Audi hat seine Serie von Podiumsergebnissen beim 24-Stunden-Rennen in Le Mans fortgesetzt, den angepeilten 14. Sieg beim berühmtesten Langstrecken-Rennen der Welt mit den Plätzen drei, vier und sieben aber verpasst.

Die Bilanz der Marke mit den Vier Ringen bleibt imposant: Bei allen 17 Le-Mans-Einsätzen stand mindestens ein Audi-Team auf dem Podium, dieses Mal die Vorjahressieger André Lotterer (D), Marcel Fässler (CH) und Benoît Tréluyer (F). Sie belegten mit ihrem Audi R18 e-tron quattro hinter zwei Porsche den dritten Platz. Mit einer Rundenzeit von 3.17,475 Minuten gelang Lotterer zudem ein neuer Streckenrekord.

"Das war Motorsport auf allerhöchstem Niveau. Die Zuschauer haben ein tolles Langstrecken-Rennen erlebt, in dem sich die Konzernschwestern Audi und Porsche das erwartete harte und spannende Duell um den Sieg geliefert haben", sagte Prof. Rupert Stadler, Vorsitzender des Vorstands der AUDI AG, der nach der Zieldurchfahrt einer der erste Gratulanten in der Porsche-Box war. "Wir können unseren Kollegen aus Stuttgart zu diesem Erfolg nur gratulieren, denn wir wissen ganz genau, wie schwierig es ist, dieses Rennen zu gewinnen."

Foto: Audi
Foto: Audi

17. Podiumsergebnis in Folge beim Langstrecken-Klassiker

"Ich fand es besonders eindrucksvoll, dass Audi und Porsche mit zwei völlig unterschiedlichen Konzepten von Hybrid-Rennwagen praktisch das ganze Rennen lang auf einem Niveau gefahren sind", sagte Prof. Dr.-Ing. Ulrich Hackenberg, Vorstand für Technische Entwicklung, der das Rennen an der Box des Audi Sport Team Joest verfolgte. "Beide Konzernmarken waren mit ihren Konzepten klar schneller als Toyota. Und genau das möchten wir in der WEC und in Le Mans zeigen."

Den Sieg bei der 83. Auflage des Langstrecken-Klassikers machten Audi und Porsche unter sich aus. Immer wieder wechselte die Führung zwischen den beiden Herstellern, ehe am Sonntagvormittag die Vorentscheidung fiel.

Alle drei Audi R18 e-tron quattro waren schnell, aber glücklos. André Lotterer, Marcel Fässler und Benoît Tréluyer kämpften trotz eines frühen Reifenschadens um den Sieg, ehe sich an ihrem R18 am Sonntag um kurz vor 7 Uhr ein großes Teil der Motorabdeckung löste und weitere Schäden am Auto verursachte. Die Reparatur wurde in 6.56 Minuten erledigt, die zwei verlorenen Runden waren aber nicht mehr aufzuholen.

Ein Unfall von Duval nach drei Stunden kostete wertvolle Minuten, Foto: Audi
Ein Unfall von Duval nach drei Stunden kostete wertvolle Minuten, Foto: Audi

Bizarr-spektakulärer Unfall von Loic Duval

Lucas di Grassi (BR), Loïc Duval (F) und Oliver Jarvis (GB) verloren ihre Siegchance durch einen genauso bizarren wie spektakulären Unfall: Loïc Duval prallte im Streckenabschnitt "Indianapolis" kurz vor Ende der dritten Stunde vehement gegen die Leitplanken, als er mehreren langsamen Fahrzeugen auswich und von einem GTE-Fahrzeug am Heck touchiert wurde. Dass der R18 nach nur vierminütiger Reparatur das Rennen fortsetzen konnte, sorgte für große Verblüffung und Anerkennung bei den Beobachtern. Am Ende belegten di Grassi/Duval/Jarvis den vierten Platz.

Die besten Chancen auf den Sieg schien lange Zeit der Audi R18 e-tron quattro von Filipe Albuquerque (P), Marco Bonanomi (I) und Le-Mans-LMP1-Neuling René Rast (D) zu haben, der immer in Schlagdistanz zur Spitze blieb und mehrmals die Führung übernahm. Aufgrund von Problemen mit dem Hybridsystem fiel das Audi-Trio aber am Sonntagvormittag hinter die beiden besten Porsche auf Platz drei zurück. Drei Stunden vor Rennende musste als Folge der Hybridprobleme die vordere linke Antriebswelle gewechselt werden. Die Reparatur dauerte 17 Minuten und besiegelte den siebten Platz in der Gesamtwertung.

Lotterer/Fässler/Tréluyer verteidigen WM-Führung für Audi

"Positiv ist, dass unser Audi R18 e-tron quattro absolut konkurrenzfähig war", sagte Audi-Motorsportchef Dr. Wolfgang Ullrich. "Leider hatte jedes unserer drei Autos mindestens einen entscheidenden Zwischenfall. Und wenn man gegen einen starken Gegner wie Porsche antritt, darf man sich das nicht erlauben. Natürlich sind wir enttäuscht, aber im Sport muss man auch Niederlagen akzeptieren und daraus lernen. Es war ganz einfach nicht unser Rennen. Mein Dank gilt allen, die in den vergangenen Monaten und auch hier in Le Mans extrem hart gearbeitet haben."

