Sie waren am Ende die verdienten Sieger: Die Land-Audi-Truppe mit dem R8 LMS #29 um Christopher Mies, Connor De Phillippi, Markus Winkelhock und Kelvin Van Der Linde. Und das nicht nur wegen des unbändigen Pechs, das den Gesamtsieg in den letzten eineinhalb Stunden zu verhindern drohte. Tatsächlich kamen einige Faktoren zusammen, dank der Land-Audi am Ende jubeln konnte.

Faktor 1: Speed

Der entscheidende Faktor ist natürlich der Speed. Der Rennverlauf am Nürburgring hat deutlich gezeigt: Audi hatte die beste Pace im Rennen. Wären nicht die Schwester-Audi von Land und WRT und der Phoenix-R8 weggebrochen, hätte man gleich fünf ganz heiße Eisen im Kampf um den Sieg gehabt. Denn der rein private R8 von Car Collection Motorsport um Ronnie Saurenmann konnte nie den Speed der anderen Audi gehen. Unterstrichen wird dieser Eindruck, wenn man sich die Pace der anderen Werke vergegenwärtigt.

Audi hatte die beste Pace im Rennen, Foto: Audi
Audi hatte die beste Pace im Rennen, Foto: Audi

Einzig BMW hatte das Zeug, um Audi zu gefährden, und das obwohl Audi vor dem Rennstart noch einmal zehn Kilo zuladen musste. Doch mit Ausnahme des M6 #98 von ROWE Racing kam kein einziges Top-Auto aus München ohne Probleme über die Distanz. Bei Mercedes-AMG hatte das Titelverteidiger-Auto, abgesehen vom Abflug im Regenchaos am Ende, ein reibungsloses Rennen. Trotzdem hatte man nie mit dem Kampf um die Spitze zu tun und wurde am Ende Fünfter. Ähnlich verhält es sich mit den beiden Frikadelli-Porsche und Bentley.

Faktor 2: Renn-Glück

Wie immer auf der Nürburgring-Nordschleife spielt auch das Renn-Glück eine entscheidende Rolle. Und damit ist nicht der Regenschauer am Ende des Rennens gemeint (dazu später mehr). Sondern die einfache Tatsache, dass man im Gegensatz zu vielen vielen Konkurrenten den berüchtigten Verkehr auf der Strecke unbeschadet überstanden hatte.

Land-Audi mit Platten und Dreher (02:49 Min.)

Denn schon in den Abendstunden verabschiedeten sich bereits reihenweise GT3-Fahrzeuge. Mit dem WRT-Audi #10, dem Abt-Bentley #38, dem Konrad-Lamborghini #11, dem HTP-Mercedes #47 und den Porsche #12, #44 und #911 waren bereits sieben Fahrzeuge im ersten Renndrittel ganz ausgeschieden. Viele weitere Autos verloren durch Kollisionen im Verkehr oder Defekte jede Chance auf eine vordere Platzierung.

Faktor 3: Mentalität

Niemals aufgeben. Immer weiter machen. Eine Philosophie, die bereits Torwart-Titan Oliver Kahn auf dem Platz vorlebte. Aus dem gleichen Holz ist auch die Land-Mannschaft geschnitzt. Das zeigte sich, als der bis dato führende Audi #29 knapp 90 Minuten vor Schluss mit einem defekten Sensor langsam um die Grand-Prix-Strecke rollte. Der Truppe gelang es, beim fälligen Notstopp den Defekt zu beheben und so die theoretische Chance auf den Sieg zu wahren.

Drama: Land-Audi verliert Führung 1,5 Stunden vor Schluss! (03:13 Min.)

Zur Erinnerung: Vor dem Defekt führte man fast das gesamte Rennen an und hatte eineinhalb Minuten Vorsprung, danach war man mit eineinhalb Minuten Rückstand unterwegs. Auch der allerletzte Stopp lief nicht reibungslos, der Tankrüssel steckte noch im Fahrzeug als Kelvin Van Der Linde bereits wieder angefahren war. Christopher Mies lobte die Crew nach dem Rennen: "Eben noch in der Box gestanden mit zwei Minuten Rückstand, und die Jungs haben nicht aufgegeben, weiter gemacht, den Fehler gefunden, behoben."

Faktor 4: Schicksal

Der Sieg des Land-Audi zeigt: Am Ende hat auch das Schicksal den Ausschlag gegeben. Wenn es so etwas wie ausgleichende Gerechtigkeit gibt, dann ist das beim 24-Stunden-Rennen 2017 der Land-Truppe widerfahren. Zunächst der Defekt eineinhalb Stunden vor Schluss, dann ein völlig missratener letzter Boxenstopp - der Frust saß schon tief. Und doch war genau dieser Boxenstopp das entscheidende Schlüsselelement, das das Team wieder zurück auf die Siegerstraße brachte. Nach dem Motto "Jetzt ist es sowieso schon egal" entschied man sich beim letzten Stopp um und wechselte von den bereits montierten Slicks auf Regenreifen.

Das war letztendlich der goldene taktische Schachzug. Denn in der letzten halben Stunde hatte es in vielen Bereichen der Nordschleife zu regnen begonnen. Mit frischen, profilierten Reifen holte Kelvin Van Der Linde mit Siebenmeilenstiefeln auf die hilflos herumschlingernde Konkurrenz auf. In der letzten Runde übernahm man dann durch den Stopp der WRT-Mannschaft wieder die Führung und fuhr den Sieg nach Hause. Land war entschädigt für all die Rückschläge, die man zuvor hinnehmen musste.