Im ersten Jahr des Porsche LMP1-Comeback waren Mark Webber und seine beiden Fahrerkollegen nah an der Sensation. Doch kurz vor dem Ende machte die Technik einen Strich durch die Rechnung. Im zweiten Jahr des Comebacks soll der Sieg her: Dazu stockt Porsche auf. In diesem Jahr kommen drei statt wie bisher zwei Prototypen zum Einsatz.

In der Qualifikation konnte der Porsche 919 Hybrid des Jahres 2015 bereits überzeugen. Sowohl in Silverstone, als auch in Spa standen Hartley, Webber und Bernhard auf der Pole. Porsches Problem ist eher die Rennpace. Das liegt weniger am Verbrauch, als mehr an den Reifen.

"Eine entscheidende Frage wird sein, wer wie lange mit einem Satz Reifen fahren kann", weiß Marc Lieb. Betankung und Reifenwechsel dürfen nur nacheinander durchgeführt werden, beim Radwechsel dürfen nur zwei Mechaniker gleichzeitig arbeiten. Zwei Tankfüllungen mit einem Satz Michelin-Reifen sind absolutes Minimum, drei sollten Standard sein. In der Nacht könnten es wegen der niedrigeren Temperaturen auch vier sein. "Diesbezüglich haben wir bis zum Rennen noch ein paar Dinge zu verbessern", mahnt Lieb.

Viel beachtet: Nico Hülkenberg gibt sein Debüt in Le Mans, Foto: Porsche
Viel beachtet: Nico Hülkenberg gibt sein Debüt in Le Mans, Foto: Porsche

"Auf dieser schnellen Strecke ist geringer Luftwiderstand für eine gute Rundenzeit wichtig. In Le Mans braucht man ein Auto, das extrem schnell und gleichzeitig standfest ist", Alexander Hitzinger, Technischer Direktor des Porsche LMP1-Projekt. "Jede einzelne Komponente im 919 ist ein Grenzgänger zwischen diesen beiden Welten."

Die Fahrer: Die ersten beide Fahrzeuge gehen mit der gleichen Besetzung ins Rennen wie im Vorjahr. Timo Bernhard, Brendon Hartley und Mark Webber starten mit der Nummer 17, Romain Dumas, Neel Jani und Marc Lieb sind mit der Startnummer 18 unterwegs. Nico Hülkenberg gibt sein Le-Mans-Debüt im Porsche 919 Hybrid mit der Nummer 19. Hülkenberg teilt sich das Fahrzeug mit Earl Bamber und Nick Tandy.

Für die Startnummer 19 ist Le Mans zum größten Teil Neuland. Nur Nick Tandy ging bereits an der Sarthe an den Start, allerdings noch nicht in der LMP1. Earl Bamber und Nico Hülkenberg gehen zum ersten Mal beim 24 Stunden Rennen von Le Mans an den Start. Zur Vorbereitung setzte Porsche das dritte Fahrzeug bereits in Spa ein.

Zweimal Pole: Der Porsche 919 Hybrid überzugte bislang vor allem im Qualifying, Foto: Porsche
Zweimal Pole: Der Porsche 919 Hybrid überzugte bislang vor allem im Qualifying, Foto: Porsche

Hülkenberg versucht die Erwartungen am Boden zu halten: "Ich fühle mich wohl mit dem Porsche 919 Hybrid in Le Mans, aber ich werde auch in der Rennwoche noch eine Menge dazulernen. Insofern mag ich gar keine Erwartungen an den Rennausgang formulieren." Webber mahnt: "Le Mans ist brutal und erfordert eine gewaltige Mannschaftsleistung. Der größte Gegner ist das Rennen selbst." Die Porsche-Besatzung ist mit 5,0 Teilnahmen im Durchschnitt sehr erfahren.

