Nico Hülkenberg gelang an diesem Sonntag der größte Erfolg seiner Motorsport-Karriere. Bei seiner Premiere bei den 24 Stunden von Le Mans feierte der Formel-1-Pilot den Gesamtsieg mit Porsche. Gemeinsam mit seinen Teamkollegen Nick Tandy und Earl Bamber setzte er sich beim Klassiker an der Sarthe durch. Motorsport-Magazin.com beantwortet die wichtigsten Fragen zu Hülkenbergs Triumph in Le Mans.

1. - Wann gewann Hülkenberg zuletzt ein Rennen?

Das ist schon eine ganze Weile her. Hülkenbergs letzter Sieg datiert aus dem Jahr 2009. Auf dem Weg zum Titelgewinn in der GP2 gewann er das erste Rennen am letzten Rennwochenende der Saison an der Algarve. Hülkenberg setzte sich im Samstagsrennen vor Luca Filippi und Lucas di Grassi durch. Es war Hülkenbergs fünfter Sieg in diesem Jahr mit ART Grand Prix, bevor er anschließend mit Williams in die Formel 1 aufstieg. In der F1 wartet er bis heute auf einen Podesterfolg.

Sieg bei Premiere: Hülkenberg hat es geschafft, Foto: Porsche
Sieg bei Premiere: Hülkenberg hat es geschafft, Foto: Porsche

2. - Was leistete Hülkenberg in Le Mans?

Hülkenberg nahm im Verlauf des Rennens viermal Platz im 919 Hybrid, unter anderem fuhr er den Start und finalen Stint. Beim Rennstart hatte Hülkenberg zunächst leichte Probleme, sich an den Verkehr zu gewöhnen. Er benötigte eine Weile, um den richtigen Rhythmus zu finden. Nach seinem ersten Einsatz sagte er: "Es war ganz schön viel los auf meinen ersten 36 Le-Mans-Runden. Der Start, Tempolimit-Zone, Safety-Car-Phase - es war alles drin. Jetzt bin ich hier entjungfert, und ich habe es sehr genossen!"

Seinen zweiten Einsatz hatte er zwischen der 92. und 145. Runde. Auf diesen insgesamt 53 Runden - inklusive Tankstopps - legte er 722,337 km zurück, was mehr als zwei Renndistanzen in der Formel 1 entspricht. Hülkenberg saß auch im Auto, als sein Porsche mit der Startnummer 19 gegen Mitternacht erstmals die Führung übernahm. Bei seinem letzten Einsatz und schließlich dem Zieleinlauf saß er 26 Runden im Auto. Bei seiner Le-Mans-Premiere brachte es Hülkenberg auf insgesamt 142 von 396 Runden im Auto.

Hülkenberg fuhr insgesamt 142 der 395 Runden, Foto: Porsche
Hülkenberg fuhr insgesamt 142 der 395 Runden, Foto: Porsche

3. - Was sagte Hülkenberg nach dem Sieg?

Riesenjubel bei Hülkenberg und seinen Kollegen auf dem Podium! Nick Tandy meinte etwa, dass er eigentlich sofort seine Karriere beenden könne - besser könne es nicht mehr werden. Vom vorzeitigen Karriereende ist Hülkenberg weit entfernt. Nach dem großen Triumph sagte der 27-Jährige: "Ich bin sprachlos, mir fehlen die Worte. Es ist einfach gewaltig, hier im ersten Anlauf zu gewinnen. Damit hätte ich nie gerechnet. Porsche ist zurück in Le Mans und Porsche ist zurück an der Spitze! Die Audi waren sehr schnell, wir mussten uns richtig anstrengen. Der Schlüssel zum Erfolg war, dass wir keinen Fehler gemacht haben und gut durchs Rennen gekommen sind."

4. - Warum ist der Sieg so historisch?

Porsche ist der erfolgreichste Hersteller in der Geschichte von Le Mans. Hülkenberg und Co. holten nun den insgesamt 17. Sieg für die Zuffenhausener an der Sarthe - und das im zweiten Jahr nach der Rückkehr in die LMP1-Klasse. Den ersten von 17 Porsche-Gesamtsiegen holten 1970 Richard Attwood und Hans Herrmann mit dem Porsche 917 KH Coupé, der vorerst letzte ging 1998 auf das Konto von Laurent Aiello, Stéphane Ortelli und Allan McNish im Porsche GT1. Genau 17 Jahre später trägt sich nun Hülkenberg in die langen Geschichtsbücher von Porsches Sportwagen-Ära ein.

