Ist der Kurs langsam oder schnell, der Asphalt rau oder glatt, steht das Auto vorn oder hinten in der Startaufstellung? Im ADAC GT Masters gibt es viele Faktoren, die die Renntaktik und damit auch die Reifenstrategie beeinflussen. Das richtige Reifenmanagement kann ein Schlüssel zum Erfolg sein. Ein näherer Blick auf die Möglichkeiten, die den Teams auch beim anstehenden Saisonfinale in Hockenheim (30.09.-02.10.) offenstehen.

Die Rennreifen von Exklusivreifenpartner Pirelli sind im ADAC GT Masters die Verbindung zwischen den rund 600 PS starken Supersportwagen und dem Asphalt, der von Rennstrecke zu Rennstrecke seine Temperatur, seine Oberflächenstruktur und seine Haftfähigkeit verändert. Im ADAC GT Masters stehen je Fahrzeug für die Freien Trainings, die Qualifyings und die Wertungsläufe einer Veranstaltung maximal drei neue Reifensätze von Einheitslieferant Pirelli zur Verfügung. Wie diese auf die Sessions verteilt werden, ist den Teams freigestellt. Zusätzlich dürfen für die Freien Trainings bei jedem Fahrzeug maximal zwei Sätze Reifen von der vorherigen Veranstaltung benutzt werden - wann welche Reifen verwendet werden, sollte also wohlüberlegt sein.

"Generell spielen die Freien Trainings in puncto Reifen eine größere Rolle, als man vielleicht vermuten mag", so Bentley-Pilot Christer Jöns (29, Ingelheim/Bentley Team ABT). "Sie bieten die Möglichkeit, Situationen in den entscheidenden Sessions, also den Qualifyings und den Rennen, zu proben. Zum Beispiel testet man einen angefahrenen Reifensatz bei vollem Tank, um ein Rennen zu simulieren, oder man nutzt einen neuen Reifensatz, um schnelle Runden für die Qualifyings zu üben."

Die einhellige Meinung unter den Fahrern ist, dass kaum ein Weg daran vorbeiführt, zwei der neuen Reifensätze in den beiden Qualifyings zu nutzen, denn "die Zeiten im ADAC GT Masters sind so eng beieinander und ein neuer Reifen bietet für ein, zwei Runden einfach so viel mehr Grip, dass man massiv im Nachteil wäre, wenn man ihn im Gegensatz zur Konkurrenz nicht nutzen würde", erklärt Audi-Fahrer Markus Winkelhock (36, Berglen-Steinach/Phoenix Racing). "Mit den sieben oder acht Zehntelsekunden Rückstand, die man sich einhandelt, steht man gut und gern 15 Plätze weiter hinten in der Startaufstellung."

Mit einer passenden Taktik kann man sich dennoch einen entscheidenden Vorteil gegenüber der Konkurrenz herausarbeiten. So einen Kniff leistete sich zum Beispiel das Team Precote Herberth Motorsport im ersten Rennen des Motorsport Festivals Lausitzring. Die Porsche-Mannschaft sparte sich einen frischen Reifensatz für das erste Rennen auf und ging damit von der Pole-Position in das Rennen. Herberth-Pilot Robert Renauer (31, Jedenhofen): "Auf den ersten Kilometern ist das Griplevel von neuen Reifen enorm. Wenn man ganz vorn in der Startaufstellung steht, bietet es sich an, neue Reifen zu nutzen." Den Beweis lieferte Renauer selbst: In den ersten Runden nach dem Start fuhr er einen Vorsprung von mehr als vier Sekunden heraus und erstickte auf dem Weg zum Laufsieg potenzielle Angriffsversuche der Konkurrenten im Keim.

Und was sagt der Reifenhersteller? Warum sind neue Rennreifen überhaupt schneller als gebrauchte? "Grundsätzlich gilt es zwischen Rennreifen und Serienreifen zu unterscheiden. Ein Rennreifen baut im Lauf seines Lebenszyklus die Performance auf - mal schneller, mal langsamer -, beeinflusst durch die Kombination aus Wärme und Luftdruck. Dadurch erhöht sich das Gripniveau bis zum sogenannten Peak des Reifens, dem Zeitpunkt, an dem er bestmöglich funktioniert", so Michael Blaufuss, Leiter Motorsport Pirelli Deutschland. "Danach bleibt dieses Performancelevel je nach Einsatz stabil und nimmt zum Ende des Lebenszyklus hin wieder ab. Letztendlich kann ein gebrauchter Reifen, der bereits mehrfach im Einsatz war, dieses Niveau nicht mehr reproduzieren. Bei Serienreifen ist es anders. Die extremen Temperaturen aus dem Motorsport werden auf der Straße nicht erreicht, hier entscheiden andere Leistungsparameter über die Qualität."

Einen Ausblick auf das ADAC GT Masters-Saisonfinale in puncto Reifen liefert Anna Playford, Pirelli Trackside Engineer. "Der Hockenheimring ist ein technisch anspruchsvoller Kurs und bietet schnelle sowie enge, winklige Kurven, zudem schnelle Geraden und einige harte Bremspunkte, bei denen die Reifen extrem beansprucht werden. Der Asphalt ist relativ glatt, und bei voraussichtlich milden Wetterbedingungen gehen wir von einem geringen Verschleiß aus."