Gerade bei Langstrecken-Rennen wie den 24h von Le Mans ist sie neben dem nötigen Rennglück ausschlaggebend über Sieg oder Niederlage: Die Rennstrategie. Porsche hat den Klassiker an der Sarthe 17 Mal für sich entscheiden können, häufiger als jeder andere Hersteller, zuletzt 2015. Irgendetwas scheinen die Zuffenhausener also richtig zu machen. Wie das Rennen in Le Mans strategisch angegangen wird, darüber gibt Porsche nun einen Einblick. Insgesamt spielen hier fünf Faktoren eine große Rolle.

Erfolgsfaktor 1 in Le Mans: Der Tankstopp

Der Zeitpunkt der Tankstopps ist in der LMP1-Klasse durch die Regeln vorgezeichnet. Der Benzinverbrauch und die abrufbare Hybrid-Energie pro Runde sind vorgeschrieben, sodass nach Berechnungen von Porsche ihr Bolide mit einer Tankfüllung maximal 14 Runden am Stück auf dem Circuit de la Sarthe drehen kann. Im Idealfall absolvieren die Teams bis zum Rennende 14 Runden und kommen kurz vor Schluss für einen Splash-and-Dash herein. Doch nicht immer dauert ein Stint zwischen zwei Tankstopps auch 14 Runden an. Hier kommen Unwägbarkeiten wie Safety-Car-Phasen und Wetterumschwünge ins Spiel, auf die die Boxencrews flexibel reagieren müssen.

Erfolgsfaktor 2 in Le Mans: Der Reifenwechsel

Die wichtigste Rolle neben dem Benzin und der Hybridenergie spielt das schwarze Gold, die Reifen. Hier müssen die Teams vor allem die Frage im Kopf behalten: Kostet ein Reifenwechsel langfristig mehr Zeit, als wenn unser Auto mit abgefahrenen Reifen weiter auf der Strecke bleibt? Porsche fährt mit Michelin-Reifen, die nach einigen Runden zwar stark abbauen, sich danach aber wieder stabilisieren. Zudem muss berücksichtigt werden, dass ein Auto im Laufe eines Stints immer leichter wird, was der Lebensdauer der Reifen zugutekommt.

Die Pneus halten allerdings länger als eine volle Tankfüllung, weshalb die Boxenstrategie auch darauf ausgerichtet werden muss. Porsche nennt hier konkrete Zahlen: der kürzeste Tankstopp bei den Zuffenhausenern dauerte in Le Mans 2015 knapp 51 Sekunden, mit Fahrer- und Reifenwechsel kamen nochmal gut 20 bis 25 Sekunden drauf. Der Zeitpunkt der Tank- oder Reifenstopps ist also auch von entscheidender Bedeutung, es muss abgewogen werden, wann nur getankt und wann auch Fahrer und Reifen gewechselt werden.

Erfolgsfaktor 3 in Le Mans: Die Rennfahrer

Die Piloten müssen in Le Mans topfit sein, um an ihre Grenzen gehen zu können, Foto: Porsche
Die Piloten müssen in Le Mans topfit sein, um an ihre Grenzen gehen zu können, Foto: Porsche

Fahrerwechsel ist ein gutes Stichwort. Hier muss einerseits die körperliche Verfassung der Piloten berücksichtigt werden, andererseits auch die vorgeschriebenen Fahrtzeiten. Zwischen sechs und 14 Stunden darf ein Rennfahrer bei den 24h von Le Mans ans Steuer. Jedoch gibt es eine Einschränkung: ein Fahrer darf nicht mehr als vier Stunden innerhalb von sechs Stunden im Auto sitzen. Die optimale Verwaltung der Einsatzzeiten stellt sich daher als komplexes Spiel dar. "Wir versuchen, den Fahrern optimale Ruhezeiten zu geben und uns trotzdem bis zum Schluss möglichst viel Flexibilität zu erhalten", erklärt Porsche-Teamchef Andreas Seidl.

Erfolgsfaktor 4 in Le Mans: Der Schadensfall

Kommt es zu einem Feind- oder Mauerkontakt, kann das Fahrzeug sehr schnell beschädigt werden. Erste Anhaltspunkte neben offensichtlichen Schäden, die schon mit bloßem Auge auf den TV-Bildschirmen zu erkennen sind, liefern den Ingenieuren die Telemetrie-Daten aus dem Auto und die Rückmeldung des Fahrers. Diese Infos bilden die Grundlage für das weitere Vorgehen bei einem Schadensfall. Auch Wiederholungen des Zwischenfalls können Aufschluss darüber bringen, ob ein Reparaturstopp notwendig ist oder nicht.

Erfolgsfaktor 5 in Le Mans: Die Boxencrew

Boxenstopps werden bis zum Exzess geübt, Foto: Porsche
Boxenstopps werden bis zum Exzess geübt, Foto: Porsche

Boxenstopps müssen vor allem eins sein: reibungslos. Dafür wird bei Porsche fleißig geübt. Insgesamt kommen die Boxenmannschaften pro Saison auf über 250 Trockenstopps im Werk, dazu wird auch bei Testfahrten und an den Rennwochenenden das "Männerballett" unzählige Male einstudiert. Auch hier müssen einige Regeln bedacht werden. Beispielsweise darf nicht gleichzeitig getankt und Reifen gewechselt werden, außerdem dürfen nicht mehr als vier Mechaniker und ein Schlagschrauber gleichzeitig am Auto arbeiten. Vorgaben, die erst nach viel Training optimal umgesetzt werden können.