"Das war ein großes Comeback von uns. Ich glaube, das ist eines dieser typischen Le-Mans-Märchen." Treffender als Earl Bamber hätte man die Geschichte des siegreichen Porsche wohl nicht auf den Nenner bringen können. Die 24 Stunden von Le Mans 2017 wurden in der Königsklasse LMP1 zu einer Abnutzungsschlacht, die keiner der hochtechnisierten Prototypen ohne Probleme überstand. Den Ausschlag gab letztlich die schnelle Arbeit der #2-Crew.

24h Le Mans 2017: Die Highlights des Rennens: (10:23 Min.)

Der Nackenschlag für den Porsche #2 am Abend

Rückblende: Das Rennen war gerade einmal knapp dreieinhalb Stunden alt, als Earl Bamber den #2-Porsche mit einem Defekt an die Box schleppte. Die Porsche-Crew musste ihren LMP1-Boliden zurück in die Garage schieben, wo gut eine Stunde für die Reparaturarbeiten ins Land zog. Was war passiert? "Plötzlich, in einer Bremszone direkt nach einer Full Course Yellow habe ich etwas am vorderen E-Motor gespürt. Als ich dann wieder auf das Gas ging, ist etwas an der Vorderachse gebrochen", klärte Bamber nach dem Rennen auf.

"Als das passiert ist, waren wir absolut bedient", gab Teamkollege Brendon Hartley Einblicke in die Stimmung zu diesem Zeitpunkt. "Wir dachten, die Chancen auf den Sieg oder sogar das Podium wären passé." Doch auf der Langstrecke gilt nach wie vor: Aufgeben ist nicht. Und das sollte der weitere Rennverlauf eindrucksvoll unter Beweis stellen. Ebenso eindrucksvoll war für Hartley die harte Arbeit der Porsche-Crew: "Sie haben sich den Buckel abgeschuftet, ihre Overalls waren komplett durchnässt. Das war die heißeste Phase des Tages, die Sonne war quasi in unserer Garage drinnen."

Gut eine Stunde später konnten Bernhard/Bamber/Hartley die Fahrt fortsetzen, allerdings waren sie zu diesem Zeitpunkt hoffnungslos abgeschlagen. Mit fast 20 Runden Rückstand wies sie der Timing-Monitor auf der Gesamt-55. Position aus. Klar, dass man sich für den weiteren Rennverlauf nicht mehr allzu viel erhoffte: "Wir hatten das Ziel, für die Hersteller-WM zumindest wieder zurück in die Top-5 zu kommen. Aber daraus wurde dann mit den weiteren Ausfällen der Kampf um das Podium und schließlich um den Sieg", so Bamber.

Die unverhoffte Wende

Dazu kam es aber nur, weil Toyota alle drei Fahrzeuge in der Nacht verlor und gut dreieinhalb Stunden vor Schluss auch der zweite Porsche die Segel streichen musste. "Ich hatte gemischte Gefühle, als ich am Schwesterauto vorbei fuhr", gestand Hartley, für den dies aber auch der Schlüsselmoment im Rennen war. "Es war sehr langsam unterwegs, und da habe ich begriffen, dass wir um den Sieg kämpfen."

Einzig die LMP2-Beute hatte die Porsche-Besatzung #2 noch als Gegner im Kampf um den Sieg. Und die Ausgangslage schien ungünstig, schließlich hatte man zu diesem Zeitpunkt noch Rundenrückstand. "Das war ganz eng. Laut unseren Berechnungen wäre es auf die letzte Runde angekommen", meinte Hartley mit Blick auf den zu diesem Zeitpunkt führenden LMP2 aus dem Team von Hollywood-Star Jackie Chan. Doch die Vorentscheidung führte das Team aus der kleinen Prototypenklasse herbei, als man bei einem missglückten Boxenstopp eine Minute verlor.

"Die LMP2 hatten auch ein paar Probleme. Aber das war wirklich ein harter Kampf", atmete Hartley durch. Timo Bernhard war es schließlich, der den siegreichen Porsche über die Ziellinie fuhr, am Ende hatte man dann doch eine Runde Vorsprung auf den Jackie Chan DC Oreca. Und Hartley stößt schließlich ins gleiche Horn wie sein Teamkollege Bamber: "Zu Beginn dieser Rennen würde man nicht glauben, dass solche Geschichten existieren würden, aber das tun sie."