Ein Thema dominiert das 24h-Rennen auf dem Nürburgring 2017: Reifen. Im Motorsport immer ein Thema, auf der Nordschleife in diesem Jahr das bestimmende. Werden die Reifen den hohen Temperaturen während des Langzeit-Klassikers standhalten? Vor allem bei Michelin-bereiften Teams sind die Sorgenfalten groß.

Anfang des Jahres wurde durch den DMSB verkündet, dass im Sinne der Sicherheit das Reifen-Entwicklungsrennen auf der Nordschleife eingedämmt werden soll. Somit ist es den Reifenherstellern zwar weiterhin erlaubt, von Standard- bis High-End-Reifen alles einzusetzen, sie müssen ein Musterexemplar dieses Reifens allerdings für alle Konkurrenten zur Verfügung stellen.

Entsprechend begann ein neues Entwicklungsrennen. Ein Reifen musste her, der schnell und stabil ist und gleichzeitig kein Offenbarungseid an die Konkurrenz darstellt. Wenig Zeit, bis die ersten beiden Läufe der VLN sowie das 24h-Qualifikationsrennen als Testmöglichkeit und schließlich das 24h-Rennen auf dem Programm standen.

BMW setzt bei allen sechs werksseitig unterstützten BMW M6 GT3 auf Michelin-Reifen, Foto: BMW
BMW setzt bei allen sechs werksseitig unterstützten BMW M6 GT3 auf Michelin-Reifen, Foto: BMW

Michelin unter Druck

Bereits während der ersten beiden VLN-Läufe stand Michelin immer wieder in der Kritik. Der Reifenhersteller hatte Probleme. Diese sollten bis zum Saisonhighlight auf der Nordschleife allerdings aussortiert sein. Einen Faktor hatten in dieser Rechnung jedoch die wenigstens auf dem Zettel: das Wetter. Zum Rennstart soll es bei knapp 30 Grad nahezu windstill werden. Der Asphalt bewegt sich bei rund 30 bis 40 Grad - während des Qualifikationsrennens hatten sich die Teams mit rund sechs Grad Asphalt-Temperatur auf den 24h-Klassiker eingestellt und in diese Richtung gearbeitet.

"Diese Bedingungen hier sind krasser, als alles, was wir hier bisher erlebt haben. Ich glaube, dass wir uns jetzt in eine Richtung bewegt haben, in der wir den Reifen gut handhaben können. Wir hatten am Donnerstag sicher den ein oder anderen Setup-Fall, bei dem wir zu aggressiv herangegangen sind", sagt BMW Motorsport Direktor Jens Marquardt. BMW wurde bewusst, dass größere Schritte im Vergleich zum Qualifikationsrennen nötig sein würden. Unter anderem wurde der Sturz der Autos angepasst und das erste Resümee lässt Optimismus zu. "Zum jetzigen Zeitpunkt würde ich sagen, dass wir bereit sind."

Diesen Optimismus teilen nicht alle Michelin-Teams. Aus einigen Lagern waren Befürchtungen zu hören, der Reifen würde bei den hohen Temperaturen lediglich drei bis vier Runden überstehen - ein vernichtendes Urteil für alle Siegambitionen.

Speed raus, Durchhaltevermögen rein?

BMW schickt insgesamt sechs werksunterstützte M6 GT3 ins Rennen - alle auf Michelin. Mit allen Autos wurde getestet und die verschiedensten Setup-Varianten versucht. Laut Martin Tomczyk mit Erfolg. "Wir sind auf einem guten Weg, der ganz vielversprechend aussieht. Die Temperaturen steigen aber weiter, deshalb müssen wir vorsichtig sein und im Blick behalten, wie aggressiv wir sein dürfen", erklärt der Rosenheimer, der sein Rezept gefunden haben will. "Du kannst die Reifen schonen, wenn du über die Runde drei Sekunden Speed herausnimmst. In den schnellen Passagen muss man den Flow behalten und aggressiv in die Kurve gehen. Am Ausgang lasse ich lieber ein paar Zehntel liegen und vermeide einen Slide."

Auch Rowe Racing-Pilot Philipp Eng sieht - neben Abstimmung und Reifendruck - klar den Fahrer in der Pflicht, die Reifen am Leben zu erhalten. "Du musst den Reifen einfach mal ein bisschen streicheln und runterkühlen", sagt der Österreicher. "Das gilt generell in mittelschnellen Kurven wie der hohen Acht, Brünnchen, Wehrseifen oder Wippermann. In diesem Bereich hat der Reifen nie die Chance, wirklich runterzukommen."

Dunlop der lachende Profiteur?

Während die Fragezeichen über der Nordschleife immer größer werden, bleibt Dunlop entspannt. Der Reifenhersteller hat eine komplett neue Produktpalette für die Nürburgring-Nordschleife entwickelt und diese in warmen Gefilden ausgiebig getestet - mit Erfolg.

Der Reifen hält - zumindest nach bisherigem Stand - selbst bei 40 Grad Asphalt-Temperatur den Herausforderungen der Nordschleife stand. "Unsere aktuellen Reifenspezifikationen sind so ausgelegt, dass sie selbst bei aggressiver Abstimmung und Setup einen Stint und noch etwas darüber hinaus halten", erklärt Car Motorsport Manager Alexander Kühn. "Natürlich hat das Fahrverhalten einen Einfluss, aber unsere Reifen sind so ausgelegt, dass sie halten."

Welche Reifen halten, welche Teams müssen womöglich deutlich öfter als gewollt die Box ansteuern und mit welchen sonstigen Komplikationen ist zu rechnen? Viele Fragen rund um das 24h-Rennen auf dem Nürburgring. Welche Frage das Hauptthema ist, steht allerdings außer Frage: Reifen.