In der FIA-Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) verteidigte Audi mit André Lotterer, Marcel Fässler und Benoît Tréluyer die Führung in der Fahrerwertung. Die erste Gelegenheit zu einer Le-Mans-Revanche gibt es am 30. August beim deutschen WM-Lauf auf dem Nürburgring.

Die Audi-Stimmen aus Le Mans

Dr. Wolfgang Ullrich (Audi-Motorsportchef): "Man kann in Le Mans nicht davon ausgehen, dass man jedes Jahr gewinnt. Dennoch war genau das unser Vorsatz. Wir haben gezeigt, dass wir basierend auf dem letztjährigen Audi R18 ein schnelles Auto entwickelt haben, das hier über weite Teile der Distanz um den Sieg mitkämpfen konnte. Dies war auch möglich, weil wir drei sehr starke Fahrerpaarungen haben. In der Nacht haben wir Zeit eingebüßt und mit unseren beiden bestplatzierten Autos auch etwas Pech gehabt. Am Morgen kamen weitere Schwierigkeiten hinzu. Wenn man so einen starken Gegner hat, wie wir es in diesem Jahr in Le Mans hatten, muss man aber perfekt sein, um zu gewinnen."

Chris Reinke (Leiter LMP bei Audi Sport): "Wir hatten alle Möglichkeiten in der Hand, als wir hier angereist sind. Wir haben ein hervorragendes Fahrzeug mitgebracht. Und auch während der ganzen Woche hat das Team makellos gearbeitet. Den Fahrern kann man ebenfalls keinen Vorwurf machen. Aber man braucht in Le Mans auch das berühmte Quäntchen Glück, um erfolgreich zu sein – das war heute eindeutig bei unseren starken Mitbewerbern. Gratulation an Porsche Motorsport. Sie hatten sich wie wir viel vorgenommen und haben heute alles erreicht."

Ralf Jüttner (Teamchef Audi Sport Team Joest): "Glückwunsch an Porsche zum Doppelsieg, der völlig verdient ist. Sie haben ein tolles und fehlerfreies Rennen abgeliefert. Das können wir von uns dieses Mal nicht sagen. Wir haben bärenstark angefangen, waren um Welten schneller als im Qualifying. Damit hätten wir die Nachteile, die wir bei den Boxenstopps hatten, kompensieren können. Aber es gab den frühen Unfall von Loïc (Duval), für den er nichts konnte, und einen schleichenden Plattfuß bei André (Lotterer) – von da an hatten wir ein wenig den Rhythmus verloren. Nachts kam eine Phase dazu, in der uns einfach der Speed fehlte. Als sich dann am Morgen noch Karosserieteile lösten, war klar, dass das Rennen gelaufen ist. Da kann man an der Box noch so tolle Arbeit leisten. Für mich steht fest: Hätten wir das Potenzial des Autos über die ganze Distanz voll ausgenutzt, hätten wir auch gewinnen können."

Marcel Fässler (Audi R18 e-tron quattro #7): "Das Rennen war nicht einfach, denn das Tempo war sehr hoch. Natürlich hätten wir gerne ein besseres Ergebnis eingefahren, aber dafür muss man ohne Schwierigkieten durchkommen. Le Mans ist ein Sprintrennen über 24 Stunden, da muss einfach alles passen. Wir hatten ein Auto zum gewinnen, aber es gab zu viele Probleme wie einen schleichenden Plattfuß oder die beschädigte Motorhaube – das hat einfach zu viel Zeit gekostet."

André Lotterer (Audi R18 e-tron quattro #7): "Es war ein kein einfaches Rennen. Wir haben hart gekämpft, aber leider hatten wir ein paar Schwierigkeiten zu viel. Deshalb müssen wir mit dem dritten Platz zufrieden sein. Wir werden aus den Fehlern lernen und nächstes Jahr stärker zurückkommen. Zum Glück haben wir mit Platz drei viele Punkte für die Fahrer-Weltmeisterschaft gesammelt. Diese bleibt unser Ziel."

Benoît Tréluyer (Audi R18 e-tron quattro #7): "Wir hatten viele Jahre lang neben dem Können auch das nötige Rennglück auf unserer Seite. Das war in diesem Jahr nicht der Fall. Leider war unser Auto immer wieder von kleinen Problemen betroffen. Das ist schon deshalb etwas überraschend, weil sich Audi immer extrem gründlich vorbereitet, wie die lange Liste der Erfolge zeigt. Wir haben auch in diesem Jahr alle Testfahrten souverän absolviert. Im Rennen haben wir nonstop attackiert. Wir hatten eine Chance, um den Sieg zu fahren. Unser R18 e-tron quattro hat richtig Spaß gemacht, was mir gerade bei meinen beiden Vierfach-Stints sehr geholfen hat. Aber Porsche war in diesem Jahr besser und hat verdient gewonnen."