Hülkenberg mit seinen Teamkollegen Earl Bamber und Nick Tandy, Foto: Porsche
Hülkenberg mit seinen Teamkollegen Earl Bamber und Nick Tandy, Foto: Porsche

5. - Le Mans und F1 - wann gab es das zuletzt?

Nico Hülkenberg war der erste Fahrer seit Sebastien Bourdais, der innerhalb einer Saison sowohl in der Formel 1 als auch bei den 24 Stunden von Le Mans an den Start ging. Der Franzose fuhr im Jahr 2009 für Toro Rosso und stieg für Peugeot an der Sarthe ins Cockpit. Das Rennen beendete Bourdais auf dem zweiten Platz an der Seite von Franck Montagny und Stephane Sarrazin. Bourdais sollte allerdings nicht die komplette F1-Saison bestreiten. Nach dem Deutschland Grand Prix flog er bei Toro Rosso raus, weil er die Erwartungen nicht erfüllt habe. Der heute 36-Jährige wurde durch Ersatzmann Jaime Alguersuari ersetzt und sollte anschließend nie wieder in der Formel 1 starten.

Für Hülkenberg war es im Vorfeld des Porsche-Engagements wichtig, keine Beeinträchtigungen wegen des anstrengenden Doppelprogramms zu haben. "Ich habe mir Gedanken gemacht, ob ich damit nicht einen faulen Kompromiss riskiere und meine Leistung in der Formel 1 leidet - das wäre das Schlimmste für mich", hatte Hülkenberg gesagt. Rund um Le Mans sind es anstrengende Zeiten für den Emmericher. Direkt nach dem F1 Grand Prix von Montreal flog er nach Frankreich. Am kommenden Wochenende startet er mit Force India in Österreich. Nach dem Sieg in Le Mans will er sich trotzdem noch ein paar Tage Ruhe gönnen, bevor es weitergeht.

In der Nacht übernahm der #19 Porsche die Führung, Foto: Porsche
In der Nacht übernahm der #19 Porsche die Führung, Foto: Porsche

6. - Startet Hülkenberg 2016 wieder in Le Mans?

Gut möglich. Hülkenberg war seit seinen ersten Kilometern im Porsche 919 Hybrid begeistert. Auch das Rennen in Le Mans genoss er sichtlich, feierte und jubelte nach seinem Zieleinlauf aus dem Cockpit heraus. Bei Porsche genießt Hülkenberg großes Ansehen, für ihn sollten die Türen auch in Zukunft offen sein.

Vor dem Rennen hatte er gesagt, dass er sich alles erst einmal anschauen und danach entscheiden wolle, wie viel Spaß es ihm gemacht hat. Nach dem Boom der WEC ist nicht ausgeschlossen, dass Hülkenberg auch nächstes Jahr wieder in Le Mans startet. Vieles wird davon abhängen, wie sein 2016er Programm und damit verbunden der Rennkalender aussieht. Dieses Jahr war es stressig für Hülkenberg, doch der F1-Kalender ließ die Doppelbelastung zu.

Nächste Woche geht es für Hülkenberg in Spieberg weiter, Foto: Porsche
Nächste Woche geht es für Hülkenberg in Spieberg weiter, Foto: Porsche

7. - Sportwagen als Alternative zur Formel 1?

"Ich denke, dass meine Zukunft komplett offen ist. Es ist viel zu früh im Jahr um etwas darüber zu sagen." Das waren Nico Hülkenbergs Worte Anfang Mai. Man müsse schauen, wo man bleibt, sagte er kürzlich. Fakt ist: In der Formel 1 tut sich Hülkenberg seit Jahren schwer. Williams, Sauber und Force India hießen seine Stationen in den vergangenen Jahren. Außer Achtungserfolgen wie einer Pole Position 2010 und mehreren ordentlichen Ergebnissen war nicht viel zu holen für den Fahrer, der schon auf dem Sprung zu Ferrari stand.

Mit 27 Jahren hat Hülkenberg weiter alle Chancen in der Formel 1, doch der große Coup ist ihm bislang noch nicht gelungen. Ein Platz bei einem Top-Team sollte es immer werden, doch letztendlich zog Hülkenberg stets den Kürzeren. In der WEC wäre er neben Ex-F1-Kollege Mark Webber der große Star. Der Hype um seinen Start in Le Mans war riesig - viel größer als zuletzt in der Formel 1. Immer mehr Hersteller steigen in die WEC ein, 2016 kommt fix Ford hinzu. Das Prestige der Langstreckenweltmeisterschaft steigt weiter an. Eine Welt, in der sich Hülkenberg wohl fühlen könnte. Und er würde pünktlich bezahlt werden...