Das Auto: Der Porsche 919 Hybrid wurde konsequent nach dem Reglement für 2014 entwickelt: Ein winziger Motor mit nur vier Zylindern und Turboaufladung wird gekoppelt mit einem kinetischen Energierückgewinnungssystem und einem im Auspuff befindlichen System, womit der 919 Hybrid als einziges Fahrzeug auf der Geraden Energie zurückgewinnt. Ein besonderes Merkmal ist die Aufhängung mit FRIC-System, die vergangenes Jahr noch Probleme bereitete.

Für Wirbel sorgte beim Le-Mans-Test ein Kniff beim Heckflügel: Sowohl Audi als auch Porsche winkelten die Endplatten ihrer Heckflügel seitlich ab, obwohl dies laut Reglement klar verboten ist. Beide Hersteller verweisen aber darauf, dass das Teil fest mit der Karosserie verbunden ist und damit keinen Teil des Heckflügel, sondern der Karosserie darstellt. Sowohl der Audi R18 e-tron quattro als auch der Porsche 919 Hybrid kamen problemlos durch die Abnahme.

Der Porsche 919 Hybrid zeichnete sich bei den ersten Rennen durch die größte Reichweite aller Boliden aus. Das ist keine Überraschung, schließlich tritt der Weissacher Bolide als einziger in der 8MJ-Klasse an, in der am wenigsten Sprit verbrannt werden darf. Das mächtige Hybridsystem kommt auf dem Circuit de la Sarthe erst richtig zur Geltung, es stellt sich aber die Frage, ob Porsche im Rennen in der Lage ist, dauerhaft genug Energie zurückzugewinnen. Mit der 8MJ-Klasse hat Porsche in jedem Fall einen Verbrauchsvorteil. Schon im Vorjahr fuhr der Porsche schon 14 Runden mit sechs Megajoule, allerdings noch mit Kompromissen beim Speed.

Technische Daten Porsche 919 Hybrid

Porsche setzt im Kampf gegen Audi auf 8 Megajoule, Foto: Porsche
Porsche setzt im Kampf gegen Audi auf 8 Megajoule, Foto: Porsche

Einsatzteam: Porsche Team
Länge: 4650mm
Breite: 1900mm
Höhe: 1050mm
Motor: 2.0l Mono-Turbo, Benzin-Direkteinspritzung
Getriebe: 7-Gang sequenziell
Energierückgewinnung: 1x ERS-K, 1x ERS-H
Energiespeicher: Batterien
Systemleistung: 1000 PS
Hybridklasse: 8MJ

Erfolgsbilanz in Le Mans: Porsche ist nach wie vor der erfolgreichste Hersteller mit 16 Gesamtsiegen in Le Mans. Die meisten davon liegen jedoch über ein Vierteljahrhundert zurück; der letzte datiert aus dem Jahr 1998, als man über Zuverlässigkeit gegenüber schnelleren Konkurrenten siegte. 2014 wagte Porsche das Comeback in der Le-Mans-Königsklasse LMP1. Die Boliden waren erstaunlich schnell, hielten aber nicht die Distanz durch, so dass der beste 919 Hybrid Elfter wurde. Porsche hatte das durchaus eingeplant und konnte das Comeback wegen des Speeds als Erfolg verbuchen.

Redaktionskommentar

Motorsport-Magazin.com meint: Wenn einer dieses Jahr Audi herausfordern kann, dann wäre das Porsche. Der 919 Hybrid hat einen enormen Netto-Speed, die Frage stellt sich jedoch, ob die 919er das über das Rennen durchhalten können. Bei den bisherigen Sechs-Stunden-Rennen fiel die Rennpace mit fortlaufender Dauer. Doch in Le Mans gibt es mehr Chancen zur Energierekuperation. Dazu hat Porsche den Vorteil, dass 14 Runden möglich wären. Wenn der Porsche hält, wird er Audi Sorgenfalten bereiten. Das größte Fragezeichen bleibt die Reifennutzung.(Heiko Stritzke)