Adrenalin und Krach im Rennauto, völlige Ruhe auf dem Grün: immer mehr Motorsportler entdecken den Golfsport als Hobby für sich. PS trifft Platzreife - purer Kontrast oder doch mehr Gemeinsamkeiten als gedacht? Hobby-Golfer Dominik Baumann, 2015 Vizemeister des ADAC GT Masters im BMW Z4 GT3 von Schubert Motorsport, nimmt uns mit auf eine kleine 9-Loch-Runde.

Loch 1: Lärm
"Im Motorsport haben wir einen ständigen Geräuschpegel, egal ob Motorsound oder Boxenfunk. Ich bin den Krach aber schon lange gewöhnt und habe überhaupt keine Probleme damit. Beim Golf ist es eine völlig andere Welt. Auf dem Platz herrscht fast völlige Ruhe, und das genieße ich auch als Ausgleich. Wenn da aber ständig einer zwischendrin quatscht, kannst du dich schon nicht mehr richtig konzentrieren."

2015 feierte Dominik Baumann zusammen mit Jens Klingmann zahlreiche Erfolge, Foto: Alexander Trienitz
2015 feierte Dominik Baumann zusammen mit Jens Klingmann zahlreiche Erfolge, Foto: Alexander Trienitz

Loch 2: Konzentration
"Es heißt, dass Golf hinter Stabhochsprung als schwierigste Sportart der Welt gilt. Die Bewegungsabläufe müssen unheimlich präzise sein, deshalb ist absolute Konzentration Pflicht. Das gilt vor allem beim Abschlag und beim Putten, also während eines relativ kurzen Zeitraumes. Im Motorsport ist es anders, da musst du den Fokus über eine längere Dauer aufrechterhalten. Etwas ausruhen kannst du dich nur auf den Geraden. Beim Golf wäre das der Weg zum nächsten Loch."

Loch 3: Competition
"In Sachen Wettbewerb treffen hier absolute Gegensätze aufeinander. Im Rennsport bist du von sehr vielen Faktoren abhängig, wie dem Team und der Stärke des Autos. Motorsport ist absolutes Teamwork. Beim Golfen hingegen bist du auf dich allein gestellt. Wenn du auf dem Platz Mist baust, bist du komplett selber dafür verantwortlich; andersherum natürlich auch, wenn dir ein Erfolg gelingt. Ich glaube, dieser krasse Unterschied ist einer der Gründe, warum viele Rennfahrer gern golfen."

Loch 4: Training
"Training im Motorsport ist immer so eine Sache... Wir können am Simulator testen und müssen uns fit halten. Die wenigste Zeit sitzen wir aber wirklich im Auto. Deshalb ist jede Minute im Cockpit umso wichtiger, weil es dich wirklich weiterbringt. Wegen der hohen Kosten und Testbeschränkungen gibt es kaum reale Trainingsmöglichkeiten. Beim Golf ist es völlig anders. Hier kann ich jeden Tag trainieren, wie es mir gefällt. Wenn ich mal eine Woche zuhause bin, gehe ich in diesen Tagen bis zu fünfmal auf den Platz."

Entspannung auf dem Grün - wenn auch direkt neben der Rennstrecke, Foto: ADAC GT Masters
Entspannung auf dem Grün - wenn auch direkt neben der Rennstrecke, Foto: ADAC GT Masters

Loch 5: Kosten
"Es ist kein Geheimnis, dass Motorsport zu den teuersten Sportarten überhaupt zählt. Die Kosten sind einfach extrem. Außerdem darfst du dir im Rennauto quasi keinen Fehler erlauben, weil jeder Schaden richtig teuer wird. Wenn du also im Auto Blödsinn machst, tut es viel mehr weh, als wenn ich einen Golfball im See versenke. Dann hole ich einfach einen neuen aus der Tasche... Golf ist allerdings auch nicht billig, ein guter Schläger kostet schnell mal 1.500 Euro."

Loch 6: Ansporn
"Den größeren Ehrgeiz habe ich eindeutig im Motorsport - da geht es ja richtig um etwas, und damit verdiene ich mein Geld. Ich spiele zwar viel Golf, bis jetzt aber nur auf kleineren Turnieren. Im Rennsport misst du dich im direkten Vergleich mit der Konkurrenz auf der Strecke. Du weißt, dass du vorne bei der Musik bist, wenn du bestimmte Rundenzeiten fährst. Beim Golfen ist es wegen des Handicaps anders. Du spielst vor allem gegen dich selbst und bist dein größter Gegner."

Loch 7: Kleidung
"Man darf sich das nicht mehr wie früher vorstellen, als alle in Knickerbocker-Hosen und langen Strümpfen auf dem Golfplatz rumgelaufen sind. Heute ist es viel lockerer, es gibt eine riesige Auswahl. Wenn ich auf dem Golfplatz stehe, dann schon mit passenden Klamotten. Ein schickes Polo und die passende Hose sieht eben gut aus. Ich muss aber sagen, dass ich mich lieber im Rennoverall sehe. Vor allem die Helme finde ich einfach nur geil. Im Zweifel also eher Rennoverall statt Golf-Polo."

Loch 8: Erfolg
"Das ist für mich kein einfacher Vergleich, weil ich Profi-Rennfahrer und Hobby-Golfspieler bin. Wenn ich aber Golfturniere spiele, dann möchte ich auch möglichst gut abschneiden. Nur dabei sein, reicht nicht! Wenn ich Turniere spiele, bereite ich mich auch darauf vor. Im Mai dieses Jahr habe ich ein Turnier gespielt und in meiner Gruppe gewonnen. Da war ich schon happy. Mein Handicap liegt aktuell bei 23,6 - das ist nicht schlecht. Golf macht mir in erster Linie Spaß, aber noch etwas mehr, wenn ich eine gute Runde gespielt habe."

Dominik Baumann ist als Rennfahrer erfolgreich, Foto: ADAC GT Masters
Dominik Baumann ist als Rennfahrer erfolgreich, Foto: ADAC GT Masters

Loch 9: Karriere
"Meine Zukunft sehe ich ganz klar im Motorsport. Ich bin jung und kann noch vieles erreichen. Motorsport und Golf gleichzeitig auf Profi-Niveau ist eigentlich nicht möglich. Du musst sehr oft auf dem Platz stehen, um eine gute Konstanz zu erreichen. Es ist wie beim Motorsport: je öfter du es machst, desto einfacher wird es. Ich glaube, dass es im Golfsport mehr Top-Profis gibt als im Motorsport, weil mehr Menschen die Möglichkeit haben, diesen Sport auszuüben. Im Rennsport gibt es nicht so viele Fahrer auf höchstem Niveau."

Mehr Hintergrundgeschichten im Motorsport-Magazin

Dieser Artikel stammt aus der Print-Ausgabe von Motorsport-Magazin.com. Dort findet ihr ausführliche Interviews und exklusive Hintergrundgeschichten aus der Welt des Motorsports. Das Motorsport-Magazin ist ab sofort im gut sortierten Zeitschriftenhandel erhältlich. Oder bestellen Sie es am besten gleich online: