André, bislang hatte Audi fast immer die Nase vor Toyota. Führt der Sieg in Le Mans erneut nur über euch?
André Lotterer: Im Moment sieht es sehr gut, wir können uns wirklich nicht beschweren. Wir hatten eine sehr gute Vorbereitung auf Le Mans und sind zuversichtlich, dass unser Auto auch im Rennen gut funktionieren wird.

In Sachen Performance auf einer schnellen Runde war Audi der Konkurrenz von Toyota bislang deutlich überlegen.
André Lotterer: Die Toyotas waren bislang auf einer Runde nicht so schnell wie wir, das stimmt. Auf den Geraden fehlt ihnen im Vergleich zu uns der Top-Speed, in den Kurven verfügen sie ungefähr über die gleiche Performance. Ich denke, dass wir bei der Aerodynamik vergleichsweise bessere Arbeit geleistet haben. Im Rennen selbst spielen aber natürlich weitere Faktoren eine Rolle, deshalb ist es schwierig, die Gesamt-Performance einzuschätzen. Nach der Reglementänderung dürfen die Toyota drei Liter Benzin mehr im Tank haben. Da ihr Tank sowieso größer ist als der unseres Audi R18 e-tron quattro, können sie natürlich länger auf der Strecke bleiben.

Foto: Audi
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Bedeuten die drei Liter mehr für Toyota einen großen Nachteil für euch?
André Lotterer: Es wird sich erst im Rennen herauskristallisieren, ob Toyota dadurch einen Vorteil hat. Ich war schon etwas überrascht, als ich von dieser Entscheidung gehört habe. Aber wir können es nicht ändern und es bringt nichts, sich darüber zu ärgern - der ACO hielt diese Änderung offenbar für notwendig. Aber wir sind mit unserem Paket zufrieden und werden versuchen, das Beste herauszuholen.

Könnte Toyota euch überlegen sein, weil sie wegen des Benzin-Vorteils längere Stints fahren können?
André Lotterer: Es ist schwierig zu sagen, wie die Pace unter Rennbedingungen aussehen wird. Ich denke nicht, dass wir ihnen sehr überlegen sein werden. Klar ist bislang nur, dass wir auf einer Runde schneller sind.

Im Training am Mittwoch war Toyota auf den Intermediate-Reifen schneller als Audi. Wie aussagekräftig sind diese Ergebnisse?
André Lotterer: Während des Trainings am Mittwoch herrschten knifflige Witterungsbedingungen. Ich fuhr eine Zeit lang auf den Intermediate-Reifen, ging aber recht vorsichtig zu Werke. Es ab keinen Grund, ein hohes Risiko einzugehen. Unsere Priorität lag zu diesem Zeitpunkt nicht darauf, eine möglichst schnelle Rundenzeit zu erzielen. Stattdessen wollten wir lernen, wie unser Auto mit den Intermediates zurechtkommt. Ich denke nicht, dass man aus diesen Zeiten viel herauslesen kann.

Foto: Audi
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Wie sieht die Wetter-Prognose für das Rennen aus?
André Lotterer: Das kommt ganz darauf an, welche Wettervorhersage man sich anschaut. Das Wetter sollte nach aktuellem Stand in Ordnung sein. Ich denke, dass sich keiner der Fahrer ein Regenrennen wünscht, obwohl wir bei diesen Bedingungen gut aufgestellt sein sollten mit unserem R18 e-tron quattro. Wegen des Allradantriebs verfügt das Auto im Nassen über eine gute Traktion, das ist natürlich von Vorteil. Ich glaube, dass wir für jegliche Witterungsbedingungen gut aufgestellt sein werden.

Der Audi R18 e-tron quattro wurde im Vergleich zum Vorjahr noch einmal überarbeitet. Musstest du dich deshalb neu an das Auto gewöhnen?
André Lotterer: Nein, das bedeutete für uns keine große Umstellung. Wir fahren sowieso immer am Limit. Wenn die Möglichkeit besteht, schneller zu sein, können wir unser Talent noch mehr unter Beweis stellen. Aus fahrerischer Sicht verhält sich das Auto ähnlich wie im vergangenen Jahr. Da die Aerodynamik jedoch weiter verbessert wurde, können wir die Kurven noch schneller durchfahren und bekommen die Reifen besser ans Arbeiten.

Bislang lagt ihr ein wenig hinter euren Teamkollegen zurück. Was war los?
André Lotterer: Es stimmt, wenn man die Rundenzeiten betrachtet, fehlt uns noch ein wenig zu unseren Kollegen. Allerdings haben wir bislang noch keinen richtigen Qualifying-Run mit wenig Benzin an Bord und neuen Reifen absolviert. Wir hatten andere Prioritäten, wegen des schlechten Wetters beim Vortest sowie am Mittwoch war es uns wichtiger, die richtigen Einstellungen für das Auto herauszufinden.

Foto: Audi
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Wie schätzt du eure Chancen auf den Sieg-Hattrick in Le Mans ein, nachdem ihr 2011 und 2012 gewinnen konntet?
André Lotterer: Natürlich haben wir jedes Jahr das Ziel, in Le Mans zu gewinnen - es spielt keine Rolle, ob man schon zweimal oder noch nie gewonnen hat. Die beiden Siege werden uns nicht helfen, eher im Gegenteil: Wir sind die Gejagten und die anderen Teilnehmer werden sehr motiviert sein, uns zu besiegen. Wir stellen den Zähler jedes Jahr wieder auf null, denn die Arbeit muss jedes Mal aufs Neue geleistet werden. Deshalb bin ich kein Freund davon, wenn so oft über einen möglichen Sieg-Hattrick gesprochen wird.

Vor kurzem hat Porsche den Rollout mit seinem neuen LMP1-Boliden absolviert. Wie sind deine ersten Eindrücke?
André Lotterer: Anhand des Autos erhielt man einen Eindruck, wie die Prototypen im Jahr 2014 wohl aussehen werden. Ganz ehrlich: Ich persönlich bin kein allzu großer Fan der neuen Optik, die Autos werden wegen des neuen Reglements zehn Zentimeter schmaler und die Cockpitposition höher. Ich finde, dass die aktuellen Autos einfach super aussehen; im Vergleich dazu wirkt der Porsche nicht mehr so aggressiv. Als Fahrer spielt die Optik auch eine Rolle für mich, man ist schließlich stolz, solch ein schönes Auto fahren zu dürfen. Aber ich kann verstehen, dass mit den Änderungen eine höhere Sicherheit angestrebt wird und das kommt uns Fahrern natürlich zugute.