochzeit. Verstehst du, was ich meine? Eine gewisse Kontrolle und der Sinn für Realität müssen immer da sein.

Was gibt es musikalisch Neues bei The Prodigy?
Keith Flint: Wir arbeiten gerade an einem neuen Album und es gut möglich, dass wir nächstes Jahr bei einer großen Sache in Deutschland auftreten. Allzu viel kann ich aber noch nicht darüber verraten.

Ihr habt sehr viele Fans in Deutschland.
Keith Flint: Deutsche Fans war immer gut zu uns. Ihr wart damals auch das einzige andere Land, in dem es eine richtige Dance- und starke Techno-Szene gab. Ich erinnere mich etwa an Sven Väth, den wir immer noch sehr mögen. Die deutsche Musik-Szene war immer stark und ich kann sagen, dass ich Deutschland wirklich liebe.

Das hören wir gern. Warum genau?
Keith Flint: Deutschland ist so echt. Berlin ist beispielsweise so eine interessante Stadt mit all der Kultur und den Mega-Partys. Außerdem liebe ich deutsche Autos, ich bin ein riesiger Fan von Porsche, wie man auch in meiner Garage sehen kann. Außerdem schätze ich eure Effizienz - das erinnert mich immer an Japan, wo meine Ehefrau herkommt.

Zwar ein deutsches Wort, aber das kennst du bestimmt auch: Nordschleife.
Keith Flint: Klar, natürlich kenne ich die Nordschleife. Ich war schon ein paar Mal am Nürburgring und ich liebe diese Strecke einfach. Wenn ihr mich mal dahin einladet, dann komme ich, versprochen! Als die Superbike dort fuhr, habe ich mir das angeschaut. Ich war schon auf der Nordschleife, aber noch nie auf der Grand-Prix-Strecke. Ich kenne also die eine Hälfte, die andere aber noch nicht. Da möchte ich auch noch drauf fahren, denn dieses Achterbahn-Feeling da muss einfach mega sein!