Rund 60 Kilometer Landstraße, mit einer Kurve an den anderen, durch Ortschaften und über Berge. Was sich nach einem gemütlichen Sonntagsausflug mit dem Bike anhört, ist in Wahrheit das härteste Motorradrennen der Welt. Gern wird der Mountain Circuit auf der Isle of Man auch als asphaltierte MotoCross-Piste bezeichnet. Hier eine Bodenwelle, da eine Senke - eine enorme Belastung, nicht nur für die Fahrer, sondern auch ganz besonders für die Motorräder.

Vollgas mit dem Superbike springen: Eine Tortur für das Material, Foto: Toni Börner
Vollgas mit dem Superbike springen: Eine Tortur für das Material, Foto: Toni Börner

Davon, von den technischen Anforderungen, können die meisten Piloten ein Lied singen. John McGuinness zum Beispiel, der schon 15 TT-Siege einfahren konnte, hätte schon einige mehr auf dem Konto haben können. Unvergessen, wie er in der Senior TT in Führung liegend mit einer gerissenen Kette ausrollte - und das kam nicht nur ein Mal vor. "Du kannst viel vorbereiten, aber es kann einfach alles passieren", sagt Clive Padgetts, einer der erfolgreichsten Teamchefs auf der Isle of Man, im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com. "Du kannst einen Platten haben, der Motor kann dir kaputt gehen, da spielen so viele Dinge mit hinein. Zum Erfolg brauchst du hier auf jeden Fall Glück, du kannst alles perfekt vorbereiten, aber am Ende des Tages hilft dir nur ein bisschen Glück weiter."

Aber was braucht es technisch? Padgetts hält sich bedeckt. "Ich will natürlich nicht zu viele Geheimnisse verraten, aber ich denke, dass du auf jeden Fall eine gute und erfahrene Crew brauchst", sagte er weiter. "Wir haben im letzten Jahr gescherzt, dass unsere Teammitglieder im Schnitt 103 Jahre alt sind, aber natürlich kommt die Erfahrung nicht von ungefähr und viele Leute in unserem Team sind auch schon gefahren. Ich denke, das ist ein großer Vorteil an unserer Truppe, selbst der Renningenieur ist hier schon mit 120 Meilen/ Stunde gefahren, also haben wir einige sehr erfahrene Typen hier."

Es sind tatsächlich viele kleine Geheimnisse, die einem verborgen bleiben und die man sich Jahr für Jahr erarbeiten muss. Insgesamt ist das Fahrerlager bei der TT sicher eine Familie, aber schließlich will jeder selbst so gut wie möglich abschneiden. "Die Engländer haben uns schon viele Tipps gegeben, aber erst seit ich mit Dan Sayle im Boot fahre weiß ich, dass das nicht alles war. Sie haben uns vieles verschwiegen", so Seitenwagen-Pilot Klaus Klaffenböck zu Motorsport-Magazin.com.

Eine wichtige Komponente ist, wie auf der Rundstrecke auch, das Fahrwerk. Aber hier werden eben ganz andere Ansprüche an die Gabeln, Federbeine und Schwingen gestellt. Im letzten Jahr zum Beispiel probierte der Deutsche Rico Penzkofer bei seinem Superbike-Debüt auf der Insel die Öhlins-Gabeln aus der Superbike WM. Doch die BMW S1000RR ließ sich damit nicht beherrschen, das Vorderrad blieb einfach nirgends auf dem Boden. Mit den Seriengabeln ging es dann.

Gordon Unger passt das Fahrwerk von Rico Penzkofers BMW an, Foto: Toni Börner
Gordon Unger passt das Fahrwerk von Rico Penzkofers BMW an, Foto: Toni Börner

Die Wheelie-Problematik ist ein weiteres Thema. Kleine Hügel, an denen das Vorderrad einfach abhebt, gibt es genügend. Da hilft auch keine Wheelie-Control aus der Elektronik-Abteilung. Da kommen ebenfalls Erfahrungswerte zum Einsatz. Manchmal liegen die sogar klar auf der Hand. Für die meisten Maschinen wird auf der Insel Man der Radstand verlängert. Dies soll bewirken, dass das Vorderrad eben mehr am Boden bleibt. Vergleichen kann man das, vom Grundprinzip her, mit einem für Dragster-Rennen vorbereiteten Motorrad. Diese teilweise turbogeladenen Bikes sind für Sprint auf eine Viertelmeile ausgelegt und haben unendlich Power. Doch ohne eine verlängerte Schwinge und den damit einhergehenden langen Radstand, würde es den Fahrer wohl schon am Start nach hinten wegwippen. So lang wie bei einem Dragster wird der Radstand eines Isle of Man-Motorrades aber nie sein. In der Stocksport-Klasse zum Beispiel darf die Schwinge nicht anders als in der Serie sein. Und außerdem geht es auf dem Mountain Circuit ja nicht nur geradeaus und daher muss, wie immer im Rennsport, ein Kompromiss gefunden werden.

Grabmüller/Kölsch springen über Ballaugh Bridge, Foto: Toni Börner
Grabmüller/Kölsch springen über Ballaugh Bridge, Foto: Toni Börner

Aber wie Clive Padgetts schon sagt, das Motorrad kann noch so gut vorbereitet sein, irgendwann stößt alles an seine Grenzen. Zum Beispiel wenn die Motorräder am Ortsausgang von Crosby abheben - bei zwischen 260 und 280 km/h. Oder auf der Ballaugh Bridge mit rund 80 km/h. "Dort kannst du keine Zeit gut machen, aber viel am Motorrad zerstören", so BMW-Pilot Penzkofer zu Motorsport-Magazin.com. Manche Bikes heben an dieser Brücke über einen Meter hoch ab - dafür sind aber die Ketten der heutigen Maschinen nicht ausgelegt.

Last but not least kommt noch die Komponente "Fahrer" hinzu. "Jeder Fahrer ist anders", so Padgetts. "Da müssen wir natürlich die Sitzposition anpassen, die Fußrasten, die Lenkerstummel. Das ist aber wohl schon das einzige, was in der Abstimmung der Bikes mit der Rundstrecke gleich ist. Ansonsten sind das hier einfach ganz andere Anforderungen."