Lucas di Grassi (Audi R18 e-tron quattro #8): "Mein drittes Le Mans und ich habe es zum dritten Mal ins Ziel geschafft. Einmal war ich Zweiter, einmal Dritter und diesmal Vierter. Die Eins fehlt mir also noch. Aber so ist es im Rennsport: mal gewinnen wir, mal die anderen. Wichtig ist für mich, dass man alles gibt. Und das haben wir ohne Frage. Wir können erhobenen Hauptes abreisen, denn wir haben ein fantastisches Rennen abgeliefert – auch wenn wir diesmal besiegt wurden. Aber das macht uns stärker und sollte Ansporn sein, noch härter zu arbeiten, damit wir in den nächsten WEC-Rennen und 2016 in Le Mans zurückschlagen können."

Loïc Duval (Audi R18 e-tron quattro #8): "Sieht man von einigen Stunden in der Nacht einmal ab, war der Audi das schnellste Auto auf der Strecke. Aber in einem so harten Wettbewerb reicht das nicht aus. Man braucht auch ein wenig Glück, und das hat uns heute gefehlt. Gratulation an Porsche zum Sieg. Glückwunsch und ein großes Dankeschön auch an unser Team. Die Mechaniker haben wirklich alles gegeben, um uns wieder ein siegfähiges Auto hinzustellen. Trotz allem hat es diesmal für Audi nicht zum Sieg gereicht, damit müssen wir umgehen. Immerhin hat Audi einmal mehr auf dem Podium jubeln können."

Oliver Jarvis (Audi R18 e-tron quattro #8): "Nach Loïcs (Duval) Unfall habe ich gedacht, unser Rennen ist früh vorüber. Aber die Mechaniker vom Audi Sport Team Joest haben uns in einer unglaublichen Zeit zurück auf die Strecke geschickt. Dafür ein riesiges Danke. Trotzdem: Vierter zu werden, wenn man das Zeug hat, zumindest aufs Podium zu fahren, ist eine Enttäuschung. Glückwunsch an Porsche zum Sieg. Im nächsten Jahr wollen wir die Revanche. Für unser Trio war es das erste gemeinsame Le Mans. Wir sind hier eng zusammengewachsen – davon werden wir in den kommenden Rennen profitieren. Ich freue mich schon jetzt, wieder ins Auto zu steigen."

Filipe Albuquerque (Audi R18 e-tron quattro #9): "Nachdem ich bei meinem Le-Mans-Debüt im Vorjahr nicht zum Fahren gekommen bin, habe ich unserem Einsatz umso mehr entgegengefiebert. Lange Zeit lief es wirklich gut für uns: Ich habe mich in unserem Audi wie zu Hause gefühlt, und auch meine Teamkollegen haben einen fantastischen Job gemacht. Bis in die Morgenstunden hinein haben wir die Porsche massiv unter Druck gesetzt. Leider hat uns ein Problem mit dem Hybridsystem aller Chancen beraubt. Ich glaube, man hat gesehen, dass wir ohne die Probleme in der Lage gewesen wären, aufs Podium zu fahren."

Marco Bonanomi (Audi R18 e-tron quattro #9): "Wenn man rein die fahrerische Leistung beurteilt, sind meine Teamkollegen und ich zufrieden. Als unser Auto reibungslos lief, haben wir konstant um die Führung gekämpft. Ich muss sagen: Es war pures Vergnügen, dieses tollen Audi zu fahren. Leider hatten wir wie im vergangenen Jahr Fortuna nicht mit an Bord. Damit müssen wir leider leben. Unterm Strich hat man aber gesehen, zu welchen Leistungen unser Fahrertrio fähig ist. Und das macht mich schon sehr stolz."

René Rast (Audi R18 e-tron quattro #9): "Für mich persönlich ein gutes Rennen. Bis in den Morgen lagen wir in der Spitzengruppe, teilweise sogar in Führung. Dann haben uns Hybridprobleme zurückgeworfen. Schade, aber so ist der Rennsport. Auch bei den beiden anderen Audi lief es nicht rund. Wir schauen jetzt nach vorn auf die nächsten Rennen. Ich bin acht Stints gefahren, habe viel gelernt über das Auto, die Reifen. Danke auch an meine beiden Mitstreiter – wir sind ein tolles Team."

Ergebnis 24 Stunden Le Mans 2015

1. Hülkenberg/Bamber/Tandy (Porsche) 395 Runden
2. Bernhard/Webber/Hartley (Porsche) - 1 Runde
3. Fässler/Lotterer/Tréluyer (Audi R18 e-tron quattro) - 2 Runden
4. di Grassi/Duval/Jarvis (Audi R18 e-tron quattro) - 3 Runden
5. Dumas/Jani/Lieb (Porsche) - 4 Runden
6. Wurz/Sarrazin/Conway (Toyota) - 8 Runden
7. Albuquerque/Bonanomi/Rast (Audi R18 e-tron quattro) - 8 Runden
8. Davidson/Buemi/Nakajima (Toyota) - 9 Runden
9. Howson/Bradley/Lapierre (ORECA-Nissan) - 37 Runden
10. Dolan/Evans/Turvey (Gibson-Nissan) - 37 Runden